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Das alte Königreich 01 - Sabriel

Titel: Das alte Königreich 01 - Sabriel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Garth Nix
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Und wieder einmal blickte sie in die grünen Augen der Katze, die keine war. Das Wesen lag neben ihren Füßen am Bettende.
    »Wer… was bist du?«, fragte Sabriel ängstlich, denn plötzlich war ihr bewusst, dass sie nackt im Bett lag. Sie verspürte ein beinahe sinnliches Gefühl, dachte aber sofort daran, wie wehrlos sie nun war. Sie schaute rasch nach ihrem Schwertgürtel und dem Glockenbandelier, die sorgfältig über einen Wäscheständer gehängt worden waren.
    »Ich habe viele Namen«, antwortete die Katze. Sie hatte eine merkwürdige Stimme, halb Maunzen, halb Schnurren, mit leicht zischenden Vokalen. »Du darfst mich Mogget nennen. Und was ich bin? Nun, einst war ich Vieles, jetzt bin ich bloß noch Einiges. Vor allem bin ich Abhorsens Diener. Es sei denn, du wärst so gütig, mir mein Halsband abzunehmen…«
    Sabriel lächelte schwach, schüttelte jedoch entschieden den Kopf. Was immer Mogget war, dieses Halsband sorgte als Einziges dafür, dass sie Abhorsens Diener blieb – oder der Diener von jemand anders. Die Chartersymbole auf dem Halsband drückten es unmissverständlich aus. Soweit Sabriel erkennen konnte, war der Bannspruch über tausend Jahre alt. Es war möglich, dass es sich bei Mogget um einen Geist Freier Magie handelte, der so alt war wie die Mauer, vielleicht sogar noch älter. Sabriel fragte sich, warum ihr Vater Mogget nie erwähnt hatte. Plötzlich durchzuckte sie Schmerz, denn sie wünschte sich, sie hätte ihren Vater hier in diesem Haus vorgefunden, und ihrer beider Sorgen wären vorbei.
    »Das dachte ich mir schon.« Mogget verband ein scheinbar gleichmütiges Schulterzucken mit einem genussvollen Dehnen. Sie – oder er, denn Sabriel war plötzlich sicher, dass die Katze ein Kater war – sprang auf den Parkettboden und huschte zum Feuer. Sabriel beobachtete ihn und bemerkte, dass Moggets Schatten nicht immer der einer Katze war.
    Ein Klopfen an der Tür unterbrach ihre Beobachtungen. Sie fuhr heftig zusammen, und ihre Nackenhärchen stellten sich auf.
    »Es ist nur einer der Domestiken«, erklärte Mogget in herablassendem Tonfall. »Chartersendlinge, noch dazu ziemlich niedrige. Immer lassen sie die Milch anbrennen.«
    Sabriel rief: »Herein!« Ihre Stimme zitterte. Ihr wurde klar, dass sie ihre Unruhe, Furcht und Schwäche wohl noch eine Zeit lang ertragen musste.
    Die Tür schwang lautlos auf und eine kleine vermummte Gestalt trat ein. Sie ähnelte dem oberen Türhüter, schon deshalb, weil eine Kapuze das Gesicht verbarg, doch ihre Kutte war nicht schwarz, sondern cremefarben. Sie hatte ein schlichtes Baumwollunterkleid über den einen Arm und ein dickes Frottiertuch über den anderen geschlungen, und ihre durch die Charter gewobenen Hände hielten einen langen, wollenen Waffenrock und ein Paar Pantoffeln. Wortlos begab sie sich zum Bettende und legte die Kleidungsstücke dorthin. Dann trat sie zu einem Porzellanbecken in einem Ständer aus Silberfiligran auf den Bodenfliesen links vom Feuer. Dort drehte sie ein Bronzerad, und dampfend heißes Wasser sprudelte und gurgelte aus einer Leitung in der Wand. Ein unangenehmer, schwefelähnlicher Gestank ging davon aus.
    »Heiße Quellen«, erklärte Mogget. »Nach einer Weile riechst du es nicht mehr. Dein Vater hat immer gesagt, dass es die Sache wert ist, den Gestank zu ertragen, wenn man dafür jederzeit heißes Wasser hat. Oder hat dein Großvater das gesagt? Oder deine Großgroßtante? Ah, das Gedächtnis…«
    Während das Becken sich füllte, blieb der Sendling reglos stehen und drehte das Rad erst wieder, als das Wasser bereits dicht neben Mogget überlief. Er sprang auf die Füße, tappte davon und hielt sicheren Abstand zum Chartersendling. Genau wie eine richtige Katze, dachte Sabriel. Vielleicht beeinflusste die aufgezwungene Gestalt im Lauf der Zeit – zumal, wenn es Jahrhunderte waren – das Verhalten. Sabriel mochte Katzen. In der Schule hatte es eine pummelige dreifarbige Katze namens Biskuit gegeben. Sabriel dachte daran, wie Biskuit gern auf dem Fensterbrett des Präfektenzimmers schlief. Und dann erinnerte sie sich an die Schule im Allgemeinen und fragte sich, was ihre Freundinnen wohl gerade machten. Ihre Lider fielen herab, als sie sich den Etikette-Unterricht vorstellte und wie die Lehrerin einschläfernd von der Benutzung silberner Fingerschälchen redete…
    Ein scharfes Krachen ließ sie zusammenzucken, so dass neuerliche Schmerzen durch ihre müden Muskeln fuhren. Die vermummte Gestalt hatte mit einem

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