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Das Alabastergrab (Krimi-Edition)

Das Alabastergrab (Krimi-Edition)

Titel: Das Alabastergrab (Krimi-Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Vorndran
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ihre schwarzen Einsatzklamotten an, wie es sich für eine ordentliche Geiselbefreiung gehört. So. Dann erzählen die mir da, dass sich in der Metzgerei ein gewisser Rudi König, ein ortsbekannter Rattelsdorfer Fanatiker, mit einer Waffe verbarrikadiert hat und damit droht, ein Schwein zu erschießen.«
    »Ein Schwein?«, fragte Haderlein verblüfft.
    »Ein Schwein, genau«, grinste Lagerfeld erneut. »Eins wäre angeblich bereits tot, und mit dem anderen würde er schon minutenlang reden.« Der Kommissar musste bei der Erinnerung wieder lachen. »Ich hab erst geglaubt, die wollen mich verarschen oder es wäre ein blöder Witz der Kollegen. War’s aber nicht. Ich sag also denen von der Sondereinheit, sie sollen erst mal warten, ich würde mal allein reingehen und die Lage sondieren.«
    »Sehr tapfer, Herr Kollege«, grinste der Chef.
    »Fand ich auch«, bestätigte Lagerfeld. »Ich also rein in die Metzgerei, und da sehe ich irgend so einen abgerissenen Bauern, der ein altes verrostetes Luftgewehr auf Riemenschneider gerichtet hat und andauernd auf das Ferkel einquatscht. Die Arme sitzt total verängstigt in der Ecke und tut mir so was von leid.«
    »Einquatscht?«, echote Haderlein ungläubig.
    »Ich sag doch, die ganze Geschichte klingt total daneben«, verteidigte sich Lagerfeld. »Na ja, jedenfalls kann ich dem Spinner ohne größere Gegenwehr das blöde Luftgewehr entwenden und ihn festnehmen. Der hat uns die Streife angemacht, sag ich dir. Und Riemenschneider hab ich als Beweismittel mitgenommen. Ich wollte sie einfach nicht in der Ebinger Metzgerei als Spanferkel enden lassen.«
    »Braver Lagerfeld, nicht wahr?«, flüsterte Haderlein Riemenschneider zu und kraulte sie hinter den Ohren. »Und warum jetzt der Aufstand?«
    »Ja, also das Ganze hat wohl folgenden Hintergrund«, gluckste Lagerfeld, während er sich einen weiteren Zwischenschluck von seinem Bier genehmigte. »Im vorletzten Jahrhundert haben die Bürger der Gemeinde Ebing ihre Schweine zum Mästen auf die Flur der Nachbargemeinde Rattelsdorf getrieben, weil diese Wiesen angeblich zu Ebing gehörten. Die Rattelsdorfer waren aber natürlich ganz anderer Meinung, was die Besitzverhältnisse selbiger Wiesen anbelangte. Doch die Ebinger ließen sich nicht davon überzeugen und waren nicht bereit, die Schweine wegzutreiben. Es kam zu Reibereien, Schlägereien und schließlich zu einem langjährigen Gerichtsverfahren, in dem die Ebinger Sautreiber schließlich unterlagen und die Rattelsdorfer auszahlen mussten. Bis heute können sich die beiden Gemeinden nicht wirklich leiden.«
    »Unglaublich.« Haderlein schüttelte den Kopf.
    »Genau, und dieser durchgeknallte Bauer hatte angeblich im Diözesanarchiv in Bamberg herausgefunden, dass Riemenschneider der letzte lebende Nachkomme der Horde Schweine sein muss, die seinerzeit die Rattelsdorfer Wiesen leer gefressen hat.«
    »Und was ist mit ihm passiert?«, fragte Haderlein neugierig.
    »Mit Rudi König? Der sitzt mittlerweile in Bamberg in der Klapsmühle St. Getreu und erzählt dort seinen Pflegern jeden Tag diese bescheuerte Story. So, das war’s«, beendete Lagerfeld erleichtert seine Geschichte, »jetzt weißt du die bittere Wahrheit. Dein Polizeischwein ist eigentlich eine Kriminelle mit Stammbaum.«
    Auf diesen Schreck bestellte Haderlein beiden noch ein Bier.
    *
    Der nagelneue schwarze VW Tiguan kämpfte sich mit seinem Allradantrieb zum Mainufer hinunter. An einer dicht verwachsenen Gebüschreihe hielt das Fahrzeug an. Der Mond glitzerte romantisch auf dem Kühlergrill, während zwei Personen ausstiegen und misstrauisch die Umgebung beäugten. Nachdem sie anscheinend alles zu ihrer Zufriedenheit vorgefunden hatten, öffnete der Größere der beiden den Kofferraum und hievte ein schwarzes Bündel heraus. Die andere Person tat es ihm derweil mit einem kleinen Sack nach. Gemeinsam zerrten sie das große, schwarze Etwas zum Gebüsch. Dahinter waren ein kleiner Durchschlupf zum Wasser und ein klappriger Angelsteg auszumachen. Mit großer Kraftanstrengung zogen sie das schwere Paket die zwei Meter bis zum Stegende. Dann richteten sich beide kurz auf, schauten sich nochmals um, der Größere nickte und gab dem Bündel dann einen Tritt mit seinen schwarzen Lederstiefeln. Fast lautlos nahm der Main die schwere Fracht in seinen Fluten auf, und die Strömung trieb das Etwas sofort weiter. Mit einem lauten Klatschen flog der kleine Sack wenige Minuten später hinterher, und eine Fontäne spritzte nach oben, so

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