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Das alte Kind

Das alte Kind

Titel: Das alte Kind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zoe Beck
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Kopf fühlte sich an wie Nebel mit Sichtweiten unter zehn Metern.
    Sie lag auf einem Bett, so viel war klar, aber sie wusste nicht, wo das Bett stand. Es war ein schmales Bett, für eine Person, also hatte sie möglicherweise nicht mit jemandem geschlafen. Sie schloss die Augen wieder, um die Teile, die sie im Dämmerlicht gesehen hatte, in ihrem Kopf zusammenzusetzen.
    Wieso eigentlich Dämmerlicht?
    Sie schlug die Augen auf. Keine Lichtquelle im Zimmer. Schwach schien es von außen herein. Eine Straßenlaterne? Vergitterte Fenster. Nur ein Bett. Aber bequem. Das Zimmer nicht groß. Vielleicht schlief sie zwischendurch noch einmal ein, sie wusste es nicht, aber sie wusste nach einer Weile, wo sie war. Psychiatrie, gut, sie war freiwillig da, alles halb so schlimm.
    Aber warum fühlte sie sich so beschissen?
    Die Nebenwirkungen von dem neuen Medikament. Nein, nein, die Entzugserscheinungen von dem alten Medikament. Oder doch die Nebenwirkungen? Wann hatte sie zuletzt eine Tablette genommen? War es spät in der Nacht oder früh am Morgen? Sie trug noch ihre Kleider, Schuhe, Make-up. Sie war so eingeschlafen, irgendwann, und jetzt aufgewacht, auch irgendwann. Konnte sich nicht konzentrieren, merkte, wie sie immer wieder wegdämmerte, versuchte, sich dagegen zu wehren, aber wozu eigentlich, warum nicht weiterschlafen, irgendwann war man ja ausgeschlafen, und dann wusste man wieder alles, und es gab ja keinen Grund, oder? – keinen Grund, sich Gedanken zu machen, hier war alles, wie es sein sollte, sie war sicher eingeschlossen, alles war in Ordnung, alles.
    Als sie wieder wach wurde, war es heller. Dämmerung. Morgendämmerung, na also. Sie könnte aufstehen und etwas essen. Trinken. Tee. Neben dem Bett stand ein Telefon, wie in einem Hotel. Sie würde jemanden anrufen und sagen: Ich möchte etwas essen. Und trinken. Tee.
    Nur konnte sie nicht anrufen, weil ihre Arme schwerer waren als Blei. Sie lagen neben ihr und bewegten sich nicht. Also: Sie bewegten sich gar nicht. Aber vielleicht half dagegen schlafen. Was sollte man auch schon mit Tee, wenn man noch nicht richtig wach war. Schlafen. Erholen. Das war gut.
    Die Sonne stand hoch am Himmel, als sie das nächste Mal wach wurde. Die Sonne? War da nicht vorhin noch Nebel gewesen, oder war der nur in ihrem Kopf? Sie konnte sich mit dem Oberkörper aufrichten und aus dem Fenster sehen. Es war vergittert, immer noch. Natürlich war es das. Wegen der Selbstmordgefahr. Dabei konnte man sich auf so viele andere Arten umbringen, das ganze Leben war ein einziges Sichumbringen. Im Grunde ging es doch nur darum, für sich herauszufinden, welches die beste Methode war. Leider wussten das nur die wenigsten Menschen und entschieden sich falsch. Für Krankheit, zum Beispiel. Na, wenn sie meinten. Fiona blinzelte Schatten vor ihren Augen weg und setzte sich auf die Bettkante. Das ging, das war möglich, das war nur halb so schlimm. Fionas Definition von halb so schlimm? Wenn man sich bewegen konnte und noch sah, roch, hörte, schmeckte und fühlte.
    Sie stand langsam von der Bettkante auf und ging in das kleine Badezimmer. Duschte, putzte die Zähne, ging aufs Klo, zog sich um. Fühlte sich danach nicht besser, sondern immer noch ganz genauso. Zwar funktionstüchtig, aber irgendwie benommen.
    Die Tabletten. Nebenwirkungen von den neuen. Oder Entzugserscheinungen von den alten. Auf jeden Fall ganz normal, alles ganz normal, das Herz schlug noch, und sie konnte alles sehen, riechen, hören, schmecken, fühlen. Es schlug nur ein bisschen schnell, das Herz, aber das kam vor. Bestimmt Entzugserscheinungen, jetzt wo sie so drüber nachdachte. Alles ganz normal.
    Ben…Doch, da war was. Mit Ben musste sie reden. Einfach ein paar Minuten nur an Ben denken und dabei das Alphabet aufsagen. Dann würde es ihr einfallen, das machte sie immer so, wenn sie sich konzentrieren musste, sie ging im Kopf das Alphabet durch, und dann fiel es ihr wieder ein, einfach so.
    Ihre Mutter fiel ihr beim Buchstaben V ein. V war zwar nicht ihre Mutter, aber Mutter fiel ihr ein, das war gut, sie wusste, warum sie Ben sprechen wollte. Das Handy war in der Handtasche. Die Handtasche stand irgendwo herum. Neben dem Bett. Man könnte die Handtasche auf dem Bett auskippen und das Handy suchen, das ginge doch, das wäre einfach.
    Fiona kippte den Inhalt der Handtasche aus und sah sich alles genau an. In aller Ruhe. Aber es gab kein Handy. Sie schaute noch mal genau hin. Kein Handy. Wieder das Alphabet, um die Gedanken

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