Das Alabastergrab (Krimi-Edition)
Auslöschung des Büttner-Ehepaars war Nikolai wieder in sein Versteck ins ehemalige Katharinenspital zurückgekehrt. Erschöpft warf er sich auf die Couchgarnitur und ließ den Tag im Schnelldurchlauf Revue passieren. Im Prinzip lag er gut im Zeitplan. Er war sogar zügiger, als er geplant hatte. Allerdings wäre es ihm lieber gewesen, wenn er schon gefunden hätte, wonach er suchte. Immerhin wusste er nun, dass das Buch tatsächlich existierte. Er jagte also keinem Hirngespinst hinterher. Das Ergebnis würde ihm zwar den versprochenen Sonderbonus einbringen, aber zuerst noch ein gehöriges Stück Arbeit aufbürden, das er sich gerne erspart hätte. Er griff sich das hauseigene Telefon und wählte die eingespeicherte Nummer mittels Kurzwahltaste. Die Stimme seines Auftraggebers meldete sich sofort.
»Nummer drei ist eliminiert«, gab Nikolai kurz und knapp zu Protokoll. »Gefunden habe ich nichts, allerdings scheint es das besagte Buch wirklich zu geben. Es war ihm bekannt.«
Einen Moment lang herrschte Schweigen am anderen Ende des Telefons, dann erklang eine Aufforderung, die an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig ließ.
»Finde dieses Buch. Finde es!« Dann legten beide Gesprächsteilnehmer auf. Nichts Maßgebliches hatte sich durch den Anruf verändert, nur seinem Auftraggeber war ein Teil von seinem sonst so ausgeglichenen Wesen verloren gegangen. Nikolai holte sich den Wodka aus dem Schrank und nahm sich das Dossier seines nächsten Objekts vom Schreibtisch. Auf der Couch liegend blätterte er in den Unterlagen herum. Die Beschreibungen und Angaben waren jedes Mal vorbildlich, exakt und detailliert. Auch die Fotos erwiesen sich als scharf und eindeutig. Er musste nur die angegebenen Adressen aufsuchen und seine Arbeit verrichten. Eigentlich war alles wie in Russland. Nur dass die Bezahlung hier wesentlich besser war. Er kippte den Wodka in einem Zug hinunter.
*
Haderlein hatte alle Artikel, die Edwin Rast ausgeschnitten hatte, vor sich liegen. Was zum Geier wollte Kolonat Schleycher vor ihm verbergen?
»Lieber Hauptkommissar, ich hab den Termin, den Sie wollten«, meldete sich Honeypenny.
»Was für einen Termin?«, fragte Haderlein geistesabwesend.
»Na, die Angelprüfung für Lagerfeld«, antwortete Honeypenny erstaunt.
»Ach so, ja, genau«, fiel es dem Ermittler wieder ein. »Und wo und wann?«
»Also, es gibt da gleich mehrere. Das Problem ist nur, dass die Prüfungsorte entweder zu weit weg oder die Termine zu spät im Jahr sind.«
Verdammt, fluchte Haderlein innerlich, als Honeypenny unverhofft fortfuhr.
»Alle – bis auf einen.« Mit einem triumphierenden Lächeln blickte sie auf Haderlein hinunter, legte einen Zettel vor ihm hin und tippte auf ein Datum.
»22. August?«, las Haderlein erstaunt »Aber, aber das ist ja heute!«
»Genau«, bestätigte Honeypenny, »und zwar in zwei Stunden auf dem Spezi-Keller im Gastraum. Soll ich alles arrangieren?«
»Natürlich, auf jeden Fall«, meinte Haderlein bestimmt, während er schon zum Telefonhörer griff. »Aber sehen Sie zu, dass niemand dort Verdacht schöpft. Wie Sie das anstellen, ist mir egal, aber Lagerfeld darf nicht als Polizist erkannt werden, klar?«
Honeypenny grinste. Das war nun wirklich eine ihrer leichteren Übungen. Sie hatte schließlich Verbindungen.
Haderlein lauschte auf das Freizeichen von Lagerfelds Handy. Kurz bevor die Mailbox rangegangen wäre, meldete sich der Kollege.
»Ja, Franz, was gibt’s denn?«
Haderlein war irritiert. Lagerfelds Stimme klang ganz und gar nicht so, als ob er im Dienst wäre. Eher so, als würde er in Äquatornähe an einem Pool liegen und Pina Coladas schlürfen. Nahm sein Kollege Drogen, ohne dass er davon wusste, oder war er einfach nur betrunken?
»Mensch, Bernd, wo bist du, verdammt? So eine Schreibtischdurchsuchung kann doch nicht einen ganzen Tag dauern!« Lagerfeld war am Morgen weggefahren, und jetzt hatten sie frühen Nachmittag.
Bernd Schmitt sprang auf. Er hatte sich seiner Meinung nach vor ein paar Minuten auf eine der Holzbänke des Bahnhofsplatzes gesetzt und über den genauen Ablauf des Sandkerwa-Abends mit seinem HUK -Engel gegrübelt. Er schaute auf die Uhr. »Verdammte Scheiße!«, rief er laut. Einzelne Passanten drehten sich um und betrachteten ihn missbilligend. Allerdings nicht ganz so missbilligend, wie es der Pförtner getan hatte, als er ihm seine Kleidungsstücke zurückgab.
»Du hast in zwei Stunden Angelprüfung im Spezi-Keller. Also schwing die Hufe
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