Das Alexandria-Komplott
der Mitte der Werkstatt. Esbenson ging langsam um den Wagen herum und schüttelte den Kopf.
»Das ist das erste Mal, daß ich einen Oldtimer zwei Tage nach der Fertigstellung schon wieder restaurieren muß.«
»Wir hatten keinen guten Tag«, erklärte Giordino. Er trug eine Halsmanschette, ein Arm steckte in einer Schlinge, und sein angeschossenes Ohr war dick verbunden.
»Es ist ein Wunder, daß überhaupt einer von euch hier steht.«
Abgesehen von dem Schmiß, der mit sechs Nadeln genäht worden war und zum größten Teil von seinen Haaren überdeckt wurde, hatte Pitt keine sichtbaren Verletzungen davongetragen. Er tätschelte den massiven Chromverschluß des Kühlers, als sei der Wagen ein geschundenes Kind.
»Wir hatten Glück, daß die alten Autos so robust sind«, bemerkte er ruhig.
Lily kam vom Büro herangehumpelt. Ihre linke Wange war aufgeschürft und das rechte Auge blau.
»Hiram Yaeger ist am Telefon«, sagte sie.
Pitt nickte. Er legte Esbenson die Hand auf die Schulter. »Machen Sie ihn noch schöner, als er vorher war.«
»Das heißt sechs Monate Arbeit und viel, viel Geld«, erklärte Esbenson.
»Die Zeit ist kein Problem und das Geld auch nicht.« Pitt schwieg und grinste dann. »Diesmal wird die Regierung die Kosten übernehmen.« Er drehte sich um, ging ins Büro und hob den Hörer auf. »Hiram, haben Sie etwas für mich?«
»Nur einen Zwischenbericht, wie's im Augenblick steht«, erwiderte Yaeger aus Washington, »ich habe die Ostsee und die Küste Norwegens abgehakt.«
»Und, nichts?«
»Nicht genug, um in Jubel auszubrechen. Keinerlei Übereinstimmung mit den geologischen Umrissen oder der geographischen Beschreibung aus dem Logbuch der Serapis. Die Barbaren, die Rufinus erwähnt, ähneln nicht im geringsten den frühen Wikingern. Er beschrieb Leute, deren Aussehen ihn an Skythen erinnerte, die aber eine dunklere Haut hatten.«
»Das hat mir auch schon Kopfzerbrechen bereitet«, gab Pitt zu. »Die Skythen stammen aus Kleinasien. Ist wohl kaum wahrscheinlich, daß sie hellhäutig und blond waren.«
»Ich sehe keinen Sinn darin, die Suche rund um Norwegen und weiter in die nördlichen Gewässer Rußlands fortzusetzen.«
»Einverstanden. Was ist mit Island? Die Wikinger haben sich dort erst fünfhundert Jahre später angesiedelt. Vielleicht hat Rufinus die Eskimos gemeint.«
»Bringt uns auch nicht weiter«, gab Yaeger zurück. »Das habe ich überprüft. Eskimos sind nie auf Island gelandet. Rufinus hat uns noch ein weiteres Rätsel aufgegeben, als er das Meer von Zwergpinien erwähnte. Die kann er wohl kaum auf Island entdeckt haben. Und vergessen Sie eines nicht: Das hätte eine sechshundert Meilen weite Seereise durch die schlimmsten Gewässer der Welt bedeutet. Die Berichte über Seereisen in der Antike sind äußerst präzise. Römische Schiffskapitäne entfernten sich kaum einmal länger als einen oder zwei Tage aus der Sichtweite des Landes. Die Reise von dem am nächsten liegenden Ort in Europa aus hätte für ein Schiff aus dem vierten Jahrhundert unter idealen Bedingungen viereinhalb Tage gedauert.«
»Wie gehen wir also weiter vor?«
»Ich werde die westafrikanische Küste noch mal genau unter die Lupe nehmen. Vielleicht haben wir etwas übersehen. Dunkelhäutige Afrikaner und ein wärmeres Klima scheinen mir logischer als die kalten nördlichen Länder – ganz besonders für Männer aus dem Mittelmeerraum.«
»Das erklärt aber immer noch nicht das Auftauchen der Serapis in Grönland.«
»Eine Wind- und Wellenprojektion könnte uns da einen Anhaltspunkt liefern.«
»Ich fliege heute abend nach Washington zurück«, sagte Pitt. »Morgen schaue ich bei Ihnen vorbei.«
»Vielleicht habe ich bis dahin schon was«, gab Yaeger zurück, aber seine Stimme klang nicht sonderlich optimistisch.
Pitt legte auf und trat aus dem Büro. Lily sah ihn hoffnungsvoll an. Dann bemerkte sie die Enttäuschung in seinen Augen.
»Keine guten Nachrichten?« fragte sie.
Er schüttelte verneinend den Kopf. »Sieht nicht so aus, als seien wir weitergekommen.«
Sie nahm seinen Arm. »Yaeger wird's finden«, sagte sie ermutigend.
»Wunder kann nicht einmal er vollbringen.«
Giordino warf einen Blick auf die Uhr, die er an seinem unverletzten Arm trug. »Wir haben nicht viel Zeit, wenn wir unseren Flug erreichen wollen. Besser, wir brechen auf.«
Pitt schüttelte Esbenson die Hand und lächelte. »Bringen Sie den Wagen wieder in Ordnung. Er hat uns das Leben gerettet.«
Esbenson warf
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