Das Alte Aegypten
jedoch stets voran, vollzieht die zentralen Handlungen und erscheint größer. Nie steht die Große Königliche Gemahlin im Mittelpunkt, ganz selten wird sie alleine abgebildet. Regelmäßig wurden die Söhne aus ihrer Verbindung mit dem Pharao auch die Thronfolger.
Außer mit seiner Hauptgemahlin konnte der König auch Kinder mit anderen Königsgemahlinnen zeugen. Sie lebten im Harem, in den sie nicht selten aus diplomatischen Gründen gelangt waren – freundschaftliche Gesten ausländischer Herrscher, die an guten Beziehungen interessiert waren und ihre Töchter aus diesem Grund nach Ägypten schickten. Nie jedoch gab es den umgekehrten Fall.
Als dritter Typus von „Königin“ beschließt die Königsmutter die kurze Übersicht. Auch sie wurde mit dem König auf Abbildungen verewigt.
Harem
Auf das arabische haram, „verboten“, geht die moderne Bezeichnung des königlichen Haushalts als „Harem“ zurück. Zu ihm zählten die Große Königliche Gemahlin, die Königsgemahlinnen, die Königskinder, gelegentlich auch junge ausländische Gefangene und umfangreiches Personal. Mindestens seit dem Neuen Reich war er in eigenen Palastflügeln oder Villen untergebracht. Er stellte einen nicht zu unterschätzenden Machtfaktor dar. In wenigstens drei Fällen (Pepi I., Amenemhat I., Ramses III.) hatten Haremsverschwörungen die Ermordung des Herrschers zum Ziel
.
Gebieterin der beiden Länder
Ein eigenes Wort für „Königin“ existierte nicht in der altägyptischen Sprache, selbst eigene, vom Pharao unabhängige Titel bürgerten sich erst im Mittleren Reich ein. „Große der Beliebtheit“ und „Gebieterin der beiden Länder“ gehörten ebenso dazu wie „Priesterin des Gottes NN“ oder „Gottesgemahlin“. Auf Abbildungen waren die Königinnen an ihrem speziellen Kopfschmuck zu erkennen, der aus der Geierhaube, dem Uräus (siehe S. 152), oder der Doppelfederkrone bestehen konnte. Der charakteristische Kopfschmuck der Nofretete, Große Königliche Gemahlin des Pharaos Echnaton, eine Plattformkrone, war nur kurze Zeit in Gebrauch. Ägyptische Königinnen spielten politisch nur dann eine Rolle, wenn sie die Vormundschaft für den unmündigen Thronfolger übernahmen.
„Die Große Königliche Gemahlin, Herrin der zwei Länder, sie die reich ist an Charme, Süße der Liebe, Herrin von Unter- und Oberägypten, Nefertari, die von Mut geliebte Schönste neben Osiris, der im Westen ist.“ So lautet der Text neben der opfernden Königin Nefertari, der Lieblingsfrau Ramses’ II., auf einer Wand ihres Grabes im Tal der Königinnen
.
(c) Interfoto, München
Ein weiblicher König
Hatschepsut (um 1473-1458 v. Chr.)
Die Halbschwester und Große Königliche Gemahlin Thutmosis’ II., Hatschepsut, hatte ihm nur zwei Töchter geboren. Also wurde sein Sohn von Isis, einer Nebenfrau, zu seinem Nachfolger, als er, etwa 30-jährig, 1479 v. Chr. starb. Da Thutmosis III. zu dieser Zeit noch ein Kind war, übernahm Hatschepsut, die Königswitwe, die Regentschaft. Doch ihr reichte das anscheinend nicht aus. Schon beim übernächsten Opet-Fest ergriff sie die Gelegenheit beim Schopfe und ließ sich durch ein gezinktes Orakel zum König ausrufen. Eine Frau auf dem Thron der Pharaonen? Das war nichts Neues. Aber gleich zwei Könige zur gleichen Zeit, das war ein Skandal.
Tochter eines Gottes
Durch ihre Mutter war sie wahrscheinlich eine Nachfahrin des Reichseinigers Ahmose (1550-1525) und fühlte sich daher als rechtmäßige Erbin des Throns. Zusätzlich verbreitete sie, Gott Amun selbst sei ihr Vater, habe sie in Gestalt ihres Vaters, Thutmosis’ I. (1504-1492), gezeugt. Um den Hof zu beruhigen, machte sie ihren Stiefsohn zum Mitregenten. Geschickt versammelte sie Männer um sich, die ihr völlig ergeben waren, darunter auch Senenmut, der zur „grauen Eminenz“ und zum Erzieher ihrer Tochter Neferure wurde. Trotz seiner mehr als 80 Amts- und Ehrentitel fiel er noch während ihrer Herrschaft in Ungnade, sein Ende ist unbekannt. Senenmut ist auch die Leitung des Baus ihres Totentempels in Deir el-Bahari zuzuschreiben. Fein gearbeitete Reliefs auf seinen Wänden erzählen Episoden aus der Regierungszeit der Königin: Von den Handelsexpeditionen, die sie nach Punt, Byblos und in den Sinai schickte sowie von den beiden riesigen Granitobelisken, die man in ihrem Auftrag in den Steinbrüchen Assuans brach und zum Hauptheiligtum Amuns nach Karnak transportierte, das ihrem Tempel genau gegenüber lag.
Deir el-Bahari
In dem zum Nil
Weitere Kostenlose Bücher