Das Allheilmittel - Valoppi, J: Allheilmittel
musste versprechen, niemandem davon zu erzählen.«
»Na ja, weißt du, ich hatte heute Nachmittag ein paar Anrufe deswegen und kam mir wie ein Idiot vor, weil ich nicht den leisesten Schimmer hatte, was vor sich ging. Es gibt Leute, die finden, dass du damit ein sehr ernstes Risiko eingehst.«
»Ach was. Zufällig Leute aus der Pharmaindustrie? Ehrlich, Robert, ich weiß, dass du nicht so naiv bist. Wir haben heute die gesamte Gesundheitsindustrie erschüttert. Natürlich sind die Bosse der Branche außer sich.«
»Es gibt durchaus berechtigte Bedenken.«
»Meine Bedenken gelten dem Umstand, dass ich wettbewerbsfähig bleiben muss, und diese Sache hat mich so gut wie unantastbar gemacht – falls es nicht genug für dich ist, dass die Welt von Krebs befreit wird! Wir hatten Anrufe von überall – von sämtlichen Zeitungen und unzähligen Magazinen. Jeder Sender war den ganzen Tag an der Geschichte dran.«
»Ich will nur, dass du vorsichtig bist. Wie viel weißt du wirklich über diesen Mann? Was, wenn er ein Schwindler ist? Bist du bereit, für ihn ins Gefängnis zu gehen, falls er aus der Stadt flieht?«
»Pass auf, ich gebe zu, dass ich nicht allzu erfreut über die Entscheidung des Richters war, aber was hätte ich denn tun sollen? Ich hatte keine Ahnung, dass er ihn auf meine Verantwortung entlassen würde.«
Helene holte tief Luft. »Warum findest du nicht heraus, wer er ist?«
»Das habe ich vor.«
»Gut. Du kannst gleich heute Abend damit anfangen. Er kommt zum Essen her.«
Justin hatte nicht vor, das lange Schweigen zu brechen, das darauf folgte.
Doch Madeline tat es. »Mr. Morgan«, sagte sie, »Ms. Cummings kennt jemanden, der mit Toten redet. Vielleicht könnten Sie ihn einsetzen, um diesen Mordfall zu lösen.«
Robert lachte. »Ja, das käme beim Polizeichef sicher sehr gut an.«
»Er hat schon öfter mit der Polizei zusammengearbeitet«, warf Helene ein. »Dieser Mann ist ebenfalls kein Scharlatan.«
Als Robert wieder das Wort ergriff, klang seine Stimme sanfter. »Es spielt keine Rolle mehr. Dieser Handwerker hat ein Geständnis abgelegt.«
»Wirklich?«, erwiderte Helene.
»In diesem Fall hat sich mein Gefühl wohl geirrt. Wie seid ihr überhaupt auf das Thema gekommen? Auf Leute, die mit Toten reden?«
»Justin glaubt, einen Geist zu sehen«, sagte Helene.
»Oh, prima. Gib doch gleich ein Inserat in der Zeitung auf, um der Welt mitzuteilen, dass du einen psychotischen Sohn hast!« Das war einfach zu viel.
Robert musterte ihn eindringlich. »Ich habe reichlich Erfahrung mit psychotischen Menschen, und du bist definitiv keiner. Was ist denn passiert?«
»Ich hatte einen verrückten Traum, und ich ... ich ...«
»Du dachtest, er wäre real?«, half Robert.
Justin nickte.
»Das ist nicht wirklich ungewöhnlich. Ich selbst habe so lebhafte Träume, dass ich nach dem Aufwachen manchmal nicht sagen kann, ob sie wirklich geschehen sind oder nicht. Ich bin sicher, so kann es jedem gehen.«
»Ich wiederum bin sicher, dass es geschehen ist«, sagte Justin. Zu seiner Mutter fügte er hinzu: »Ich brauche also nicht mit diesem Medium zu reden, das du kennst.«
»Das ist wie die Quantenphysik«, meinte Madeline. »Tote existieren in einer anderen Dimension.«
»Aber warum soll man die Toten in Angelegenheiten der Lebenden befragen?«, erwiderte Justin.
Madeline blickte verwirrt drein.
»Meine Großmutter hat das oft gesagt. Es steht in der Bibel.« Justin hatte keine Ahnung, wie er darauf gekommen war.
»Was soll das alles?«, wollte seine Mutter wissen. »Bist du in einer Sekte?«
95
Helene lehnte sich gegen die Arbeitsfläche, als Robert zum Kühlschrank ging und seine Flasche Wodka aus dem Gefrierfach holte. Die beiden Jugendlichen warteten im Esszimmer.
»Weißt du, Helene, manche Eltern wären froh, würden ihre Sprösslinge in der Bibel lesen«, sagte er, während er ihre Gläser auffüllte.
»Tja, ich gehöre nun mal nicht zu diesen Eltern«, erwiderte Helene.
»Vielleicht macht er es gerade deshalb.«
Sie trank einen Schluck, holte tief Luft und wusste, dass er Recht hatte. »Er war schon immer ein Rebell. Es ist bestimmt nur eine Phase.«
Robert küsste sie. Helene mochte seine Lippen.
»Was hältst du davon, wenn ich morgen einen Tisch im 21 reserviere, damit wir feiern können, dass du dir keine Sorgen wegen deiner Sendung mehr zu machen brauchst?«
»Klingt toll«, erwiderte Helene. »Das machen wir.«
Der Pförtner rief an, um Dr. Viviees Ankunft anzukündigen,
Weitere Kostenlose Bücher