Das Alexandria-Komplott
können. Die Verwandlung zum Kapitän der Lady Flamborough war etwas ganz anderes. Er hatte sich nur nach acht Fotos von Collins richten können, die ihm kurzfristig von einem seiner Agenten in England besorgt worden waren. Er hatte sich auch ein Medikament spritzen müssen, das seine Stimmlage entsprechend veränderte.
Er hatte einen begabten Künstler verpflichtet, der anhand der Fotos eine Skulptur von Collins' Gesicht schuf. Von dieser Skulptur waren positive und negative Abdrücke angefertigt worden. Als nächstes wurde Latex so eingefärbt, daß es Captain Collins' Gesichtsfarbe entsprach, zwischen die Abdrücke gepreßt und beiseite gestellt, bis das Latex fest wurde. Vorsichtig hatte er die Latexmaske zurechtgestutzt und seinem Gesicht angepaßt, wobei er eine Wachsmischung benutzte, um kleinere Unebenheiten auszugleichen.
Danach hatte Ammar aufgeschäumte Ohren- und Nasenprothesen angebracht und Make-up aufgetragen. Zuletzt war noch ein korrekt getöntes, geschnittenes und gekämmtes Haarteil hinzugekommen; Kontaktlinsen in der Augenfarbe von Collins, Zahnkronen – und Ammar war das genaue Ebenbild des Kapitäns.
Ammar hatte keine Zeit gefunden, Oliver Collins' Persönlichkeitsprofil eingehend zu studieren. Er hatte es gerade noch geschafft, einen Crash-Kurs in der Führung eines Schiffes zu absolvieren und sich die Namen und Gesichter der Schiffsoffiziere einzuprägen, ihm blieb keine Wahl, als zu bluffen und sich auf die berechtigte Annahme zu verlassen, daß die Mannschaft nicht den geringsten Grund zu Mißtrauen hatte. Sobald die beiden Offiziere die Kapitänskajüte betreten hatten, beeilte sich Ammar, die Waagschale zu seinen Gunsten zu beeinflussen.
»Entschuldigen Sie, Gentlemen, wenn ich Ihnen verändert vorkomme, aber ich habe mir eine Grippe zugezogen.«
»Soll ich nach dem Schiffsarzt schicken?« erkundigte sich Herbert Parker, der Zweite Offizier. Er wirkte körperlich fit, war sonnengebräunt und hatte ein glattes Jungengesicht, das nur an Samstagabenden mit einem Rasierapparat in Berührung zu kommen schien.
Das war ein Fehler, dachte Ammar. Ein Arzt, der Collins kannte, würde im Handumdrehen die Maskerade durchschauen.
»Der hat mir schon so viele Pillen zu schlucken gegeben, daß man damit einen Elefanten kurieren könnte, ich fühle mich wohl genug, Dienst zu tun.«
Der Dritte Offizier, ein Schotte, der auf den seltsamen Namen Isaac Jones hörte, schob sich eine Strähne rotes Haar aus der hohen Stirn. »Können wir irgend etwas für Sie tun, Sir?«
»Ja, das können Sie, Mr. Jones«, antwortete Ammar. »Unsere VIP-Passagiere kommen morgen nachmittag an Bord. Sie werden das Empfangskomitee anführen. Wir haben nicht oft die Ehre, zwei Präsidenten an Bord begrüßen zu dürfen, und ich denke, die Gesellschaft erwartet von uns, daß wir sie mit allen Ehren empfangen.«
»Ja, Sir«, gab Jones knapp zurück. »Sie können sich auf mich verlassen.«
»Mr. Parker?«
»Captain.«
»Innerhalb der nächsten Stunde wird ein Landungsboot ankommen, das Fracht der Gesellschaft an Bord hat. Sie werden den Ladevorgang beaufsichtigen. Heute abend wird zusätzlich eine Gruppe Sicherheitspersonal an Bord kommen. Bitte, sorgen Sie dafür, daß den Leuten ein passendes Quartier zur Verfügung gestellt wird.«
»Ist es nicht reichlich kurzfristig, Ladung zu übernehmen, Sir? Ich war außerdem der Meinung, die ägyptischen und mexikanischen Sicherheitsbeamten würden nicht vor dem frühen Morgen erwartet.«
»Die Wege, die die Bosse unserer Gesellschaft manchmal einzuschlagen belieben, muten mitunter mysteriös an«, erklärte Ammar philosophisch. »Was das Eintreffen unserer bewaffneten Gäste angeht – auch diese Anweisung kam von Seiten der Gesellschaft. Für den Fall, daß Probleme auftauchen sollten, will man eigene Sicherheitskräfte an Bord haben.«
»Dann geht's also darum, daß die eine Mannschaft der anderen auf die Finger sehen soll.«
»So ungefähr. Soviel ich weiß, fordert Lloyd weitere Sicherheitsvorkehrungen. Die Versicherer haben gedroht, die Prämien ansonsten in astronomische Höhen zu schrauben.«
»Verstehe.«
»Noch Fragen, Gentlemen?«
Es gab keine, und die beiden Offiziere wandten sich um, um zu gehen.
»Herbert, da ist noch etwas«, bemerkte Ammar. »Bitte, nehmen Sie die Ladung so leise und so schnell wie möglich an Bord.«
»Das werde ich tun, Sir.«
Draußen auf dem Deck wandte sich Parker an Jones. »Haben Sie das gehört? Er hat mich mit dem Vornamen
Weitere Kostenlose Bücher