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Das Alphabethaus - Adler-Olsen, J: Alphabethaus

Das Alphabethaus - Adler-Olsen, J: Alphabethaus

Titel: Das Alphabethaus - Adler-Olsen, J: Alphabethaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jussi Adler-Olsen
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Zufall war oder ob Gerhart tatsächlich wusste, wer er war.
    »Er nennt sich Bryan Underwood Scott«, fuhr Stich fort und lachte kurz auf, bevor er sich räusperte. »Ist das nicht komisch? Er ist in St. Ursula gewesen und hat mit der guten FrauRehmann nur Englisch gesprochen. Seltsam, oder? Findest du das nicht auch merkwürdig?«
    Kröner ging auf Peuckert zu und beugte sich zu ihm herunter, um sein Gesicht zu studieren. Darin war wie üblich keine Reaktion abzulesen. Sie mussten die Sache selbst in die Hand nehmen.
    »Ich fahre jetzt zu Petra«, sagte er und richtete sich auf.
    Peuckert riss die Augen auf.
    Der Alte ließ Peuckert nicht aus den Augen. »Ja. Und wenn du sie findest, Wilfried, sorgst du dafür, dass sie dir die Wahrheit erzählt, ja? Wenn du den Eindruck gewinnst, dass sie uns verraten hat, machst du sie kalt. Verstanden?« Jovial klopfte er Peuckert auf den Hinterkopf.
    »Und was ist mit dem Brief, mit dem sie uns immer gedroht hat?«
    »Was ist dir lieber, Wilfried, Pest oder Cholera? Wenn wir nichts unternehmen, hast du unter Garantie bald ein Problem! Und wenn du dich jetzt zusammenreißt und tust, was zu tun ist, dann   … tja, dann weiß auch keiner, was danach passiert.« Höhnisch sah Stich ihn an. »Das Ganze ist fast dreißig Jahre her, Wilfried! Wer soll denn ein Stück Papier nach so langer Zeit noch ernst nehmen? Und wer weiß, ob es wirklich existiert? Können wir der kleinen Wagner überhaupt trauen? Geh und tu, was ich sage. Verstanden?«
    »Du brauchst mir keine Befehle zu erteilen, Stich! Denken kann ich selbst!« Das war ein Irrtum. Kröner konnte nicht mehr klar denken. Ganz gleich, was sein Gespräch mit Petra ergeben würde, die Sachlage war verändert. Die Situation war neu und unbeständig und unvereinbar mit der Geborgenheit, die sein Alltag forderte. Er verließ das Wohnzimmer und wandte sich noch einmal nach Gerhart Peuckert um. In sich zusammengesunken saß er auf dem Sofa und quittierte Stichs kameradschaftlichen Griff mit bebenden Lippen. Sein Blick war leer und müde.
    Als Kröner sich den Hut aufsetzte, bemerkte er aus dem Augenwinkel, wie Stich sich bewegte. Dann sah er gerade noch, wie Stich seinem hilflosen Opfer einen Schlag gegen die Schläfe verpasste. Peuckert fiel zu Boden und hielt sich verängstigt beide Hände vors Gesicht.
    »Was will Arno von der Leyen von dir? Bist du nutzloses Etwas vielleicht doch etwas wert?«, schrie er ihn an und trat ihn so heftig, dass es in seinem eigenen Knie hörbar knackte. Der Alte stöhnte auf und betrachtete den zusammengekrümmt am Boden liegenden Peuckert mit kaltem Blick. »Was hat dieses Schwein mit dir zu tun, verdammt noch mal?«
    Kröner sah Peuckerts Gesicht. Darin spiegelte sich eher Überraschung als Flehen. Stich schnaubte. »Wie kommt es, dass dieser Hurensohn fast dreißig Jahre im Ausland zugebracht und dich nicht vergessen hat? Das würde ich gerne wissen! Na, Gerhart, was sagst du? Willst du es Andrea und mir erzählen?« Ohne eine Antwort abzuwarten, trat er noch einmal zu. »Kannst du uns erzählen, was in drei Teufels Namen dieser sogenannte Bryan Underwood Scott von dir will?«
    Der Mann am Boden fing an zu schluchzen. Das war nichts Neues. Kröner hatte es zwar nie mit eigenen Augen gesehen, wusste aber, dass dieser Schwall unartikulierter Laute Stich so zur Weißglut treiben konnte, dass er womöglich noch einmal und noch härter zuschlagen würde. Kröner ging zurück ins Wohnzimmer und packte Stich bei der Schulter. Der Blick des Alten verriet, dass sein Einschreiten nicht nötig gewesen wäre. Stich wusste selbst, dass es reichte. Die Zeit wurde knapp. Er musste sich beruhigen.
    Völlig ungerührt schenkte Andrea Stich ihrem Mann einen wohlriechenden, glasklaren Schnaps ein. Er leerte das Glas in einem Zug und setzte sich dann in aller Seelenruhe auf den abgenutzten Stuhl vor seinem Sekretär. Er stützte das Kinn auf und begann nachzudenken.
    Andrea löschte im Esszimmer das Licht. Peuckert rappeltesich mühevoll auf und folgte ihr. Stillschweigend setzte er sich im Dunkeln an seinen Platz. Vor ihm stand ein kleiner Teller mit vier gebutterten Keksen. Er liebte diese gebutterten Kekse.
    Doch er rührte sie nicht an. Er legte die Handgelenke auf die Tischkante und fing an, mit dem Oberkörper vor- und zurückzuschaukeln. Erst kaum merklich. Dann immer heftiger.
    Kröner schob seinen Hut zurecht und ging.

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    GERHART PEUCKERT HATTE sich angewöhnt, die Schmerzen wegzuschaukeln   – vor und

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