Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das Alabastergrab

Titel: Das Alabastergrab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Vorndran
Vom Netzwerk:
arbeitete.
So war das nun mal in der freien Wirtschaft des Westens. Er lächelte über seine
eigenen Gedanken. Vor zwanzig Jahren wäre er wahrscheinlich als unterbezahlter
Agent des KGB geendet. Damals …
    Er steckte den Zettel wieder in die Brusttasche seines Hemdes und
trank den Rest seines Kaffees aus. Als Erstes würde er sein neues Quartier
beziehen, würde sich in die Höhle des Löwen wagen. Er erhob sich und ging
entschlossen zum Ausgang.
    *
    Emil Büttner war offizieller Techniker des Flughafens in Hof. Es war
nicht die aufregendste Arbeit auf dem nicht gerade aufregendsten Flughafen der
Welt, aber zumindest war es Arbeit und eine gut bezahlte obendrein. Das allein
privilegierte ihn, denn damit gehörte er in Hof zu einer Minderheit. Einen
guten Job in der Region zu finden, in der die höchste Arbeitslosigkeit Bayerns
herrschte, war schon ein außergewöhnlicher Glücksfall.
    Und das war auch der Grund, warum sich Emil Büttner nicht beschwerte.
Spötter behaupteten zwar, dass Hof ungefähr so groß sei wie der Nürnberger
Hauptfriedhof, aber doppelt so tot, doch das war ihm egal. Im Großen und Ganzen
war er mit seiner Stadt zufrieden. Es machte ihm auch nichts aus, dass es die
kälteste in ganz Deutschland war. Wenn andernorts in Bayern schon die Tulpen
sprossen, wurde hier noch auf Skiern die Post ausgetragen. Bei seinem
abendlichen Umtrunk scherzte er gern, dass Hof sich sicherlich irgendwann für
die Olympischen Winterspiele bewerben würde. Dann gäbe es auch neue Sportarten
wie beispielsweise Biathlon mit Schießen auf den laufenden Beamten. Der wäre
bestimmt leicht zu treffen, vor allem wenn er aus der hiesigen
Beamtenfachschule stammte.
    Nein, Emil Büttner hatte am Hofer Leben nichts zu meckern. Hier
hatte er nicht nur im Umland seine Frau gefunden und zwei Mädchen in die Welt
gesetzt, hier konnte er auch einen guten Job auf dem »Hof International
Airport«, wie er seinen Arbeitsplatz bisweilen titulierte, sein Eigen nennen.
    Gerade war er mit seiner Brotzeitpause fertig geworden und befand
sich nun auf dem Weg, eine der Signallampen an der Start- und Landebahn
auszutauschen, als sein Handy klingelte. »Emil Büttner, Flughafentechnik Hof«,
meldete er sich und erwartete die Anordnung von Überstunden, weil sich wieder
irgend so ein Geschäftsflugzeug verspätet hatte.
    »Emil Büttner?«, hörte er eine Stimme, die ihm seltsam bekannt
vorkam. Ihn beschlich ein unbestimmtes, unangenehmes Gefühl.
    »Ja, am Apparat, um was geht’s denn?«, fragte er, während sich das
beklemmende Gefühl weiter verstärkte. Die Stimme klang hohl und gehetzt.
    »Hier ist Alfred.«
    Sofort wusste Emil Büttner, wer der Anrufer war. Sein ganzer Körper
fing an zu zittern, und die Lampe, die er gerade hatte austauschen wollen, fiel
klirrend zu Boden. Er hatte panische Angst. Er war schon immer ein ängstlicher
Mensch gewesen, aber diese Angst, die sich jetzt seiner bemächtigte, hatte er
bisher nur ein einziges Mal verspürt. Es hatte lange gebraucht, um sie
ansatzweise zu vergessen, und er hatte inständig gebetet, das schreckliche
Gefühl nie mehr verspüren zu müssen.
    »Emil, bist du noch dran, verdammt?«, hörte er die ungeduldige
Stimme wieder.
    »Ja, bin ich. Was willst du?«, fragte er leise, obwohl er die
Antwort bereits kannte. Jedem, der diesen Anruf von Alfred erhielt, war die
Antwort bereits klar.
    »Graetzke und Rast sind tot. Ermordet worden, so wie es aussieht.
Wir müssen also davon ausgehen, dass die CADAS nicht mehr sicher ist. Hast du mich verstanden, Emil? Die Mitglieder der CADAS sind nicht mehr sicher! Weißt du,
wo die anderen sind? Wir müssen sie informieren. … Emil?«
    Doch Emil Büttner hörte schon lange nicht mehr zu. Er lag auf der
Rollbahn des Hofer Flugplatzes auf den Knien, barg sein Gesicht in den Händen
und schluchzte wie ein Kind.
    *
    Haderlein und sein Kollege waren auf dem Weg nach Kloster Banz.
Lagerfeld wollte sich gerade eine seiner geliebten Zigaretten anzünden, als ihn
der strafende Blick seines Vorgesetzten traf.
    »Nicht in meinem Auto, Bernd«, warnte Haderlein streng. »Außerdem
möchte ich nicht nach Zigarettenrauch stinken, während ich, du weißt schon …«
    Lagerfeld hob abwehrend die Hand und bedeutete seinem Kollegen zu
schweigen. Dann drehte er das Radio lauter.
    »… möchte ich betonen, dass dies nicht zwingend zu
Gesundheitsschädigungen bei Nichtrauchern führen wird. Ich möchte nur der
wachsenden Zahl von unzufriedenen Gastwirten die

Weitere Kostenlose Bücher