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Das Alphabethaus - Adler-Olsen, J: Alphabethaus

Das Alphabethaus - Adler-Olsen, J: Alphabethaus

Titel: Das Alphabethaus - Adler-Olsen, J: Alphabethaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jussi Adler-Olsen
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Glasflaschen mit den lebenserhaltenden Infusionen schwach gegen die Stahlgalgen. Sonst war es ganz still. Aber aus dem nächsten Wagen konnten sie deutlich Stimmen hören.
    James zwängte sich zwischen die beiden ersten Betten und beugte sich über den nächstliegenden Patienten, dessen Brustkorb sich fast unmerklich hob und senkte. Darauf drehte er sich um und legte das Ohr auf die Herzgegend des nächsten Patienten.
    »Was zum Teufel machst du da, James!«, protestierte Bryan so leise er konnte.
    »Los, wir müssen einen finden, der es hinter sich hat, aber beeil dich!«, sagte James, ohne ihn anzusehen, während er an Bryan vorbeiging.
    »Willst du etwa, dass wir uns in die Betten legen?« Entsetzen sprach aus Bryans Stimme.
    Der Blick, den James ihm zuwarf, war eindeutig. »Hast du vielleicht eine bessere Idee?«
    »James, die bringen uns um! Wenn nicht für den Pfleger, dann für das hier!«
    »Halt die Klappe, Bryan. Die bringen uns so oder so um,wenn sie uns entdecken.« Hastig richtete er den Leib auf dem nächsten Lager auf und zog dem Mann das Hemd über den Kopf. Dann ließ er ihn wieder zurückfallen, sodass die Arme des Mannes schlapp über die Bettkante hingen.
    »Hilf mir!«, sagte er im Befehlston, während er dem Toten die Kanüle aus dem Arm zog und die Klebestreifen abriss. Der faulige Gestank ließ Bryan nach Luft schnappen.
    Dann schob James Bryan den Oberkörper des Toten so weit entgegen, dass Bryan danach greifen musste. Die Haut des Toten war übel zugerichtet und kühl, aber nicht kalt. Bryan hielt die Luft an, um den Brechreiz zu unterdrücken, und als sich James mit aller Kraft an den Haken des nächsten Fensters zu schaffen machte, sah er weg.
    Durch das halb offene Fenster strömte eiskalte Luft in den Wagen. Bryan wurde schwindlig.
    James drehte den toten Körper etwas, hob den linken Arm, warf einen Blick in die Achselhöhle und dann auf das Gesicht des Toten. Er war kaum älter als sie.
    Mit vereinten Kräften gelang es ihnen, den Toten aus dem Fenster zu schieben. Als Bryan sah, wie der Körper das dünne Eis des Entwässerungskanals neben den Gleisen durchbrach, wurde ihm bewusst, was gerade geschehen war.
    Jetzt gab es kein Zurück mehr. Sie hatten ihre Unschuld vollends verloren.
    Rasch wandte sich James dem Verletzten im Nachbarbett zu, nahm dessen Arm und griff nach dem Puls. Dann wiederholte er die Prozedur und kippte den Mann vornüber.
    Wortlos nahm Bryan den Körper entgegen und zog die Decke auf den Fußboden. Auch dieser Mann trug keinen Verband. Er war etwas kleiner und kompakter als der andere.
    »Aber der ist ja gar nicht tot«, flüsterte Bryan und zog den warmen Körper an sich, während James den Arm nach hinten bog und in die Achselhöhle starrte.
    »Blutgruppe A positiv. Merk dir das, Bryan!« Zwei schwacheZeichen in der Achselhöhle zeigten die Arbeit des Tätowierers.
    »Was soll das heißen, James?«
    »Dass du ihm mehr ähnelst als ich und dass du deshalb von nun an die Blutgruppe A positiv hast. Ich übrigens auch. Allen S S-Soldaten wird ihre Blutgruppe auf die Innenseite des linken Oberarms tätowiert, und den meisten auf der rechten Seite das S S-Zeichen .«
    Bryan richtete sich auf. »Du bist verrückt! Die entdecken uns doch sofort!«
    James reagierte nicht. Er studierte die Krankenblätter an den beiden Betten. »Du heißt jetzt Arno von der Leyen und bist Oberführer. Ich bin Gerhart Peuckert. Merk dir das!«
    Bryan starrte James ungläubig an.
    »Oberführer! Ja, du hast richtig gehört!« James’ Gesicht war ernst. »Und ich bin Standartenführer! Wir haben es weit gebracht, Bryan!«
    Sekunden, nachdem sie sich auch ihrer Unterwäsche entledigt und sie auf demselben Weg entsorgt hatten wie die beiden Soldaten, konnten sie hören, dass sie ein Haus und also vermutlich einen Bahnübergang passierten.
    »Nimm die ab«, sagte James und deutete auf Bryans »Hundemarke«, die nun vier Jahre um seinen Hals gehangen hatte.
    Bryan zögerte. Da riss ihm James die Erkennungsmarke mit einem Ruck ab und warf sie zusammen mit seiner eigenen aus dem Fenster, das er dann schloss.
    »Und was ist mit Jills Halstuch?« Bryan deutete auf das Tuch mit dem gestickten Herzen, das James noch immer um den Hals trug. James reagierte nicht, sondern zog sich das Krankenhemd des Toten über den Kopf.
    Ohne eine Miene zu verziehen, legte sich James auf das schmutzige Bett. Er atmete schwer und starrte sekundenlang an die Decke, um sich zu sammeln. Dann flüsterte er, ohne den

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