Das Alabastergrab (Krimi-Edition)
den Lichtschalter, der in Hüfthöhe eingemörtelt war. Ein Licht an der alten Holzbalkendecke erhellte den Raum. Nikolai staunte nicht schlecht. Auf ungefähr sechzig Quadratmetern bot sich ihm ein äußerst ungewöhnliches Bild. Er stand in einer fensterlosen, aber hochmodernen Einzimmerwohnung. In der Mitte des Raums befand sich ein Schreibtisch aus Edelstahl mit Flatscreen- TV und einer nagelneuen, hochmodernen Computeranlage. Die Rückwand wurde von einem Futonbett eingenommen, neben dem eine verspiegelte Schrankwand montiert worden war. Auf der gegenüberliegenden Seite gab es eine übersichtliche Küchenzeile mit Esstisch aus Glas und daneben eine kleine Sitzecke inklusive Minibar, die randvoll mit allerlei alkoholischen Kostbarkeiten gefüllt war, wie Nikolai befriedigt feststellte.
Sein Auftraggeber hatte sich hier offensichtlich eine kleine Fluchtburg eingerichtet. Ein idealer Ausgangspunkt für seine Aufgabe. Nikolai griff sich einen sündhaft teuren Wodka aus der Bar, öffnete die Flasche und ließ sich befriedigt in die Sitzecke fallen. So konnte er arbeiten. Heiser lachend stieß er in Gedanken mit seinem toten Kumpel an. »Prost, Igor, Friede deinen russischen Resten«, sagte er leise, bevor er anfing, seinen Plan noch einmal in Ruhe durchzugehen.
*
Die bewaffneten Beamten am Eingang ließen sie ohne Murren durch, als sie ihre Ausweise vorzeigten. Im Foyer wurden sie bereits von einem jungen Mann aus der Presseabteilung des Umweltministeriums empfangen, der sie zu einem kahlen Zimmer mit einfachen Stühlen und einem Tisch führte. Er bat sie höflich, es sich doch bequem zu machen und sich zu setzen. Der Umweltminister, informierte er sie noch, würde sich nur unwesentlich verspäten und wäre sofort für sie da. Er brachte ihnen noch zwei Gläser Wasser und verschwand dann wieder.
Haderlein betrachtete den Raum genauer. Direkt über ihnen hing das schwarz-weiße Konterfei von Franz Josef Strauß, direkt daneben das von Edmund Stoiber. Den hatte der Hauptkommissar sogar während der Fußballweltmeisterschaft 2006 in Nürnberg kennengelernt, als er die Sicherheitskräfte persönlich begrüßte. Franz Josef Strauß war schon vor seiner Zeit als Kripobeamter abgetreten. Den bayerischen Ministerpräsidenten ohne Hals kannte er nur von früher aus dem Fernsehen oder von Bildern. Lagerfeld erhob sich, um aus dem Fenster zu schauen. Einen Stock tiefer konnte man den Hauptausgang des Gebäudes und den gekiesten Innenhof sehen. Den Torbogen sicherten zwei Bewaffnete, während links am Eingang zu einem Nebengebäude ein Hausmeister Unrat aus den Steinchen klaubte. Die Hans-Seidel-Stiftung, der der ganze Gebäudekomplex gehörte, sorgte offensichtlich für Sauberkeit und Ordnung. Er war noch in Gedanken, da öffnete sich die Tür hinter ihm, und er drehte sich um.
Der bayerische Umweltminister betrat in Begleitung einer jungen blonden Frau den Raum. Haderlein erhob sich, und Lagerfeld stellte sich zu ihm.
»Entschuldigen Sie die kleine Verspätung, meine Herren, aber die Presse wollte mich nicht weglassen. Sie wissen ja selbst, wie das ist mit den Pressestatements. Wenn ich vorstellen darf, das ist meine Staatssekretärin Gabi Haier.« Die Frau lächelte Haderlein und Lagerfeld freundlich an, während sie ihnen die Hand gab.
»Kriminalhauptkommissar Haderlein, und das ist mein Kollege Kommissar Schmitt«, stellte Haderlein sich und Lagerfeld vor. Gabi Haier musterte mit einem deutlich missbilligenden Blick die Kleiderauswahl des jungen Kommissars, der ihr gegenüberstand.
»Sehr erfreut, meine Herren. Bitte, nehmen wir doch Platz, damit wir die Sache schnellstmöglich hinter uns bringen können. Frau Haier ist gelernte Juristin und wird aus diesem Grund unserem Gespräch beiwohnen. Ich bin leider völlig unbewandert in solchen Fragen«, beugte Kolonat Schleycher etwaigen Fragen zur Anwesenheit der Staatssekretärin vor. »Also, was kann ich denn nun für Sie tun?«
»Herr Minister, zuerst einmal möchte ich klarstellen, dass nichts gegen Sie persönlich vorliegt. Eigentlich wollten wir Ihnen nur ein paar Fragen zur Person Edwin Rast stellen«, begann Haderlein in lockerem Ton.
»Gerne, was ist denn mit ihm?«, fragte Schleycher kooperativ.
»Sie haben Edwin Rast also gekannt?«, machte Lagerfeld zum ersten Mal den Mund auf.
»Ja, habe ich allerdings«, kam es wie aus der Pistole geschossen. »Aber wieso?« Der Politiker blickte auffordernd von einem zum anderen.
»Edwin Rast wurde vor zwei Tagen an
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