Das Alabastergrab
für meinen Teil werde mir jetzt mal die Wohnung des Wassermanns
vornehmen«, erklärte Haderlein seinen weiteren Tagesablauf. »Danach muss ich
nach Nedensdorf, laut Honeypenny war dort irgendein Paddelhappening, aber
irgendjemand hat die dort böswillig absaufen lassen. Die Kollegen von der
Streife sind gerade dort und nehmen Personalien auf. Da muss ich also selbst
hin. Noch Fragen, Herr Kollege?«
Lagerfeld überlegte nur kurz. »Ist die jetzt vierzig oder nicht,
Chef?«
Ins Land der Franken
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*
Fidibus stürzte auf den Schreibtisch von Marina Hoffmann zu.
»Honeypenny, Sie sind doch eine Frau, Sie kennen sich doch aus?« Er keuchte
panisch.
Honeypenny stöhnte innerlich auf. Hoffentlich wollte ihr Chef jetzt
nicht wissen, was ein Tampon war oder so was in der Richtung. Doch die Hoffnung
war umsonst.
»Honeypenny, meine Frau ist schwanger!«, stieß er aufgeregt aus.
Aber das wusste sie doch längst, was machte er also so einen
Aufstand? Mit so einem Typ als Ehemann hätte sie sich schon vor Jahren
erschossen. Trotzdem war er immer noch ihr Boss. »Jetzt machen Sie sich mal
keine Gedanken, Chef. Ist ja noch ‘ne Weile hin bis zur Geburt, das wird schon
werden. Lassen Sie Ihre Frau mal machen.«
Großer Gott, hoffentlich wollte er bei der Entbindung nicht dabei
sein. Der brachte es noch fertig, im Kreißsaal zu rauchen. Oder er stolperte
und warf dabei aus Versehen das Baby aus dem Fenster …
Aber Fidibus hatte ihr nicht zugehört. Vor Nervosität rollte er
seine Havanna bereits so fest zwischen seinen Fingern hin und her, dass sie
kurz davor war, sich in ihre Bestandteile aufzulösen.
»Ja, aber meine Frau hat mir gerade erzählt …«, er stockte, dann
fuhr er mit erstickter Stimme und mit vor Entsetzen geweiteten Augen fort,
»Honeypenny, sie hat vor längerer Zeit ohne mein Wissen eine
Fruchtwasseruntersuchung machen lassen. An unserem Baby. Ich muss sofort nach
Hause!«
Honeypenny konnte es nicht fassen. Männer waren doch alle Versager.
Und dieser hier, der vor ihr stand, der war der größte von allen. Ein Wunder,
dass er überhaupt eine Frau gefunden hatte, die diese Strafe freiwillig auf
sich nahm.
»Chef«, versuchte sie es nochmals und drückte ihn auf ihren
Bürostuhl. »Eine Fruchtwasseruntersuchung ist etwas völlig Normales. Das machen
viele Frauen heutzutage. Einfach aus Vorsicht. Mittlerweile ist das ein
Routineeingriff.«
»Ein Routineeingriff?«, schrie er außer sich und sprang empört auf.
»Meine Frau hat gesagt, dass einem dabei eine lebendige Nadel in den Bauch
gestoßen wird.« Sein Entsetzen war nun nicht mehr zu übersehen. Seine Hand fuhr
zu seiner Anzugjacke, als hätte ihn gerade ein spätgotischer Wurfspeer in die
Magengegend getroffen. Die Zigarre ergab sich, zerfiel in dicke Brösel und
türmte sich vor seinen makellos schwarz glänzenden Schuhen zu einem kleinen
Hügel auf.
Honeypenny schaute ihn stumm an. Von den Nebentischen hörte man das
typisch angestrengte Atmen von Menschen, die kurz davor waren, laut loszulachen.
Aber sie gab nicht auf. »Chef, jetzt beruhigen Sie sich doch. Da
müssen Sie sich verhört haben. Ihrer Frau geht es gut. Diese Untersuchung ist
wirklich nur eine Vorsichtsmaßnahme, ich wiederhole, eine Vorsichtsmaßnahme, um
… um eventuelle Schädigungen des Erbguts festzustellen. Das ist überhaupt kein
Grund …«, aber weiter kam sie nicht mehr.
Seine Beine knickten unter ihm weg, sodass er sich kurz an ihrem
Tisch festhalten musste. »Meine Frau … im Erbgut geschädigt? Oh, mein Gott.
Aber das wollte ich nicht. Wenn ich das alles vorher gewusst hätte, wäre ich
nie schwanger geworden. Honeypenny, das ist der schlimmste Tag in meinem
diesjährigen Leben. … Ich, ich muss zu meiner Frau!« Mit dem letzten Satz
kehrte schlagartig wieder die Kraft in ihn zurück. Er stürzte in Richtung
Ausgang los und rannte mit einem lauten Rumms gegen die Tür zum Treppenhaus,
die sich seit einundzwanzig Jahren nach innen öffnete. Erst als er außer Sicht-
und Hörweite war, brach im Büro hemmungsloses Gelächter aus.
*
Lagerfeld war auf der Autobahn Richtung Erfurt unterwegs. Eine
nagelneue Strecke und fast ohne Verkehr. Der Grund dafür lag seiner Meinung
nach auf der Hand: Wer wollte denn schon in die ehemalige DDR ?
Sein Dienstwagen war ein siebzehn Jahre altes knallrotes Honda-Cabriolet.
Ein Zweisitzer mit Stoffdach, das sich bei hoher Luftfeuchtigkeit
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