Das Alte Aegypten
nicht nur gegrüßt, sondern konnte sich glücklich schätzen, viele Hände zu haben, die ihn in der Landwirtschaft oder seine Frau im Haus unterstützen konnten. Er musste sich keine Sorgen machen, sollte er alt und krank werden, viele Kinder versprachen einen guten Lebensabend. Am wichtigsten war es jedoch, dass der Totendienst gesichert schien, das Opfern am Grab und die notwendigen Rituale. Kinderlose Paare hatten die Möglichkeit, ein Waisenkind zu adoptieren und sich auf diese Weise das ewige Leben zu sichern.
Ägyptische Frauen brachten ihre Kinder im Stehen oder Hocken zur Welt. Sie gaben ihnen gleich einen Namen, denn er war für das Überleben genauso von Bedeutung wie der Ka und der Ba (siehe S.100), gehörte zum Menschen wie sein Schatten. Bis zum Alter von drei Jahren wurde ein Kind von der Mutter oder – in wohlhabenden Kreisen – von einer Amme gestillt, schützte die Muttermilch doch vor Infektionen. Aus Grabmalereien ist bekannt, dass Knaben beschnitten wurden – ob dies jedoch gängige Praxis war und zu einem festen Zeitpunkt üblich, wissen wir nicht. Bekleidet waren Jungen wie Mädchen oft nur mit einem Amulett, das gegen alles Übel helfen sollte. Nacktheit war nicht verpönt, sondern zumindest in den langen Sommern sinnvoll. Spätestens mit Eintritt der Pubertät änderte sich das, die Jungen bekamen Lendenschürze, die Mädchen trugen die in der Größe angepasste Kleidung ihrer Mütter. An der Haartracht war zu erkennen, ob die Geschlechtsreife bereits eingesetzt hatte: Eine seitlich am Kopf herabhängende Haarlocke mit einem fischförmigen Amulett an ihrem Ende, das gegen das Ertrinken vorbeugen sollte, wies die Träger als vorpubertär aus. Dieses Symbol der Jugend nutzten Künstler genauso wie den am rechten Mundwinkel gehaltenen Zeigefinger, um von ihnen dargestellte Personen als Kinder zu kennzeichnen.
Namensgebung
Da ein Kind erst existierte, wenn ihm ein Name gegeben wurde, verlor man damit nach der Geburt keine Zeit. Die Wahl blieb der Mutter überlassen. Bei der Namensgebung gab es viele Möglichkeiten: Der Beruf des Vaters, ein Tier, einen Festtag oder einen Gott konnte sie anklingen lassen. Beliebt waren auch Ausrufe der Freude („schöner Tag“ oder „die ich gewünscht habe“) und natürlich der Name des regierenden Königs. Da der Name für das Überleben des Menschen auch im Jenseits essentiell war, bedeutete dessen Vernichtung, etwa die Tilgung aus der Grabinschrift, den Verlust des Andenkens und der Existenz des Namensgebers
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Zeit zum Spielen
Ägyptische Kinder mussten, solange sie nicht aus wohlhabenden Familien stammten, ihren Eltern schon von jungen Jahren an zur Hand gehen, bei der Feldarbeit, in der Ausübung eines Handwerks oder im Haushalt. Die Söhne von Schreibern und Beamten lernten zwischen dem 5. und 10. Lebensjahr Lesen und Schreiben, auch der Armeedienst begann früh. Trotzdem blieb für gewöhnlich genug Zeit zum Spielen. Es gab bemalte Holzpuppen mit beweglichen Gliedern, Stoffpuppen mit Perücken und passenden Kleidungsstücken, aber auch hölzerne Tierfiguren, bei denen sich Teile bewegten, wenn man an einer Kordel zog. Bekannt waren auch das Kegelspiel, Kreisel und Bälle, die aus Holz geschnitzt sein konnten oder aus Lederstreifen, Leinen oder Schilf zusammengenäht und ausgestopft waren. Doch es ging auch ganz ohne Spielzeug: Gleichgewichtsspiele, Turnübungen, Bockspringen oder Tauziehen kanalisierten damals wie heute den kindlichen Bewegungsdrang.
Die Ägypter stellten für ihre Kinder aufwändige Tierfiguren mit beweglichen Gliedmaßen her, die man hinter sich herziehen konnte. So zum Beispiel dieses katzenähnliche Wesen aus Holz mit Kristallaugen und einem beweglichen, mit Bronzezähnen besetzten Kiefer. Es stammt aus Theben und ist über 3000 Jahre alt
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(c) dpa/picture alliance, Frankfurt am Main
Schönheit und Macht
Nofretete (um 1380–1340 v. Chr.)
Aton hatte aufgehört zu strahlen, die alten Götter und an deren Spitze Amun (siehe S. 68) wurden wieder inthronisiert, niemand benötigte mehr eine abgelegene Hauptstadt in einem staubigen Tal, als im zweiten Regierungsjahr des Tutanchamun (1336-1327) der Befehl erging, die Regierung des Landes wieder nach Memphis zu verlegen. Achetaton (moderner Name: Amarna) wurde überstürzt geräumt, mehr als 25000 Einwohner umgesiedelt. Die Gebäude wurden zerstört, das Baumaterial im nahen Hermopolis wieder verwendet. Es ging alles sehr schnell, so schnell, dass man vergaß, Hunde von den
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