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Das alte Haus am Meer

Das alte Haus am Meer

Titel: Das alte Haus am Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: wentworth
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sonntags abends in die Kirche gehen oder einen Spaziergang an der Ledlington Road machen. Aber hoch zur Landspitze durften wir nur in der Gruppe.«
    Dale lachte auf.
»Sind Sie mit Mary und Mabel auch so streng? Ich wage es kaum zu sagen, dass Lady Steyne und ich gestern

Abend dort waren, um den Sonnenuntergang zu betrachten. Meine Frau hatte Kopfschmerzen und wollte lieber zu Hause bleiben.« Er legte kurz den Arm um Lisles Schultern und sagte: »Da siehst du, was du angerichtet hast, Liebling, Alicia und ich sind kompromittiert. Ich hätte auf einer Anstandsdame bestehen sollen. Nächstes Mal nehme ich Mrs Cooper mit.«
    Die korpulente Frau lachte so, dass ihr Doppelkinn waberte.
»Es ist schon komisch«, sagte sie, »früher, als ich immer nicht dort rauf durfte, da wollte ich es unbedingt, und heute, wo ich tun und lassen kann, was ich will, würde ich nicht für viel Geld dorthin gehen. Wäre ja auch nicht so einfach mit meinem Gewicht.« Plötzlich wurde sie ernst. »Es ist schon schrecklich, die Sache mit Cissie. Ihre arme Tante nimmt es sich sehr zu Herzen.«
Lisle spielte ihre Rolle. Sie sagte »Liebling«, wenn sie mit Dale sprach und zwang sich zu einem scheuen Lächeln, wenn er seine Hand auf ihren Arm legte. Wenn sie blass und mitgenommen aussah, so hielt man das für die Nachwirkung des Schocks durch Cissies Tod. Lisle war im Dorf sehr beliebt, weil sie so sanft und freundlich war. Es hieß, sie habe das Herz auf dem rechten Fleck.
Meistens war es Dale, der redete, während sie die Hauptstraße entlangschlenderten. Er hatte für jeden ein freundliches Lächeln und einen Gruß. Er vergaß nicht, sich nach der Mutter von Mrs James Crisp zu erkundigen, die einen Schlaganfall gehabt hatte, oder nach dem Baby der jungen Mrs Crisp, das am Sonntag getauft wurde. Er wusste, dass der älteste Junge der Coopers eine Gehaltserhöhung bekommen hatte und tröstete den Kleinsten aus der Cole-Sippe, der gestolpert war und sich das Knie aufgeschürft hatte. Und allen und jedem erzählte er, während Lisle lächelnd neben ihm stand, dass er und Lady Steyne am vorigen Abend bei Tane Head den Sonnenuntergang betrachtet hatten.
»Weißt du noch, wie wir dort oben immer gepicknickt haben, Lucy? Keiner konnte so gute Rosinenbrötchen backen wie du. Und du bist die einzige Frau, die ich kenne, die genug Butter auf ein Sandwich schmiert.«
Mrs William Crisp, die vor achtzehn Jahren Köchin auf Tanfield war, kicherte erfreut.
»Ja, die Sandwiches hatten es Ihnen immer angetan, Mr Dale.«
Alles lief wie geschmiert. Dale konnte zufrieden sein mit sich. Wenn er und Alicia später bei der Verhandlung aussagen mussten, würde das ganze Dorf bereits wissen, dass sie ihrem alten Picknickplatz einen Besuch abgestattet und den Sonnenuntergang betrachtet hatten. Ohne jede Geheimnistuerei und unter dem Lächeln von Lisle würde sich das allgemeine Interesse schließlich voll und ganz auf die Begegnung mit Pell konzentrieren.
Sie trafen Miss Cole in ihrem Wohnzimmer hinter dem Postraum an. Eine der Töchter ihres Bruders James war bei ihr. Ein hübsches, dickes Mädchen, die Augen rot vom Weinen, nicht weil sie und Cissie besonders gute Freundinnen gewesen wären, sondern weil sie zum ersten Mal außerhalb des Kinos oder der Schlagzeilen der Groschenpresse erlebte, wie Leidenschaft zu Gewalt und Tod führen kann.
Miss Cole selbst saß in ihrem Sessel, wiegte sich langsam vor und zurück und weinte laut. Sie stand auf, als Mr und Mrs Jerningham hereinkamen, nahm ihr Taschentuch von der rechten in die linke Hand, presste es an die Augen und begrüßte sie mit einem neuen Tränenausbruch.
»Was für ein Schock. Oh, Mrs Jerningham, wer hätte das gedacht, wo wir uns doch gestern noch unterhalten haben, und Cissie sich so auf den Besuch bei Ihnen freute. Ich weiß nicht, wie mir zu Mute gewesen wäre, wenn ich da schon gewusst hätte, dass ich sie zum letzten Mal sehe. ›Es hat keinen Sinn, wenn ich gehe, Tante‹, hat sie gesagt. ›Wenn ich darüber rede, heißt das doch nicht, dass ich aufhöre, ihn zu mögen. Ach, wenn es doch nur so wäre‹, das hat sie gesagt, ›Ich würde auch nicht gehen, aber Mrs Jerningham ist so nett, ich würde sonst wo hingehen, um sie zu sehen.‹ O je, und ich habe dann gesagt, es ist doch so ein schöner Abend für einen Spaziergang, ein bisschen frische Luft wird dir gut tun, du hockst doch die ganze Zeit drinnen. Und komm nicht zu spät heim, das habe ich gesagt und habe dabei an diesen Pell gedacht. Und

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