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Das Alphabethaus - Adler-Olsen, J: Alphabethaus

Das Alphabethaus - Adler-Olsen, J: Alphabethaus

Titel: Das Alphabethaus - Adler-Olsen, J: Alphabethaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jussi Adler-Olsen
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errötet.
    Träger Vonnegut, der mit der eisernen Faust, hatte wie üblich in der Zeitung erst die Verlustlisten studiert und sich dann dem winzigen Kreuzworträtsel zugewandt. Immer, wenn einWort nicht so wollte wie er, knallte er seine stählerne Prothese auf den Tisch.
    Vonnegut hatte die Männer mehr oder weniger sich selbst überlassen. Den ganzen Tag war die Stimmung miserabel gewesen.
    Zwischen Petra und der Oberschwester herrschte Eiszeit.
    Gegen Abend wurde Petra von der Oberschwester unter dem Vorwand in eine andere Abteilung geschickt, sie solle einigen Aspiranten assistieren. Dass sie Petra damit den freien Abend vermasselte, war reine Schikane.
    Wie hätte James die rebellische junge Schwester in den flachen Schuhen, der grauen Schwesterntracht mit weißer Schürze nicht liebenswert finden sollen?
    James sah ihr voller Sympathie zu, und als sie sich zum wiederholten Mal bückte und in den Kniekehlen kratzte, wo sie die schwarzen Wollstrümpfe am meisten störten, lächelte er. In dem Moment drehte sie sich um und entdeckte seinen Blick.
    Da errötete sie.
     
    Kröner, der Pockennarbige im Bett nebenan, fing an, sich unruhig zu bewegen, er würde bald aufwachen. »Verreck doch im Schlaf, du elendes Schwein!«, flüsterte James lautlos und zwang sich, weiter an Petra zu denken. In diesem Augenblick lag sie bestimmt in ihrem Mansardenzimmer über ihnen. Vielleicht träumte sie von seinem Blick. So, wie er von dem Blick träumte, mit dem sie seinen erwidert hatte. Vielleicht wäre es James ohne diesen Blick besser gegangen. Jung zu sein und voller Begehren, das war verdammt schwer.
    Er hielt die Augen fast geschlossen. Da flimmerte in der Dunkelheit das Bild Kröners über seine Netzhaut, der sich umgedreht hatte und ihn musterte. Vorsichtig schloss James die Augen ganz und wartete auf das Flüstern.
    Der Albtraum hatte sich vor gut zwei Monaten spät nachts zugetragen. Er war von den raschen und energischen Schrittender Nachtschwester aufgewacht. Kurze Zeit später war sie über den Korridor in Richtung Personaltoiletten hinten bei der Treppe zum Hof gegangen. Aber direkt vor ihm schwankte eine Silhouette auf das Kopfende des Nachbarbetts zu. James sah ein Zucken am Fußende des Bettes, während sich der Schatten mit dem Kopfkissen im Nachbarbett zu schaffen machte. Dann war die schattenhafte Gestalt schnell zum anderen Ende des Raums gegangen und hatte sich dort ins Bett gelegt.
    Am nächsten Morgen weckte Vonnegut sie wie üblich, indem er mit seiner Prothese gegen die Bettenden klopfte. Der Patient in James’ Nachbarbett war tot. Sein Gesicht war blau angelaufen, die Zunge hing ihm vulgär und grotesk aus dem offenen Mund. Die Augen schienen aus dem Kopf zu quellen, sie zeigten einen verzweifelten Ausdruck.
    Später hieß es, der Mann habe immer Essensreste unter dem Kopfkissen versteckt gehabt, und nun sei er an einer Fischgräte erstickt. Der Assistenzarzt Holst schüttelte den Kopf, und die Oberschwester flüsterte ihm etwas ins Ohr. Dr.   Holst steckte die Fäuste in die Taschen seines Kittels. Vonnegut, der ihm Fragen stellte, fertigte er kurz ab, dann sorgte er dafür, dass die Träger die Leiche wegschafften, ehe die Sicherheitsleute und der Oberarzt dem Pflegepersonal der Abteilung Probleme machen konnten.
    James war in jener Nacht Zeuge eines Mordes geworden.
    Als die Krankenpfleger das Bettzeug des Toten wechselten, hoben mehrere Patienten den Kopf und sahen zu.
    Um die Mittagszeit verließ ausgerechnet der Patient sein Bett, welcher nachts als Schatten sein Unwesen getrieben hatte.
    Er kam auf James zu und legte sich in das frisch bezogene Nachbarbett. Es handelte sich um den pockennarbigen Mann, der James die Idee streitig gemacht hatte, dem Pflegepersonal zur Hand zu gehen. Als die Schwestern mit dem Mittagessen kamen und ihn entdeckten, wurde er trotz weinerlichen Protestesunerbittlich zurück in sein Bett gebracht. Doch sobald sie ihm den Rücken zukehrten, legte sich der Mann wieder in das Bett neben James. Er zog die Decke bis unters Kinn und hielt sie ganz fest. Erst wenn er sich in diesem Bett befand, wurde er ruhig. Nachdem sich dieser Auftritt etliche Male wiederholt hatte, gab man auf und ließ ihn liegen, wo er war.
    James’ neuer Bettnachbar hieß Kröner und war ein Mörder.
    James begriff das alles nicht. In den ersten Nächten konnte er vor lauter Angst überhaupt nicht schlafen. Was auch immer das Motiv dieses Verrückten gewesen war   – wenn er überhaupt eins gehabt

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