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Das Aion - Kinder der Sonne

Das Aion - Kinder der Sonne

Titel: Das Aion - Kinder der Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marrak
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zufolge erfreulicherweise auch die Beförderungsgebühren erhöhte, da sich bei vielen Langzeitreisenden mehr Tagespauschalen summierten.
    Der Magistrat wirkte ebenfalls reichlich unausgeschlafen und saß mit dunklen Augenringen am Frühstückstisch, was Mira und Jiril vermuten ließ, dass sein dringliches Projekt vom Vorabend womöglich mit der Inbetriebnahme einer neuen Gastschenke zu tun gehabt haben könnte. Die Müdigkeit hielt Aderbai Sermon jedoch nicht davon ab, erneut ununterbrochen zu reden. Fast schien es, als würde sie ihn sogar noch beflügeln.
    Während des Essens erfuhren Mira und Jiril, dass sie bereits das Festland hinter sich gelassen hatten. Da die Stadt sich während der nächsten sechs Tage über offener See befände, sei von einer überhasteten Abreise folglich abzuraten. Stattdessen sollten Mira und Jiril in den Archiven und Bibliotheken ihre Studien betreiben oder die – leider – gebührenpflichtigen Amüsements Darabars genießen, welche ausreichend Kurzweil böten, und so weiter und so fort …
    »Du lieber Himmel«, stöhnte Mira, als sie es endlich geschafft hatten, das Haus des Magistraten zu verlassen. »Ich bin nicht sicher, ob ich das einen gesamten Weltenumlauf lang durchhalte …«
    »Wir könnten uns in einem der preiswerteren Gästehäuser einquartieren«, schlug Jiril vor, nachdem er den bewilligten Weltumlaufkredit von 50 Daram noch einmal nachgezählt hatte. »Ob es dort friedlicher zugeht, wage ich allerdings zu bezweifeln. Die Nächte werden laut sein – und der Schlaf unsicher.«
    »Schon gut«, winkte Mira ab und gähnte ausgiebig.
    »Hast du schon mal das Meer gesehen?«, fragte Jiril.
    Das Mädchen zog eine Grimasse. »Ja«, brummte sie. »Lass uns lieber den Weltenbaum aufsuchen.« Sie blieb in der Mitte eines kleinen Platzes stehen und drehte sich ratlos im Kreis, um das davon abzweigende Netz von Straßen, Gassen, Treppen, kleinen Brücken und finsteren Unterführungen zu überblicken. Dann seufzte sie: »Gibt es hier eigentlich so etwas wie einen Stadtplan?«
    Jiril führte Mira zu einer Treppe, die hinauf zur zweiten Ebene führte, und stieg mit ihr ein paar Stufen empor, bis sie auf Augenhöhe mit den Dächern der Unterstadt waren.
    »Siehst du das Glitzern und Funkeln dort vorne?« Jiril deutete in die Ferne.
    Mira ließ ihren Blick über die Hausdächer schweifen. In einer Entfernung von vielleicht einem halben Kilometer schienen winzige Sonnen über der Stadt zu tanzen. Gleichzeitig schwebte ein geisterhaft leises, melodisches Geräusch wie von tausend kleinen Glocken durch die Luft heran.
    »Das ist der Weltenbaum«, erklärte Jiril. »Solange wir also irgendwie in diese Richtung laufen, kommen wir früher oder später ans Ziel.«
     
    Eine Stunde später waren sie durch das Labyrinth aus Straßen, Gassen und Passagen fast bis in die Oststadt vorgedrungen, akustisch geleitet von den sphärischen Klängen des Weltenbaums. Immer wieder waren sie in Sackgassen gelaufen oder in Ringstraßen eingebogen, die sie zum Ausgangspunkt zurückgeführt hatten. Das Glockengeläut geisterte mittlerweile durch die Straßen wie die Musik eines überirdischen Orchesters. Vom Weltenbaum selbst aber war über den Dächern meist kaum mehr als ein helles, schwebendes Leuchten wahrzunehmen.
    Kurz vor dem ersehnten Ziel versperrte Mira und Jiril eine mächtige Mauer den Weg. Sie war fast fünf Meter hoch und reichte quer über die Straße, von einer Häuserfront zu anderen. Einen erkennbaren Durchlass gab es nicht, ebenso wenig eine Leiter oder eine Treppe, die über das Hindernis geführt hätte. Eine bunte Schar Morgenspaziergänger hatte sich am Fuß der Mauer versammelt. Sie diskutierten aufgeregt miteinander oder schimpften mit den Maurern, die am Scheitel des Bauwerks arbeiteten und es weiter erhöhten.
    Der Grund für ihren Ärger war das Hindernis selbst, wie Mira aus dem Palaver herauszuhören glaubte. Offensichtlich war es sehr eilig errichtet worden. Dabei waren die Maurer, die ihren Gesichtern nach zu urteilen die gesamte Nacht durchgearbeitet haben mussten, nicht gerade zimperlich vorgegangen. Ein mit Töpferwaren beladener Marktkarren, den seine Besitzerin am Vorabend an einer Hauswand abgestellt hatte, war von ihnen kurzerhand mit eingemauert worden. Nun machte die Frau ihrem Unmut lautstark Luft, wodurch sie immer mehr Einwohner anlockte. Im Nu hatte sich vor der Mauer eine neugierige Menschenmenge gebildet. Aufmerksam lasen die Bürger die Aufschriften von drei

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