Das Alexandria-Komplott
Ziel rechts voraus an.«
»Bei uns sieht es aus, als wärt ihr unmittelbar darüber«, meldete sich Gunn.
Wie ein Geisterbild in einem abgedunkelten Spiegel tauchte das Schiff aus der Finsternis auf. Durch die Wasserverzerrung vergrößert, wirkte es einfach überwältigend.
»Wir haben Sichtkontakt«, berichtete Giordino.
Pitt verlangsamte den Deep Rover und hielt sieben Meter vom Rumpf entfernt an. Dann manövrierte er das Tauchboot nach oben und neben das Vorderdeck des Wracks.
»Was, zum Teufel –« stieß Pitt plötzlich hervor. Dann: »Rudi, wie war die Lady Flamborough gestrichen?«
»Warte mal.« Kaum zehn Sekunden verstrichen, bevor Gunn antwortete: »Hellblauer Rumpf und hellblaue Aufbauten.«
»Dieses Schiff hat einen roten Rumpf und weiße Aufbauten.«
Gunn antwortete nicht sofort. Aber als seine Stimme sich wieder meldete, klang sie alt und müde. »Tut mir leid, Dirk. Wir müssen auf ein vermißtes Schiff aus dem Zweiten Weltkrieg gestoßen sein, das damals torpediert worden ist.«
»Das kann nicht sein«, murmelte Giordino. »Das Wrack hier ist in einem zu guten Zustand. Keine Anzeichen von Algenbewuchs oder Korrosion. Ich kann Öl und Luftblasen erkennen, die nach oben steigen. Das Schiff kann nicht länger als eine Woche hier unten liegen.«
»Negativ«, meldete sich Stewarts Stimme über Funk. »Das einzige Schiff, das in diesem Teil des Atlantiks während der letzten sechs Monate als vermißt gemeldet wurde, ist der Luxusliner.«
»Das hier ist aber kein Kreuzfahrtschiff«, gab Giordino zurück.
»Warte mal eine Minute«, sagte Pitt. »Ich fahre ums Heck, und wir schauen mal, ob wir den Kahn identifizieren können.«
Er legte den Deep Rover in eine enge Kurve und glitt an der Seite des Schiffes entlang. Als das Heck erreicht war, ließ er das Tauchboot abfallen und stoppte. Nur einen Meter von der Namensplatte des Schiffes entfernt hing das Tauchboot bewegungslos im Wasser.
»O mein Gott«, flüsterte Giordino fassungslos. »Wir sind aufs Kreuz gelegt worden.«
Pitt war kaum überrascht. Er grinste von einem Ohr zum anderen. Das Puzzle war immer noch weit davon entfernt, ein vollständiges Bild zu ergeben, aber die wichtigsten Teile paßten zusammen. Die weißen, erhabenen Buchstaben auf den roten Stahlplatten ergaben nicht die Worte Lady Flamborough.
General Bravo war dort zu lesen.
43
A us vierhundert Metern Entfernung hätten die Männer, die die Lady Flamborough entworfen und gebaut hatten, ihr Schiff nicht wiedererkannt. Ihr Schornstein hatte ein anderes Aussehen, und jeder Quadratzentimeter war überstrichen. Um die Maskerade zu vervollständigen, war der Rumpf mit rostigen Schlieren überdeckt.
Ihre einstmals so eleganten Aufbauten, die Fenster des großen Speisesaals und das Promenadendeck waren hinter großen Fiberglasplatten versteckt, die jetzt aussahen wie Frachtcontainer.
Die modernen, geschwungenen Linien der Brücke des Kreuzfahrtschiffes konnte man weder ändern noch verstecken. Sie waren mit Holzlatten und Segeltuch getarnt und mit falschen Luken und Bullaugen angemalt.
Bevor noch die Lichter von Punta del Este achtern verschwanden, waren alle Besatzungsmitglieder und alle Passagiere zur Zwangsarbeit gezwungen, in Gruppen eingeteilt und anschließend von Ammars Schergen bis an den Rand der Erschöpfung angetrieben worden. Die Schiffsoffiziere, die Organisatoren der Kreuzfahrt, die Stewards, Restaurantchefs, Ober, gewöhnliche Matrosen – sie alle hämmerten und schufteten die Nacht durch und setzten die vorfabrizierten Container zusammen.
Auch die wichtigen Persönlichkeiten an Bord wurden nicht verschont. Senator Pitt, Hala Kamil, die Präsidenten Hasan und De Lorenzo wurden zusammen mit ihren Kabinettsmitgliedern und Staatssekretären zum Dienst als Schiffszimmerleute und Maler gepreßt.
Zu dem Zeitpunkt, als das Kreuzfahrtschiff mit der General Bravo zusammentraf, waren die künstlichen Frachtcontainer bereits an Ort und Stelle, und das Schiff zeigte eine beinahe identische Linienführung sowie denselben Anstrich.
Oberhalb der Wasserlinie konnte die mittlerweile getarnte Lady Flamborough gut als Frachtschiff durchgehen. Eine Inspektion aus der Luft hätte nur wenige Ungereimtheiten offenbart. Nur bei einer Überprüfung aus der Nähe, vom Meer aus, hätte man offensichtliche Unterschiede entdecken können.
Captain Juan Machado und achtzehn Besatzungsmitglieder der General Bravo setzten zum Kreuzfahrtschiff über, nachdem sie alle Ventile und
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