Das Alexandria-Komplott
und studierte die nicht näher bezeichneten Linien. »Sie wollen, daß ich sie mit einem bekannten geologischen Ort zur Deckung bringe?«
»Wenn Sie das können«, bestätigte Pitt.
»Ist nicht viel, worauf man sich stützen kann. Was soll das darstellen?«
»Eine Küste und einen Fluß.«
»Wann wurde das gezeichnet?«
»Im Jahre 391 nach Christus.«
Yaeger warf Pitt einen amüsierten Blick zu. »Genausogut können Sie mich nach den Straßennamen von Atlantis fragen.«
»Programmieren Sie Ihre elektronischen Spielgefährten auf eine Projektion des Kurses, den das Schiff nahm, nachdem die Flotte Cartagena verlassen hatte. Sie können auch von der Lage des Wracks in Grönland rückwärts gehen. Ich habe die Position beigefügt.«
»Ihnen ist doch klar, daß der Fluß vielleicht gar nicht mehr existiert.«
»Der Gedanke ist mir schon gekommen.«
»Ich brauche die Zustimmung des Admirals.«
»Die haben Sie gleich morgen früh auf dem Tisch.«
»Na gut«, gab Yaeger trübsinnig zurück. »Ich tue mein Bestes. Bis wann brauchen Sie's?«
»Bleiben Sie so lange dran, bis Sie ein handfestes Ergebnis haben«, erwiderte Pitt, »ich bin eine Weile nicht in Washington. Übermorgen rufe ich an, um zu hören, wie Sie vorankommen.«
»Darf ich eine Frage stellen?«
»Klar.«
»Ist das hier tatsächlich wichtig?«
»Ja«, sagte Pitt langsam. »Ich glaube schon. Vielleicht wichtiger, als Sie und ich es uns überhaupt vorstellen können.«
23
P itts Vater öffnete die Haustür seines im Kolonialstil erbauten Hauses in der Massachusetts Avenue in Bethesda, Maryland. Er trug eine ausgebleichte Khakihose und einen ausgebeulten Pullover. Der ›Sokrates des Senats‹ war für seine teuren und ausgesuchten Anzüge berühmt, in deren Knopfloch normalerweise eine gelbe kalifornische Mohnblüte prangte. Abseits der Öffentlichkeit jedoch kleidete er sich wie ein Rancher, der draußen im Freien kampierte.
»Dirk!« rief er voller Freude und nahm seinen Sohn in die Arme. »In letzter Zeit sehe ich dich viel zuwenig.«
Pitt legte den Arm um die Schultern des Senators, und nebeneinander betraten sie das getäfelte Arbeitszimmer mit Bücherregalen an den Wänden, die bis zur Decke reichten. Im Kamin, unter dem aus Teakholz geschnitzten Rauchfang, flackerte ein Feuer.
Der Senator führte seinen Sohn zu einem Sessel und ging zur Bar.
»Einen trockenen Martini mit Bombay Gin, stimmt's?«
»Für Gin ist es etwas kühl. Wie wär's mit einem Jack Daniels pur?«
»Jeder vergiftet sich, so gut er kann.«
»Wie geht's Mom?«
»Im Augenblick macht sie in einem sündteuren Bad Urlaub, auf einer Schönheitsfarm in Kalifornien. Ihr alljährlicher persönlicher Kreuzzug gegen das Übergewicht. Übermorgen kommt sie zwei Pfund schwerer zurück.«
»Die gibt niemals auf.«
»Es macht sie glücklich.«
Der Senator reichte Pitt einen Bourbon und goß sich ein Glas Portwein ein. Dann prostete er seinem Sohn zu. »Auf eine erfolgreiche Reise nach Colorado.«
Pitt trank nicht. »Wer hatte eigentlich die ausgefallene Idee, mich in den Skiurlaub zu schicken?«
»Ich.«
Pitt nahm ruhig einen Schluck Jack Daniels und sah seinem Vater in die Augen. »Was hast du für ein Interesse an den Artefakten der Bibliothek von Alexandria?«
»Ein recht großes, wenn sie tatsächlich existieren.«
»Sprichst du als Privatmann oder als Repräsentant des öffentlichen Lebens?«
»Als Patriot.«
»Na gut«, seufzte Pitt. »Dann rück mal damit raus. Aus welchem Grund sind klassische Kunst, Literatur und der Sarg Alexanders so lebenswichtig für die Interessen der Vereinigten Staaten?«
Der Senator erklärte: »Das Allerwichtigste des Inventars sind die Karten, auf denen geologische Fundstätten der Alten Welt verzeichnet sind. Die ehemaligen Goldminen der Pharaos, die vergessenen Smaragdminen Cleopatras; das Land Punt, von dem zwar Berichte existieren, das aber vollkommen geheimnisvoll geblieben ist und das für seinen Reichtum an Silber, Antimon und ungewöhnlich grün schimmerndem Gold berühmt war. – Orte, die vor zwei- oder dreitausend Jahren bekannt waren, die aber im Laufe der Zeit in Vergessenheit geraten sind. Dann war da noch das geheimnisvolle Land Ophir und sein weithin bekannter Reichtum an wertvollen Mineralien. Die genaue Lage dieses Landes ist immer noch ein unaufgedecktes Geheimnis. Die Bergwerke König Salomos, Nebukadnezars von Babylonien und von Sheba, der Königin von Saba, deren geheimnisvolles Reich heute nur noch aus der
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