Das Alexandria-Komplott
Regierungsvertretern zu unterhalten, und keinem war es gelungen, durch seine Armee von Leibwächtern zu ihm vorzudringen.
Nichols hatte während einer zweijährigen Dienstzeit im Peace Corps in Peru Spanisch gelernt und konnte die Berichte mühelos lesen.
Jetzt zog er einen Block heran und fing an, eine Liste mit Forderungen und Erklärungen zu erstellen, die während der Unterhaltungen ans Licht gekommen waren.
1. Topiltzin beschreibt sich selbst als einen Mann, der aus allerärmsten Verhältnissen stammt. Wurde in einer Papphütte am Rande der wuchernden Müllhalden von Mexico City geboren. Kennt weder Tag noch Monat oder Jahr seiner Geburt. Irgendwie überlebte er und lernte, sich inmitten des Gestanks, der Fliegen, des Drecks und Unrats, der Hungrigen und Heimatlosen zu behaupten.
2. Nimmt keinerlei Bezug auf eine Ausbildung. Lebenslauf zwischen Kindheit und seinem Auftreten als selbsternannter Hohepriester der archaischen Tolteken-Azteken-Religion ist unbekannt.
3. Behauptet, er sei die Reinkarnation von Topiltzin, dem Herrscher der Tolteken im zehnten Jahrhundert, der als der legendäre Gott Quetzalcoatl angesehen wird.
4. Politische Einstellung ist eine verrückte Mischung aus alter Kultur und Religion mit vagen Zügen einer autokratischen Ein-Mann-Regierung, ohne Mitwirkung von Parteien. Beabsichtigt, dem mexikanischen Volk gegenüber die Rolle des wohlwollenden Vaters anzunehmen. Ignoriert Fragen, wie er die am Boden liegende Wirtschaft wiederbeleben will. Lehnt jegliche Diskussion, wie er die Regierung umbilden will, wenn er an die Macht kommt, ab.
5. Enorm begabter Redner. Hat seine Zuhörerschaft mit traumwandlerischer Sicherheit im Griff. Macht sich nur in Aztekisch, mit Hilfe von Dolmetschern, verständlich. Diese Sprache wird noch von vielen Indianern in Zentralmexiko gesprochen.
6. Die Hauptanhänger sind fanatisch. Seine Popularität hat das Land wie eine Woge überflutet. Politische Analytiker prophezeien, daß er eine landesweite Wahl mit beinahe sechs Prozent Vorsprung gewinnen würde. Dennoch lehnt er es ab, sich an freien Wahlen zu beteiligen. Behauptet – vollkommen zu Recht –, daß die korrupte Führung auch nach einer verlorenen Wahl niemals die Regierung abgeben würde. Topiltzin erwartet, das Land durch landesweite Akklamation zu übernehmen.
Nichols setzte seine Pfeife im Aschenbecher ab und sah gedankenverloren einen Moment lang zur Decke. Dann fing er wieder an zu schreiben.
ZUSAMMENFASSUNG: Topiltzin ist entweder ein unglaublicher Ignorant, oder er ist enorm begabt. Ein Ignorant ist er, wenn er das wäre, was zu sein er vorgibt. Begabt, wenn hinter seiner Verrücktheit Methode steckte: ein Ziel, das nur er allein kennt.
Nichols überflog gerade erneut die Artikel und suchte nach einem Schlüssel zu Topiltzins Charakter, als das Telefon summte. Er nahm den Hörer ab.
»Der Präsident auf Leitung eins«, teilte ihm seine Sekretärin mit.
Nichols drückte auf den Knopf. »Ja, bitte, Mr. President.«
»Irgendwas Neues von Guy Rivas?«
»Nein, nichts.«
Am anderen Ende entstand eine Pause. Dann schließlich sagte der Präsident: »Er hatte vor zwei Stunden einen Termin mit mir. Ich mache mir Sorgen. Wenn er Schwierigkeiten hat, müßte sein Pilot uns inzwischen benachrichtigt haben.«
»Er ist nicht mit einem Flugzeug des Weißen Hauses nach Mexico City geflogen«, erklärte Nichols. »Aus Gründen der Geheimhaltung hat er einen Flug mit einer Linienmaschine, in der Touristenklasse, gebucht.«
»Verstehe«, bestätigte der Präsident. »Wenn Präsident De Lorenzo Wind davon bekommen würde, daß ich einen persönlichen Vertreter hinter seinem Rücken zur Opposition schicke und mit ihr Kontakt aufnehme, würde er das als Beleidigung ansehen und unsere Konferenz in Arizona in der nächsten Woche aus dem Terminkalender streichen.«
»Das war unsere größte Sorge«, versicherte Nichols.
»Hat man Sie vom Absturz der UN-Chartermaschine in Kenntnis gesetzt?« erkundigte sich der Präsident und wechselte das Thema.
»Nein, Sir«, erwiderte Nichols. »Ich habe nur die Nachricht erhalten, daß Hala Kamil überlebt hat.«
»Sie und zwei Mitglieder der Crew. Der Rest ist vergiftet worden.«
»Vergiftet?« stieß Nichols ungläubig hervor.
»Das jedenfalls behaupten die Untersuchungsbeamten. Ihrer Meinung nach hat der Pilot versucht, jeden an Bord befindlichen Menschen zu vergiften, bevor er mit dem Fallschirm über Island aus dem Flugzeug abgesprungen ist.«
»Der Pilot
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