Das Alte Aegypten
Ketten zu nehmen und das Vieh aus den Ställen zu treiben. Selbst wichtige Archive wurden nicht geräumt, in Bildhauerwerkstätten blieben die Modelle des nun verfemten alten Pharaos und seiner Familie zurück. Welch unerhörtes Glück für die Nachwelt, denn nur so konnte Ludwig Borchardt 1912 das schönste Kunstwerk entdecken, dass die ägyptische Kunst wohl hervorgebracht hat, die Büste Nofretetes.
Hauptwerk der Bildhauerkunst
Die aus bemaltem Kalkstein und Gips gefertigte Plastik stellt die Große Königliche Gemahlin König Echnatons dar, nicht in der Art der typischen Bildnisse der frühen Amarna-Zeit mit ihren unrealistischen Proportionen und den expressiven Gesichtszügen, sondern einem zeitlosen Schönheitsideal folgend. Sie trägt eine hohe Krone mit Diadem und Uräus-Schlange sowie einen aufwändigen Halskragen. Das linke Auge war vermutlich nie vorhanden, denn es handelte sich um ein Werkstattmodell. Heute gilt sie wegen ihres aktuellen Standorts als berühmteste „Berlinerin“, eine Folge der Übereignung an den preußischen Staat durch einen Mäzen, der die Grabungen finanziert hatte und dem hierfür durch den ägyptischen Staat ein Teil der Funde zugesprochen wurde.
Ägyptisches Museum in Kairo
Am verkehrsreichen Freiheitsplatz liegt das einst modernste Museum der Welt, das Ägyptische Museum in Kairo. Der 1858 zum ersten Direktor der Ägyptischen Altertümerverwaltung ernannte französische Ägyptologe Auguste Mariette (1821-1881) gründete in einem Kairoer Vorort das erste Museum, das 1902 in den heutigen, neoklassischen Bau umzog. Höhepunkt der größten und bedeutendsten Sammlung ägyptischer Altertümer, die mehr als 150 000 Objekte umfasst, ist der Grabschatz Tutanchamuns
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Dürftige Fakten
Bereits als Echnaton (1352-1336), damals noch Amenophis IV., den Thron bestieg, war Nofretete seine Frau. Ihre Herkunft liegt im Dunkeln. Manche Forscher sehen in ihr eine mitannische Prinzessin, eine Hypothese, die im Wesentlichen durch ihren Namen „Die Schöne ist gekommen“ gestützt werden könnte. Wahrscheinlicher scheint ihre Verwandtschaft mit der Familie der Königsmutter Teje (siehe S. 142) zu sein. Nofretete schenkte ihrem Gatten sechs Töchter, mit denen sie auf zahlreichen Reliefs der Zeit abgebildet wurde. Sie dokumentieren eine Stellung, die fast der einer Mitregentin gleichkommt: Die Königin vollzieht Kulthandlungen, die sonst nur ihrem Gemahl zustanden, wird mit ihm bei Regierungsgeschäften, bei der Ausfahrt, beim Empfang von Gesandtschaften gezeigt. Ganz ohne Vorbild sind Szenen, die das Königspaar beim Kuss, beim Liebkosen der Kinder oder in Trauer über den Tod einer der Töchter zeigen. Wann sie starb ist ungewiss, es mag im 12. oder 14. Regierungsjahr des Echnaton gewesen sein. Einige Indizien sprechen sogar dafür, dass sie sich damals umbenannte und als Semenchkare (1338-1336) zwei Jahre gemeinsam mit Echnaton regierte. Ihr Grab und ihre Mumie sind unbekannt.
Die weltberühmte Büste der Nofretete wurde 1912 entdeckt und 1913 dem Berliner Kaufmann James Simon zugesprochen, der die Grabungen finanziert hatte. Er schenkte sie 1920 dem preußischen Staat. 1924 erstmals ausgestellt, wurde sie bald von Ägypten zurückgefordert. Während des Krieges musste sie ihren Standort auf der Museumsinsel räumen. Dort soll sie, nach Zwischenstationen in West-Berlin (1956-2005), die Hauptattraktion des ab 2009 wieder eröffneten Neuen Museums bilden
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(c) akg, Berlin
Schönheit und Wohlgeruch
Kosmetik
Hygiene, Körperpflege und der Einsatz von Kosmetika waren den Ägyptern nicht fremd, im Gegenteil: In den Häusern der Wohlhabenden gab es Badezimmer und Wasserklosetts, Spiegel aus Kupfer oder Bronze waren in Gebrauch, Ärzte beschäftigten sich mit Mitteln gegen trockene Haut. Das Rezept zur Herstellung von Seife war zwar seit dem 7. Jh. v. Chr. den Ägyptern bekannt, ihre reinigende Wirkung jedoch erkannten erst die Römer.
Spiegel und andere Gerätschaften
Auch bei diesem Thema spielen weniger die schriftlichen Quellen als die Darstellungen in Gräbern und die dort den Toten zur Verwendung im Jenseits hinterlassenen Kosmetiksets die entscheidende Rolle bei der Klärung der Frage, was Ägypterinnen und Ägypter taten, um ihr Äußeres zu pflegen und gegebenenfalls zu korrigieren. Die dort gefundenen Spiegel bestanden aus runden Platten aus polierter Bronze, an denen Griffe befestigt waren, die oft eine nackte Frau, einen Papyrusstängel oder den Kopf der Göttin Hathor (siehe S. 62)
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