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Das alte Königreich 01 - Sabriel

Titel: Das alte Königreich 01 - Sabriel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Garth Nix
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Wenn diese Männer für Kerrigor arbeiteten, würde es eine Gefangennahme sein, und tief unten, im Dunkel des Reservoirs, lauerte das Grauen…
    Die Straße wurde steiler. Sie eilten schweigend weiter, doch ihr Atem ging nun zu schnell und unregelmäßig, als dass ihnen Kraft für Worte geblieben wäre. Touchstone hustete, und Sabriel blickte ihn besorgt an, bis ihr bewusst wurde, dass auch sie hustete. Bei ihrer Verfassung brauchte es vielleicht nicht einmal einen Pfeil, um sie zu erledigen – der Berg allein mochte es schon schaffen.
    »Nicht… mehr… viel… weiter«, keuchte Touchstone, als sie an eine nahezu ebene Kurve gelangten, wo die müden Beine für kurze Zeit Erleichterung fanden, ehe sie den nächsten Hang hinaufmussten.
    Sabriel lachte – ein bitteres, hustendes Lachen, denn sie hatten immer noch einen weiten, viel zu weiten Weg vor sich. Das Lachen wurde zu einem erschrockenen Aufschrei, als ein heftiger Hieb sie in die Seite traf. Sie fiel gegen Touchstone, so dass beide auf das harte Pflaster stürzten. Ein Pfeil hatte Sabriel getroffen.
    »Sabriel!«, rief Touchstone mit vor Angst und Wut schriller Stimme. Noch einmal rief er ihren Namen; dann spürte Sabriel plötzlich, wie in seinem Innern Chartermagie zum Leben erwachte. Während der Zauber immer stärker wurde, sprang er auf, streckte die Arme aus und deutete hinunter auf den zielsicheren Schützen. Acht kleine Sonnen erglühten an Touchstones Fingerspitzen, wuchsen zur Größe seiner Faust, jagten los und ließen kleine Kometenschweife zurück. Den Bruchteil einer Sekunde später ließ ein Schrei erkennen, dass sie mindestens ein Ziel gefunden hatten.
    Benommen fragte Sabriel sich, wie Touchstone noch die Kraft für einen solchen Zauber hatte aufbringen können. Aus ihrer Verwunderung wurde Staunen, als er sich bückte und sie scheinbar mühelos hochhob. Sie schrie kurz auf, als der Pfeil in ihrer Seite dabei bewegt wurde, doch Touchstone schien es gar nicht zu bemerken. Er warf den Kopf zurück, stieß einen Kampfschrei aus wie ein gereiztes Raubtier und setzte sich in Bewegung, rannte die Straße hinauf. Schaum trat ihm auf die Lippen, lief ihm übers Kinn, spritzte auf Sabriel. Jede Ader, jeder Muskel seines Halses und Gesichts trat hervor, und seine Augen starrten wild.
    Er wurde zum Berserker. Nichts konnte ihn jetzt noch aufhalten, nur eine schreckliche Verstümmelung. Sabriel zitterte in seinem Griff. Sie drückte ihren Kopf an seine Brust, denn es erschütterte sie zu sehr, jetzt in sein Gesicht blicken zu müssen, das in seiner Wildheit keine Ähnlichkeit mehr mit dem Touchstone besaß, den sie kannte. Doch zumindest rannte er fort von ihren Feinden…
    Immer weiter stürmte er, fort von der Straße, über die umherliegenden Steine eines ehemaligen Tores. Mit der Behändigkeit einer Gämse sprang er von einem Stein zum anderen. Sein Gesicht war jetzt so rot wie ein Feuerwehrwagen, und der Puls an seinem Hals schlug so schnell wie Kolibriflügel. In ihrer plötzlichen Angst, sein Herz könne bersten, schrie und flehte Sabriel ihn an, zu sich zu kommen.
    »Touchstone! Wir sind in Sicherheit! Setz mich ab! Bleib stehen! Bitte, bleib stehen!«
    Er hörte sie nicht. Seine ganze Aufmerksamkeit galt dem gemeinsamen Ziel. Er eilte durch das geborstene Tor und einen eingezäunten Weg entlang. Seine Nasenflügel bebten, und er warf den Kopf zur Seite wie ein Bluthund, der einer Spur folgt.
    »Touchstone! Touchstone!«, schluchzte Sabriel und hämmerte auf seine Brust. »Wir sind ihnen entkommen! Es geht mir gut! Bleib stehen! Bleib stehen!«
    Aber er rannte immer weiter, durch ein neuerliches Tor, auf einen erhöhten Weg, dessen Steine unter seinen Füßen zerbröckelten, eine kurze Treppe hinunter und über klaffende Löcher. Eine geschlossene Tür ließ ihn innehalten, und Sabriel stieß einen Seufzer der Erleichterung aus, doch er trat sie ein, dass das verrottete Holz zerbarst. Als er hindurchstieg, schützte er Sabriel behutsam vor Splittern.
    Jenseits der Tür befand sich eine freie Fläche, umgeben von einer eingefallenen Mauer. Unkraut wucherte zwischen verkrüppelten Bäumen. Am Westrand, wo die Mauer längst zerbröckelt den Berg hinuntergerutscht war, standen zwei Papiersegler, von denen einer nach Süden und der andere nach Norden blickte, sowie zwei Personen, deren Silhouetten im flammenden Orange der untergehenden Sonne nur verschwommen zu sehen waren.
    Touchstone stürmte weiter und teilte das wuchernde Unkraut wie ein Schiff,

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