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Das Aktmodell

Das Aktmodell

Titel: Das Aktmodell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jina Bacarr
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Beckenbodenmuskeln anspanne? Meine Wangen brennen, und ich umklammere meinen Morgenmantel so fest, dass der Saum beginnt, sich aufzulösen. Ich bin total frustriert. Es gibt heute keinen Weg, diesen Mann heißzumachen.
    Deshalb versuche ich mit ihm zu plaudern. Spreche mit ihm darüber, wie sehr mir Korsagen zuwider sind, dass ich meinen Büstenhalter vorziehe. Als ich ihn Paul stolz vorführen will, besteht er darauf, dass ich ihn ausziehe, damit er meinen Busen zeichnen kann. Zumindest hat er daran noch Interesse.
    Ich plappere weiterhin auf ihn ein, und er fährt fort, zu skizzieren.
    “
Je suis fini.
Ich bin fertig”, sagt er schließlich.
    “
Zut alors
, Paul, ich dachte schon, du würdest diese Worte niemals mehr sagen.” Ich hüpfe auf dem Diwan herum und schlinge meine Arme um ihn. Berühre sanft seinen Hals und überhäufe sein Gesicht mit unzähligen Küssen.
    “Nun, mein allerliebster Künstler, ist es an der Zeit, dich dem kreativen Ausdruck deines eigenen Pinsels hinzugeben,
n’est-ce pas?”
    Paul scheint mein Vorschlag leider nicht zu gefallen. “Dafür ist keine Zeit, Autumn. Nicht jetzt.”
    “Keine Zeit, um mit mir zu schlafen?”
    “
Non, ma chérie …”
    “Das
ma chérie
kannst du dir sparen, Paul Borquet. Seit Wochen bin ich durch die Hölle gegangen, wollte nichts anderes, als dich in mir zu fühlen, von dir ausgefüllt zu werden …”
    “Ich muss dich etwas fragen, Autumn, aber zuerst will ich dir das hier zeigen …” Er breitet seine Bilder auf dem flauschigen weißen Teppich aus.
    Eine vage Vorahnung überkommt mich, als ich mich über die Bilder beuge und mir die Skizzen ansehe. Mein Herz beginnt lauter zu pochen. Das Mädchen auf den Bildern sieht jung aus, aber gebildet, und sie scheint Ende zwanzig zu sein, mit grünen Augen, die von der Reflexion der Sonnenstrahlen nahezu brennen. Verführerisch, fraulich
und
erfahren. Eine verlorene Unschuld geht von diesem Blick aus. Keine Spur von jugendlicher Verwunderung oder verwirrter Neugierde. Unberührbar.
    Und dennoch, die klare Linienführung, das differenzierte Auftragen der Zeichenkohle, die dreidimensionale Lebendigkeit, die dem flachen Bild zu eigen ist … Fließende rote Haare rahmen das Gesicht des Mädchens ein, und ihre vollen Brüste sind wie sich verflüchtigender, pinkfarbener Rauch, enthüllen das nackte Fleisch, ihre Knospen und bieten dem Betrachter das Versprechen nach wirklicher Intimität.
    “Was hältst du davon, Autumn?”
    “Oh Paul, es ist wundervoll, so lebendig …”
    “So sehe ich dich. Nicht mehr länger als Mädchen, sondern als reife Frau. Du bist die Frau, die ich in meinen Armen halten möchte … bis in alle Ewigkeit.”
    Ein Schauer überläuft mich. Ist das nicht genau das, was ich mir gewünscht habe? Stimmt! Trotzdem irritiert mich etwas an diesem Bild.
    Hat Paul einen Blick in die Zukunft geworfen?
    Oder verändere ich mein Aussehen bereits?
    Was passiert gerade mit mir?
    Ich habe mich wirklich sehr bemüht, mich nicht in ihn zu verlieben. Ich wollte nur Sex! Aber kann der Gott Min mit seinem permanenten Ständer in meine Seele schauen? Werde ich mich wieder auflösen, wenn dieser kapriziöse Gott sich das wünscht?
    Das Spiel ist vorbei.
    Ich sollte Paul jetzt unbedingt sagen, wer ich bin und woher ich komme. Sonst werden die Schicksalsgötter vielleicht ihre magischen Kräfte walten lassen, und meine Fantasie zerplatzt wie eine Seifenblase.
    Ich zittere. Wieso ist mir auf einmal so kalt? Wird da gerade die Eingangstür geöffnet?
    “Paul, ich muss dir etwas sagen …”
    “Nein, zuerst muss ich dich fragen, ob du bereit bist, mit mir zu kommen.”
    “Mit dir zu kommen? Wohin denn?”
    “Nach Tahiti.”
    “Tahiti?” Mir fällt die Kinnlade runter. Ist das die Antwort auf dieses Geheimnis? Paul Borquet stirbt überhaupt nicht in einem Feuer, wie der alte Maler im Quartier Marais mir erzählt hat, sondern geht stattdessen mit mir nach Tahiti. Ist das des Rätsels Lösung? Habe ich die Vergangenheit verändert, indem ich hierhergekommen bin?
    “Mein Freund Gauguin hat mir seine Schiffspassage auf der
Empress of Japan
verkauft, das schnellste Schiff für eine Atlantiküberquerung. Er wird dort später zu uns stoßen. Wir werden von Cherbourg aus in See stechen und dann um das Kap fahren. Ich habe deine Passage mit dem Verkauf meines Bildes finanziert …”
    Ich greife fest nach seinem Ärmel. “Du hast dein Meisterwerk verkauft?”
    “Wieso brauche ich ein Bild von dir, wenn das

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