Das Alabastergrab
jungen
Mutter seiner noch jüngeren Tochter zu telefonieren.
Haderlein war fast unangenehm berührt. Da stand er nun, ein hagerer,
durchtrainierter Kommissar in den besten Mannesjahren und war plötzlich ein
Held. So schnell konnte es im Leben gehen.
Irgendwann fingen die ersten Kollegen an zu kichern. Hatte Lagerfeld
schon wieder Sekt verteilt? Er schaute seinen Juniorpartner misstrauisch an,
doch der grinste nur bedeutungsvoll. Honeypenny hingegen würdigte ihn keines
Blickes. Und nicht nur das, als sie ihre Honigbrote verteilte, ging sie auch
noch demonstrativ mit ihrem Tablett an ihm vorüber. Schließlich war es Cesar
Huppendorfer, der seinem verunsicherten Chef mit einem feuchten Taschentuch zu
Hilfe kam und den Lippenstift von seiner Backe wischte. Bereits zum zweiten Mal
an diesem Tag fühlte Haderlein, wie sein Gesicht sich verfärbte. Da half nur
Ablenkung.
»Schluss jetzt mit dem Unsinn«, rief er energisch, »wir haben Arbeit
vor uns. Da draußen läuft nicht nur gerade ein gefährlicher Film ab, es laufen
auch zwei mutmaßliche Mörder herum, und ich möchte bitte, dass wir bestimmen,
wie der Film ausgeht, okay? Gibt’s irgendwelche neuen Ergebnisse?«
»Oh ja«, meldete sich Huppendorfer, »die gibt’s allerdings. Und
bevor ich’s vergesse: Sie sollen in der Gerichtsmedizin bei Herrn Siebenstädter
anrufen.«
»Gut«, kommentierte Haderlein, während er sich an seinem
Schreibtisch niederließ, »und jetzt kommen erst mal alle, die etwas zu
vermelden haben, zu mir her.« Um ihn herum bildete sich ein kleiner Kreis.
»Also«, begann Huppendorfer, »dann fang ich mal an. Die Ergebnisse
von der Spusi sind da.«
Haderlein setzte einen gespannten Blick auf.
»Erstens, am Wehr in Hausen wurden Fingerabdrücke gefunden, die
eindeutig Hubertus Graetzke zugeordnet werden können. Das heißt, Graetzke hat
mit hoher Wahrscheinlichkeit das Wehr manipuliert. Motiv ist noch unklar.
Zweitens können wir die Suche nach dem schwarzen Tiguan schon wieder
einstellen. Er wurde völlig ausgebrannt oberhalb von Romansthal am Staffelberg
gefunden. Und zwar mit einer verbrannten Leiche drin.«
»Was?« Haderlein war überrascht. Damit hatte er nicht gerechnet.
»Ja«, fuhr Huppendorfer unbeirrt fort. »Die Spusi sichert gerade den
Tatort. In der Wohnung von Frau Rast haben wir ziemlich viel Blut und ein Stück
von einem Finger gefunden. Alles zusammen haben wir vorhin bereits zur
Gerichtsmedizin bringen lassen, genauso wie die organischen Reste der Leiche
aus dem Tiguan. Aber dazu müssten Sie Herrn Siebenstädter dann persönlich
befragen. Das war’s von mir.«
»Gut, Huppendorfer, dann fahren Sie mit Ihrem schlauen Laptop jetzt
mal zu mir nach Hause und fertigen mit Frau Rast Phantombilder der beiden
Figuren an«, befahl Haderlein. »Aber warten Sie damit noch einen Moment, bis
wir hier mit der Besprechung fertig sind. Vielleicht habe ich noch andere
Aufgaben für Sie.«
»Bei dir zu Hause?«, konnte Lagerfeld nicht an sich halten. »Die
Oma?«
Doch Haderlein ignorierte den verbalen Auswurf seines Kollegen und
fragte ihn stattdessen: »Hast du auch etwas Zielführendes zur Diskussion
beizutragen, Bernd?«
Die persönliche Ansprache erweckte ihn aus seinem temporären Schock.
»Doch, ja, das hab ich. Es gibt Neuigkeiten aus Nürnberg. Die haben noch Daten
vom Handy retten können. Im Prinzip die komplette Telefonbuchdatei von Rasts
Handy«, verkündete er triumphierend. »Ein richtiger Volltreffer.«
»Zeig mal her.« Haderlein nahm ihm den Computerausdruck aus der
Hand, auf dem genau sechs Telefonnummern aufgelistet waren. »Und wem gehören
die?«, fragte er ungeduldig.
»Sind wir gerade dabei, herauszufinden, Chef. Das dauert aber noch,
weil wir zuerst die Freigabe der Telefongesellschaften brauchen.«
»Gut, aber ich möchte sofort Bescheid wissen, wenn die Personen und
Adressen zu den Nummern geklärt sind. Außerdem will ich alle
Gesprächsverbindungen von diesem Handy des letzten Vierteljahres.«
Lagerfeld nickte angestrengt und machte sich Notizen.
»Honeypenny, was ist denn mit dieser Internetseite und dem Provider?
Gibt’s da schon was Neues?«
»Die Anfragen an alle infrage kommenden Internetprovider ist raus.«
Sie blieb weiterhin förmlich in Haltung und Tonfall. »Aber auch das braucht
noch ein Weilchen, weil wir erst mal die Genehmigung vom Staatsanwalt
benötigen. Im Laufe des morgigen Tages müssten wir allerdings mehr wissen, Herr
Haderlein.«
»Danke, Frau Hoffmann«, gab der
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