Das Alabastergrab (Krimi-Edition)
durfte doch alles nicht wahr sein. Ein Fall? Heute am heiligen Sonntag? Bitte nicht. Wahrscheinlich hatte wieder eine Katze eine andere vergewaltigt, und der Besitzer stellte Strafanzeige. Das war bis jetzt das Kriminellste gewesen, was dieser August zu bieten gehabt hatte. »Um was geht’s denn, Lagerfeld, können Sie das denn nicht alleine?«, stöhnte er.
»Naa, Chef. Mir ham a dode Leiche im Maa mit unnadürlicher Dodesfolge. Des is Chefsache, Chef.«
Manchmal nervte ihn das breite Fränkisch seines jungen Kollegen unsäglich. Aber Lagerfeld war auch durch bisheriges Bitten nicht zu bewegen gewesen, sich kontinuierlich dem hochdeutschen Idiom zuzuwenden. Wenigstens im Dienst. »Woher wollen Sie denn wissen, dass die Person umgebracht wurde, Lagerfeld? Sie dürfen nicht immer so vorschnell urteilen.«
Lagerfeld blätterte kurz in seinem Notizblock und las dann vor: »Na ja, die Berson is männlich und ziemlich dod. Außerdem is das arme Schwein«, hier horchte die Riemenschneiderin interessiert auf, »under Wasser festgebunden worn, und des wird der ja wohl kaum selber gemacht ham. Dann war ihm die Goschn mit am Glebeband zugebabbd. Des macht mer aa net selber, wenn mer fesd aagebunden is, Chef. Außerdem gab’s an Sabodaschefall am Wehr in Hausen und dadurch ausgelöst so a Ard Dsunami den Ma nunner mit haufenweise Sachschaden. Wenn Sie mich frachen, Chef, dann is da am Maa grad irchendwie der Deufel los.«
Riemenschneider beschloss, die weitere Entwicklung der Ausführungen nicht länger abzuwarten, und entleerte sich an der Wand des Haderlein’schen Anwesens. Resigniert betrachtete der Hauptkommissar erst sein Ferkel, dann Lagerfeld, bevor er sich entschied, sich seinem Schicksal zu ergeben und sich besser mal was anzuziehen.
Leich-Zeit
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Glühwurm: Herrschaften da is irgendwas ziemlich schiefgelaufen!!!
Peter 69: Wir sitzen richtig in der Scheiße!
Glühwurm: Was denn für Scheiße?
Peter 69: ganz grosse scheisse!!!
*
Kolonat Schleycher startete seinen zweiten Versuch. Nachdem gestern Abend das Licht und der Ton ausgefallen waren und er sich erst mal zum Affen der Partei gemacht hatte, würde heute hoffentlich nichts mehr schiefgehen. Mit dem Manuskript seiner Rede fest in der Hand schritt er zum Rednerpult. Die Fraktion war noch immer ziemlich erheitert, und er hatte heute Morgen beim Frühstück mehr als genügend dumme Sprüche zum Thema »Herrgott und die plötzliche Dunkelheit« über sich ergehen lassen müssen. Aber er ertrug sie mit Fassung. Schließlich war er jetzt Minister und mit einer gewissen Gelassenheit gesegnet. Zumindest erwartete man das von ihm, und er hatte nicht vor, sich von einem lächerlichen Stromausfall aus der Fassung bringen zu lassen. Dass es mit seinem Nervenkostüm im Moment nicht zum Besten stand, brauchte ja keiner zu wissen.
Am Rednerpult klopfte er lieber noch mal gegen das Mikrofon, was sofortiges allgemeines Gelächter auslöste. Schleycher konzentrierte sich. Der Boden war bereitet, nun konnte er mit dem Säen beginnen. Das biblische Bild gefiel ihm gut, und mit ihm kehrten die Ruhe und das Selbstbewusstsein wieder in ihn zurück.
»Liebe Kollegen, liebe Kolleginnen der Fraktion. Ich hoffe, dass mit Gottes Hilfe diese Rede ohne Energieausfälle gehalten werden kann.« Wieder Lacher. Die Fraktion war wirklich ein Kindergarten. »Ich möchte deswegen auch ohne weitere Umschweife mit dem Kern und wichtigsten Punkt meiner Legislaturperiode beginnen. Wie ich gestern schon kurz erwähnte, ist es oft nicht möglich, in der Politik allen Bedürfnissen der Menschen gerecht zu werden und ihre Wünsche zu befriedigen.«
An der rückwärtigen Seite des Saals hatte sich die Tür geöffnet, und die Staatssekretärin aus dem Umweltministerium huschte herein. So unauffällig wie möglich drückte sie sich an der Seite der aufgestellten Stuhlreihen vorbei. Schleycher bemerkte, dass sie ziemlich blass aussah. Trotzdem fuhr er unbeirrt fort: »Deswegen, liebe Freunde, werde ich heute etwas vorstellen, das …«
Doch dann hatte Gabriele Haier das Rednerpult erreicht. Ihr Blick verriet eine Angelegenheit von außerordentlicher Dringlichkeit. Sein erster Auftritt vor der Fraktion in Banz schien wirklich unter keinem guten Stern zu stehen. Wehe, drohte Schleycher der Staatssekretärin in Gedanken, wehe, das ist nicht wichtig.
»Entschuldigung, ich glaube, ich muss eine kurze Pause einlegen …«, unterbrach er seine Rede
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