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Das Aktmodell

Das Aktmodell

Titel: Das Aktmodell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jina Bacarr
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aus.
    “Steht auf, Hure!”, befiehlt mir eine Wärterin mit hässlichen strohblonden Haaren.
    “Der gute Pater wartet auf Eure Beichte,
ma fille.”
    Die Wärterin schaut mich gierig an und leckt ihre dünnen Lippen, ihre Augen wandern dabei über meinen spärlich bekleideten Körper. Dann bewegt sie ihre Hüften und reibt sich an mir.
    “Beichte?”, frage ich und versuche ihr auszuweichen. “Hier im Gefängnis?”
    “Ist das Euer erstes Mal hier in St. Lazare, eh,
ma belle?”
, fragt mich die Wärterin, als sie die schwere Tür öffnet.
    “Was für eine Art Gefängnis ist das hier?”, frage ich mich laut.
    “Das ursprüngliche Kloster wurde bereits vor über dreihundert Jahren von St. Vincent de Paul gebaut. Nun ist es eine Besserungsanstalt für verurteilte Gefangene … und für mutmaßliche Verbrecher.” Ihr Lachen klingt böse. “Wie Ihr, Mademoiselle.”
    Ich antworte nicht, aber am Ton ihrer Stimme erkenne ich, dass das hier kein Ort ist, an dem man lange bleiben möchte.
    “Das Gefängnis war erst nur für Nagetiere zu bewohnen, bis die barmherzigen Schwestern das Haus übernommen haben”, erklärt mir die Wärterin und weist mich an, ihr zu folgen. “Aber macht Euch keine falschen Hoffnungen,
ma fille.
Die einzige Barmherzigkeit, die Ihr hier finden werdet, kann man nur mit Geld kaufen.”
    “Ich besitze aber kein Geld.”
    “Ihr werdet keines brauchen, meine Hübsche.” Sie legt eine Hand auf meine Schulter und zieht an dem Träger meines Kleides, bis er reißt. “Eure Kleider werden leider nicht mehr als ein paar Sou bringen …” Sie berührt mich und greift nach meiner Taille, dann wandern ihre Hände über meine Rippen nach oben. Mit ihren abgebrochenen Fingernägeln streicht sie über mein nacktes Fleisch. “Aber Ihr müsst Euch keine Sorgen machen …”
    Ich ziehe mich von ihr zurück. “Ich warne Euch, fasst mich nicht mehr an!” Brach meine Stimme? Darauf können Sie wetten! Das hier ist kein katholischer Schulausflug. Diese Frau wiegt mindestens einhundert Kilo. Wenn sie sich jemals auf mich setzt, brechen meine Rippen.
    “Hier bestimme ich”, fährt die Wärterin mir ärgerlich über den Mund. “Jetzt beeilt Euch.” Wie ein läufiges wildes Tier bläst mir ihr Atem über den Nacken. Mit ihrem Schlagstock schiebt sie mich die Stufen nach oben. Ich zittere. Es ist ein kaltes und unangenehmes Gefühl, das ich niemals vergessen werde.

11. KAPITEL
    “K ommt näher,
mon enfant”
, drängt der Priester mit mitfühlender Stimme. “Ich werde Euch nichts tun.”
    Ich trete ein wenig näher. Die tiefe Stimme des Priesters hinter dem Gitter des Beichtstuhls zieht mich an. Der Raum wird nur von einer einzelnen weißen Kerze erleuchtet, die eine Art Heiligenschein über eine dunkle Gestalt wirft. Mit zusammengekniffenen Augen versuche ich, das Gesicht des Priesters hinter dem Gitter zu erkennen. Sein langer schwarzer Habit breitet sich auf dem Fußboden wie eine dunkle Wolke aus. Der Priester hält den Kopf gesenkt. Seine dunklen Haare ringeln sich auf dem weißen Kragen, und seine Schultern sind erstaunlich breit und muskulös.
    Dieser Anblick hypnotisiert mich. Je länger ich ihn ansehe, desto schwerer fällt es mir, zu atmen. Ich halte mich an den Schnüren meines Mieders fest und drehe sie nervös zwischen meinen Fingern. Die starke Präsenz dieses Mannes in Schwarz beeindruckt mich, weckt meine Neugier und lässt mich sehnsuchtsvoll an die sinnlichen Umarmungen meines Künstlers denken.
    Werde ich Paul jemals wiedersehen? Ich schaue nun nach oben, als ob ich dadurch die Erfüllung meines leisen Gebets beschleunigen könnte.
    Ein unverständliches Murmeln dringt an mein Ohr. Der Priester betet den Rosenkranz, seine Finger gleiten von einer schwarzen Perle zur nächsten. Wird er mir helfen, wenn ich ihm die Wahrheit erzähle? Er unterliegt doch der priesterlichen Schweigepflicht, oder? Ich
muss
es einfach versuchen, auch wenn mein Stolz und eine katholische Erziehung mich davon abhalten, ihm Einzelheiten meiner amourösen Abenteuer mit dem attraktiven Impressionisten zu erzählen.
    “Lass uns allein, Wärterin”, ordnet der Priester an, ohne dabei den Kopf zu heben. “Nur das Ohr Gottes wird Zeuge der Beichte dieses Kindes sein.”
    Die Wärterin mit dem strohblonden Haar wirft dem Mann in seinem schwarzen Talar einen ziemlich zweifelnden Blick zu. Irgendetwas an dem Priester scheint sie zu irritieren, aber dann gibt sie nach.
    “
Bien, Père.
Wie Ihr meint, Vater.” Sie

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