Das Aktmodell
lässt, so wandern seine Hände doch völlig frei über das Papier, als er seine Vision auf dem Skizzenblock zum Leben erweckt.
Ich kann es immer noch nicht glauben: Paul Borquet, der verschollene Impressionist, befindet sich gerade auf einem kreativen Höhenflug, ohne das übliche Vorspiel, bei dem er meine Klit mit seinen Fingern streichelt. Es ist unglaublich, welch eine Wirkung diese einfachen Berührungen auf uns haben.
Stattdessen pulsiert das, was er seine
boutin de rose
nennt, vor unerlöster Leidenschaft. Unberührt. Was kann ein Mädchen da machen?
Ich versuche seine Aufmerksamkeit zu erlangen, streiche mit meiner Hand über meine Schenkel und benetze dabei meine Lippen mit der Zunge.
Keine Reaktion.
Seit einer Stunde oder länger hat er sich nicht mehr bewegt. Sein Körper ist steif, seine Nackenmuskeln angespannt wie Stahlsaiten. Er spricht davon, dass das, worauf er ein Leben lang gewartet hat, ihm nie mehr verloren gehen darf. Jede Sekunde zählt. Und sitz bitte still, befiehlt er mir.
Ich unterdrücke den Drang, mich zu jucken. Was irgendwie einfacher ist, als meine Lust zu unterdrücken. Ich wünsche mir, bete darum, dass er mich mit seinen Lippen berührt, seine Zunge in mich hinein- und aus mir herausgleiten lässt und jeden Tropfen meines Nektars aufleckt, um gleich darauf noch einmal von vorn anzufangen.
“Ist es bald fertig, Paul?”, frage ich ihn zum dritten Mal und wundere mich, wieso er von mir heute eine Skizze anfertigt und kein Bild.
Ich hatte eigentlich gehofft, dass er wieder meine Säfte auffangen würde, um sie mit den Ölfarben zu vermischen. Oooh, das macht großen Spaß.
“Meine Klit pulsiert, zieht sich zusammen und öffnet sich. Sie hat Sehnsucht danach, von deinem Stab ganz fest gestoßen zu werden …”
“Autumn, bitte beweg dich nicht. Ich bin gerade dabei, die feinen Schatten auf deinen Augenbrauen zu zeichnen, deine Wangen und die lange Kurve deiner Schultern. Du bist perfekt.”
Perfekt? Wer will denn perfekt sein?
Eigentlich würde ich am liebsten wieder normal sein. Ich würde sogar meinen vierunddreißigjährigen Körper wieder herzlich willkommen heißen, wenn ich dafür Madame Chapet und ihren Plänen, mich an den Engländer zu verkaufen, entkommen könnte.
Aber für eine Sache bin ich heute Morgen sehr dankbar. Nachdem
Le Docteur
mich mit wehmütigem Gesichtsausdruck für gesund erklärt hat, sagte ihm die Madame, dass seine Dienste nun nicht mehr benötigt würden. Anschließend ging sie mit Delphine zu
Aux Trois Quartiers
, einem Kaufhaus, und kaufte die beste, teuerste und schönste Seide für mein neues Abendkleid.
Sie sprudelte fast über vor Begeisterung darüber, dass sie zur Eröffnung des
Moulin Rouge
eingeladen war. Madame war so aufgeregt, dass sie von Paul noch nicht einmal Notiz nahm, als er erschien, und uns beide allein ließ.
Très bien
, sehr gut! Ich rekele mich wohlig auf dem Diwan und kann mein Glück noch nicht fassen. Die anderen Mädchen im Haus der Rue des Moulins kommen und gehen zu ungewöhnlichen Stunden. Es ist das erste Mal seit zwei Wochen, dass ich mit Paul wieder ganz allein bin, und alles, was er tun will, ist, mich zu malen. Ich will ihn berühren. Ich will Sex, verdammt noch mal. Was stimmt mit diesem Mann nicht?
Ich versinke tiefer im Sofa, ganz tief nach unten und würde mich am liebsten in den weißen Astrachan-Teppichen verkriechen. Die fühlen sich so weich und flauschig an und passen hervorragend zu den cremefarbenen Wänden des Salons.
Ich fühle eine Sehnsucht, mich in Pauls Armen auf dem Boden zu wälzen, seinen Schwanz in
ma chatte
zu spüren. Ich benetze mir die Lippen. Stöhne laut auf. Schaue zu Paul, um seine Reaktion zu sehen. Doch wieder nichts.
Sein Gesicht ist schweißgebadet, seine Pupillen sind geweitet, seine Lippen leicht geöffnet, als ob er ein ekstatisches Erlebnis hat.
Sex ist offensichtlich das Letzte, an das er gerade denkt. Doch es ist erregend, ihm bei der Arbeit zuzusehen. Seine Hand bewegt sich so schnell, als ob ein unsichtbarer Draht sie durch die Luft sausen lässt. Den ganzen Morgen macht er eine Skizze nach der anderen. Immer wieder reißt er ein neues Blatt von seinem Block, ohne dabei eine Pause zu machen.
Die kurvigen Linien erscheinen schnell, präzise und fast ohne Anstrengung.
Kratz, kratz, kratz.
Stift auf Pappe. Kein anderer Laut dringt an mein Ohr.
Es hat eine hypnotisierende Wirkung.
Kratz, kratz, kratz.
Wie lange ich hier wohl schon sitze und meine
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