Das Alexandria-Komplott
Mannschaft nicht an Land gehen wird«, gab Collins zurück, »sollten die Formalitäten im Handumdrehen erledigt sein.«
»Die Inspektoren der Gesundheitsbehörde sind die schlimmste Plage.«
»Benachrichtigen Sie den Zahlmeister, Mr. Finney. Dann begleiten Sie die Herren zu meiner Kabine.«
»Verzeihen Sie, Sir, aber geht das nicht ein bißchen weit? Ich meine, wenn man die Zollinspektoren in der Kapitänskajüte empfängt?«
»Möglicherweise, aber ich möchte, daß, soweit es die Bürokratie angeht, alles reibungslos läuft, solange wir im Hafen liegen. Man kann nie wissen, wann wir die mal um einen Gefallen bitten müssen.«
»Aye, Sir.«
Die Dämmerung war bereits hereingebrochen, als die Beamten von Zoll und Einwanderungsbehörde ihr Boot längsseits der Lady Flamborough brachten und die Jakobsleiter hinaufkamen. Die Scheinwerfer des Schiffs blitzten plötzlich auf und tauchten Aufbauten und die oberen Decks in hellen Lichtschein. Vom Lichtermeer der Stadt und der übrigen Kreuzfahrtschiffe umgeben, glitzerte die Lady Flamborough wie ein kostbarer Diamant in einer Schmuckschatulle.
Die uruguayischen Beamten mit Finney an der Spitze näherten sich der offenen Tür der Kapitänskajüte. Collins warf den fünf Männern, die seinem Ersten Offizier folgten, einen prüfenden Blick zu. Ihm entging so leicht nichts, und er merkte sofort, daß mit einem der Männer etwas nicht in Ordnung war. Er hatte einen breitkrempigen Strohhut tief in die Augen gezogen und hatte einen Overall an. Die anderen Männer waren mehr oder weniger ordentlich gekleidet und trugen die bequemen Uniformen, die von den meisten Beamten der Karibik bevorzugt wurden.
Der Kerl, der nicht zu den übrigen paßte, folgte, ohne aufzublicken, dem vor ihm Gehenden. Als sie die Schwelle erreicht hatten, trat Finney höflich beiseite, um den Männern den Vortritt zu gewähren.
Collins kam einen Schritt auf sie zu. »Guten Abend, Gentlemen. Willkommen an Bord der Lady Flamborough. Ich bin Captain Collins.«
Die Besucher standen seltsam schweigend da, und Collins und Finney wechselten einen neugierigen Blick. Dann trat der Mann im Overall vor und zog sich langsam aus. Es kam eine Weiße Uniform mit goldenen Streifen zum Vorschein, die exakt der Uniform entsprach, die Collins trug. Als nächstes zog er den Strohhut vom Kopf und ersetzte ihn durch eine Mütze, die zur Uniform paßte.
Collins, den normalerweise nichts so leicht aus der Bahn warf, war völlig verwirrt. Er hatte das Gefühl, in einen Spiegel zu blicken. Der Fremde hätte leicht als sein Zwillingsbruder durchgehen können.
»Wer sind Sie?« wollte Collins wissen. »Was geht hier vor?«
»Namen tun nichts zur Sache«, erwiderte Suleiman Aziz Ammar mit entwaffnendem Lächeln, »ich übernehme das Kommando über ihr Schiff.«
34
D as Überraschungsmoment ist der Schlüssel einer jeden erfolgreichen Geheimdienstoperation. Bei der Kaperung der Lady Flamborough wurden die Verantwortlichen total überrumpelt. Bis auf Captain Collins, den Ersten Offizier Finney und einen verblüfften Zahlmeister, die gefesselt und geknebelt und streng bewacht in Finneys Kajüte untergebracht wurden, hatte weder einer der übrigen Offiziere noch der Rest der Besatzung die leiseste Ahnung, daß ihr Schiff gekapert worden war.
Ammars Zeitplan war ganz genau ausgetüftelt. Die echten uruguayischen Zollinspektoren tauchten nur zwölf Minuten später auf. In seiner Verkleidung – er glich fast bis aufs Haar Collins – begrüßte er sie wie alte Bekannte. Die Männer, die er für die Rollen von Finney und dem Zahlmeister sorgfältig ausgewählt hatte, hielten sich im Hintergrund. Beide waren erfahrene Schiffsoffiziere und sahen Finney und dem Zahlmeister bemerkenswert ähnlich. Nur wenige Besatzungsmitglieder hätten die Verkleidung auf drei Meter Entfernung bemerkt.
Die uruguayischen Beamten versahen die notwendigen Papiere mit ihrem Stempel und waren kurze Zeit später wieder verschwunden. Ammar befahl den Zweiten und Dritten Offizier in die Kapitänskajüte. Jetzt stand alles auf des Messers Schneide. Wenn die beiden ihn akzeptierten und keinen Verdacht schöpften, waren sie für ihn als ahnungslose Komplizen unbezahlbar, wenn es darum ging, das komplizierte Vorhaben in den kommenden vierundzwanzig Stunden in Szene zu setzen.
Die Verwandlung in Dale Lemke, den Piloten von NEBULA Flug 106, war nicht schwer gewesen. Nachdem er Lemke umgebracht hatte, hatte Ammar einen Gipsabdruck von dessen Gesicht nehmen
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