Das Albtraumreich des Edward Moon
»Bitte«, sagte
er, »es ist mir todernst damit! Ich brauche Sie für das Töten zweier Männer.«
»Waren wohl ungezogen, die beiden Jungs, wie,
Sir?«
»Lausebengel?«
»Taugenichtse?«
»Schlawiner?«
»Nichtsnutzige Früchtchen?«
»Sagen Sie uns ihre Namen, Sir, bitte, bitte!«
»Sie begreifen, dass es mir hier nicht um Rache
geht«, erklärte Skimpole zurückhaltend, »sondern nur darum, meine Tätigkeit zu
schützen.«
»Versteht sich von selbst, Sir!«
»Kein weiteres Wort, Sir!«
»Also gut.« Skimpole hustete krampfhaft, was den
beiden besorgt-mitfühlende Geräusche entlockte. »Das Direktorium steht unter
Beschuss. Man hat einen Mann auf unsere Fährte gesetzt. Einen Ex-Ochrana. Den
besten Berufsmörder, den sie je hatten. Und die einzige brauchbare Information,
die wir über ihn haben, ist sein Deckname.«
»Sagen Sie schon, Sir!«
»Lassen Sie die Katze aus dem Sack!«
»Raus damit, Sir!«
Skimpole schluckte. »Der Mongoz.«
Hawker pfiff leise durch die Zähne. »Mannomann!«
»Und es wäre Ihnen recht, wenn wir ihn uns
vornähmen, nicht wahr, Sir?«, fragte Boon.
»Ihm eine ordentliche Abreibung verpassten, wie?«
Skimpole nickte schwach.
»Sie sollten eigentlich gar nicht aus dem Haus
gehen, Sir.«
»Fest eingepackt im Bettchen liegen, mit einer
heißen Wärmeflasche und einem dampfenden Grog mit viel Rum.«
»Einen Augenblick!«, schaltete sich Skimpole ein.
»Es gibt noch jemanden.«
»Meine Güte, haben Sie aber einen blutdürstigen
Tag!«
»Das Direktorium hat einen Feind in Whitehall«,
ächzte Skimpole.
»Falsche Fuffziger, diese Politiker!«
»Schon das verschlagene Glitzern in ihren Augen!«
»Auf die ist kein Verlass, Sir, man darf ihnen
nicht trauen.«
»Sein Name ist Maurice Trotman. Ein Mann aus dem
Ministerium. Er will …« Skimpole schniefte. »Er will uns stillegen!«
»Sapperlot!« Hawker klang verständnisvoll. »Und
jetzt sind Sie fuchsteufelswild auf das Schlitzohr.«
»Habt euch arg gezankt, ihr beiden, nicht wahr,
Sir?«
»Seid euch in die Haare geraten, wie?«
»Können Sie das erledigen?«, fuhr Skimpole
keuchend dazwischen. »Können Sie die beiden töten?«
»Spricht nichts dagegen«, sagte Boon. »Was denkst
du, Hawker?«
»Rein gar nichts, alter Pfeffersack. Freue mich
schon mordsmäßig darauf.«
»Sie haben sich die richtigen Jungs ausgesucht,
Sir, als Sie sich an uns wandten«, erklärte Boon. »Gibt keine tüchtigeren in
der sechsten Klasse.«
»Boon ist ein mächtiger Draufgänger, wenn mal die
Fetzen fliegen, das kann ich Ihnen verraten. Ein richtiger Kampfhahn, wenn er
seinen Koller kriegt!«
»Was schulde ich Ihnen?«, fragte Skimpole.
»Uns schulden?« Hawker spielte den
Verständnislosen. »Uns schulden? Was meinen Sie damit, Sir?«
»Sobald die Arbeit getan ist, lassen wir Sie
wissen, wie es mit dem Honorar aussieht«, sagte Boon.
»Und jetzt sollten Sie rasch nach Hause gehen,
Sir. Nach Ihrem Bübchen sehen. Sie holen sich den Tod, wenn Sie noch länger
hier herumstehen.«
»Können Sie mir nicht ungefähr sagen«, bettelte
Skimpole, »wie hoch die Kosten sein werden?«
Boon strahlte ihn an. »Oh, ich denke, Sie werden
finden, dass unser Preis durchaus im Rahmen Ihrer Möglichkeiten liegt, Sir.
Durchaus im Rahmen Ihrer Möglichkeiten.«
»Wir melden uns.«
»Dann also adieu«, presste Skimpole hervor.
Boon tippte sich mit zwei Fingern an die Kappe.
»Dingelingling!«
Mit diesem letzten verblüffenden Abschiedswort
drehten sich die beiden lebenden Anachronismen um und verschwanden in der
Dunkelheit. Zitternd vor Schmerz, Kälte und Verwirrung zog Skimpole die Jacke
enger um sich und machte sich auf den Heimweg; er gab sich alle Mühe, nicht
genauer darüber nachzudenken, was er soeben in Bewegung gesetzt hatte.
Zweifellos hatte Mister Clemence nicht
die Absicht, sich verdächtig zu machen, während er im Schatten des Monuments
wartete. Aber so, wie er unstet auf und ab lief, zwei schwach leuchtende
Laternen in Händen, und dazwischen weit öfter als notwendig seine Taschenuhr
hervorzog, hätte er selbst mit einem Schild um den Hals, auf dem er seine
unmittelbar bevorstehende Laufbahn als Gesetzesbrecher kundtat, keine größere
Aufmerksamkeit erregen können.
Und dann, ohne Vorwarnung, spien die Schatten
plötzlich Edward Moon und den Schlafwandler aus.
»Ich bitte um Verzeihung, wenn wir Sie warten
ließen«, sagte der Detektiv.
»Keine Ursache. Aber ich wäre dankbar, meine
Herren, wenn wir uns beeilen
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