Das Alexandria-Komplott
Identität bedeutete so etwas wie Verrat. Keinen Augenblick hatte ihn Machados Lüge täuschen können. Wenn Präsident Hasan erst einmal aus dem Weg war, dann hatte der wiederauferstandene Mohammed keine weitere Verwendung für seinen gemieteten Killer. Ammar hatte nicht die Absicht, dem mexikanischen Attentäter die Pläne für sein Entkommen zu verraten. Ihm war vollkommen klar, daß sein Gegenspieler keine andere Wahl hatte, als mit ihm zusammenzuarbeiten. Ammar gefiel sich im Bewußtsein, daß er Machado jederzeit töten konnte, wohingegen der Mexikaner warten mußte, bis das Überleben gesichert war.
Ammar wußte genau, wo er stand.
Er hob die Teetasse. »Auf Achmed Yazid.«
Machado hob seine Tasse ebenfalls. »Auf Topiltzin.«
Hala und Senator Pitt waren zusammen mit Präsident Hasan in eine Suite eingesperrt. Sie waren übel gelaunt, von Kopf bis Fuß mit Farbe bekleckert und zu müde, um Schlaf finden zu können. Ihre Hände waren mit Blasen übersät, und ihre Muskeln schmerzten nach der körperlichen Arbeit, auf die keiner von ihnen vorbereitet gewesen war. Und sie hatten Hunger.
Nach der hektischen Umgestaltung des äußeren Erscheinungsbilds des Luxusliners, und seit sie Uruguay verlassen hatten, hatten die Entführer ihnen keinerlei Nahrungsaufnahme gestattet. Die einzige Flüssigkeit, die ihnen zur Verfügung stand, kam aus dem Wasserhahn im Badezimmer. Die Lage wurde durch ständig fallende Temperaturen noch verschlimmert. Keinerlei Wärme kam durch die Ventilatoren.
Präsident Hasan lag ausgestreckt auf einem der Betten. Er litt an einem chronischen Bandscheibenleiden, und die Anstrengung der zehn Stunden ununterbrochenen Bückens und Streckens hatte ihm quälende Schmerzen eingebracht, die er stoisch ertrug.
Hala und der Senator bewegten sich kaum. Hala saß, den Kopf in die Hände gestützt, am Tisch. Selbst in ihrem erschöpften Zustand wirkte sie gelassen und war wunderschön.
Senator Pitt hatte sich auf einer Couch ausgestreckt und starrte nachdenklich einen Lichtpunkt an der Decke an. Nur das gelegentliche Blinzeln seiner Augen verriet, daß er noch lebte.
Schließlich hob Hala den Kopf und sah ihn an. »Wenn wir doch nur etwas unternehmen könnten«, sagte sie leise. Es war kaum ein Flüstern.
Der Senator kämpfte sich mühsam in eine sitzende Position hoch. Für sein Alter war er noch gut in Form. Zwar tat ihm jede Faser seines Körpers weh, aber sein Puls ging so gleichmäßig wie der eines zwanzig Jahre jüngeren Menschen.
»Dieser Teufel mit der Maske hat alles genau durchdacht«, sagte er. »Er gibt uns nichts zu essen, damit wir schwach bleiben; er hat uns, so gut es ging, getrennt, damit wir nicht kommunizieren und einen Gegenschlag planen können; und weder er noch seine Terroristen haben zwei Tage lang persönlichen Kontakt zu uns aufgenommen. Alles Berechnung, um uns zu isolieren und in einem Zustand der Hilflosigkeit zu lassen.«
»Können wir nicht wenigstens versuchen, hier herauszukommen?«
»Am Ende des Ganges steht wahrscheinlich ein Wachposten, der nur darauf wartet, den ersten, der durch eine Tür bricht, umzulegen. Und selbst wenn wir vorbeikämen, wo sollten wir hin?«
»Vielleicht könnten wir ein Rettungsboot stehlen«, schlug Hala verzweifelt vor.
Der Senator schüttelte den Kopf und lächelte. »Für einen solchen Versuch ist es zu spät. Das geht nicht mehr, seit die Gruppe der Entführer durch die Mannschaft dieses mexikanischen Frachters auf die doppelte Anzahl angewachsen ist.«
»Nehmen wir mal an, wir brechen ein Fenster heraus und hinterlassen eine Spur von Möbeln, Bettzeug und was wir sonst noch rausschmeißen können«, beharrte Hala.
»Genausogut könnten wir eine Flaschenpost losschicken. Die Strömung hätte sie bis zum Morgen hundert Kilometer abgetrieben.« Er hielt inne und schüttelte den Kopf. »Die Suchmannschaften würden sie nie im Leben rechtzeitig aufspüren.«
»Sie wissen doch so gut wie ich, Senator, daß niemand nach uns sucht. Die Welt draußen glaubt doch, unser Schiff sei mit Mann und Maus untergegangen und wir alle seien tot. Inzwischen hat man die Suche sicher eingestellt.«
»Ich kenne einen Mann, der nie aufgeben würde.«
Sie warf ihm einen fragenden Blick zu. »Wen?«
»Meinen Sohn Dirk.«
Hala stand auf, hinkte zum Fenster hinüber und starrte mit leeren Augen gegen die Fiberglasplatte, die ihr die Sicht aufs Meer versperrte. »Sie müssen sehr stolz auf ihn sein. Er ist ein tapferer, kluger Mann, aber er ist
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