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Das Aion - Kinder der Sonne

Das Aion - Kinder der Sonne

Titel: Das Aion - Kinder der Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marrak
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allerdings gar nicht schlecht.
    Mira zuckte die Achseln und sah hinaus in die Wüste.
    Auch Ben schwieg eine Weile, dann fügte er in Gedanken hinzu: Ich beneide dich, Mira.
    »Warum das denn?«, fragte sie irritiert.
    Weil du Talente besitzt, mit denen du allen gewöhnlichen Menschen weit überlegen bist, erklärte Ben. Deine Schnelligkeit und deine Kraft, deine Intelligenz, deine hochsensiblen Sinne und deine Resistenz gegen die intensiven Strahlen der Sonne, all das macht dich einmalig. Um die telepathischen Fähigkeiten zu erlangen, die du innerhalb von drei Tagen offenbart hast, musste ich mein halbes Leben lang lernen. Seit ich dich kenne, habe ich das Gefühl, die Evolution hätte zum ersten Mal seit Jahrzehntausenden wieder einen bedeutenden Schritt nach vorne gemacht.
     
    Als sie etwa die Hälfte der Strecke geschafft hatten, tauchten hinter einer leichten Anhöhe wie eine Fata Morgana die Ruinen einer Stadt auf. Der Ort war von einer halb verfallenen, meterhohen Mauer aus gelblich weißen Ziegeln umgeben. Delius verringerte die Geschwindigkeit des Riggers und lenkte ihn durch ein Stadttor, von dessen einstiger Pracht kaum mehr übrig war als ein Schutthaufen. Das Geräusch der gedrosselten Rotoren brachte auch Jiril wieder dazu, sich zu regen. Er schaute sich verschlafen um, wobei ihm das, was er sah, nicht besonders zu gefallen schien.
    Hinter den Überresten des Stadttors lag eine breite, schnurgerade Allee, die von den Stümpfen vertrockneter Palmen, Autowracks, Kamelskeletten und wahllos verstreutem Hausrat gesäumt wurde. Das Einzige, was sich zwischen ihnen regte, waren Eidechsen und fingerlange, schwarze Käfer.
    Von der Zentralstraße aus führte ein Labyrinth aus engen, verwinkelten Gassen hinein in einen Irrgarten verlassener, teils eingestürzter Flachdachhäuser. Im Zentrum der Stadt schließlich erhob sich die Ruine einer kleinen Festung mit weißen Mauern und sechs weißen Türmen.
    »Das alte Mem Sida«, erklärte Ben. »Vor den Sonnenstürmen blühte hier das Leben. Heute ist es nur noch eine Geisterstadt.«
    »Die Häuser sehen seltsam aus«, wunderte sich Mira. »Was sind das für seltsame weiße Steine, aus denen sie gebaut sind?«
    »Salz«, sagte Jiril. »Alles hier besteht aus Salz oder gebranntem Salzton, selbst die Stadtmauern und die Burg.«
    »Die Halitgärten waren der einstige Reichtum von Mem Sida«, erklärte Ben. »Tausende von Menschen lebten hier von der Salzherstellung, von den Erträgen der Dattelpalmen aus den Oasen und vom Karawanenhandel.«
    Mira sah sich schaudernd um. »Hier möchte ich nicht übernachten müssen.«
    Jiril schnaufte. »Hier würde ich nachts nicht einmal mit einem Kampfpanzer durchfahren«, sagte er. »Lieber bei Vollmond nackt durch die Skelettschlucht spazieren, als nach Einbruch der Dunkelheit auch nur eine einzige Minute in Mem Sida verbringen.« Und mit einem tiefgründigen Blick fügte er hinzu: »Selbst die Ambodrusen meiden diesen Ort.«
    »Warum?«, wunderte sich Mira.
    Jiril zuckte mit den Schultern. »Nimm den Begriff ›Geisterstadt‹ einfach mal wörtlich.« Er beugte sich vor und klopfte Delius ungeduldig gegen den Hinterkopf. »Gib endlich Gas, du stumpfsinniger Fertigbausatz. Hier ist eh nichts mehr zu retten.«
    »Laut meinen Berechnungen liegen wir noch innerhalb des Zeitfensters«, schnarrte der Roboter.
    Jiril winkte ab. »Mach doch, was du willst. Wahrscheinlich ist die Suche nach diesen Arcasien eh vergebliche Liebesmüh. Ich meine, Leute wie die Darabari, die panierte Pinguinfüße essen, essen vielleicht auch Bäume …«
    Delius gab einen gequälten Laut von sich. »Leute, die Bäume essen, essen womöglich auch Roboter …!«
    »Mit Sicherheit«, grinste Jiril. »Falls nicht, sollten wir sie unbedingt auf den Geschmack bringen.«
    »Euer Mitgefühl ist prozessorerwärmend, Sansar Jiril«, kommentierte der Roboter die Stichelei des Alphas.
    Nachdem sie Mem Sida hinter sich gelassen hatten, kamen sie noch an zwei weiteren Ortschaften vorbei, von denen größtenteils nur noch Mauerreste standen. Auch hier war nirgendwo eine Menschenseele in den Ruinen zu sehen. Stattdessen kreuzte hin und wieder eine Tierherde ihren Weg. Mal waren es vogelartige Geschöpfe, die auf einem Bein hopsend vor dem Luftkissenboot Reißaus nahmen, mal gewaltige, lederhäutige Tiere mit Rüsseln und langen, dornenbewehrten Schwänzen.
    Die Landschaft war während der letzten zwanzig Kilometer immer flacher geworden, und als sie schließlich die Ebene

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