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Das alte Königreich 01 - Sabriel

Titel: Das alte Königreich 01 - Sabriel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Garth Nix
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schluckte ihren letzten Mund voll Fisch und trank einen Schluck Wein, um das Ganze rasch hinunterzuspülen, doch der Wein schmeckte plötzlich wie Essig und sie musste husten.
    »Was meinst du mit ›fallen‹? Was weißt du? Was ist Vater zugestoßen?«
    Mogget erwiderte ihren Blick mit halb geschlossenen Augen, aber so fest, wie keine normale Katze es könnte.
    »Er ist tot, Sabriel. Auch wenn er das Letzte Tor noch nicht passiert hat, wird er nie mehr durchs Leben schreiten. Das…«
    »Nein«, unterbrach Sabriel das Wesen in Katzengestalt. »Er kann nicht tot sein. Er ist ein Nekromant… Er kann nicht tot…«
    »Darum hat er dir das Schwert und die Glocken gesandt, so wie seine Tante diese Gegenstände zu ihrer Zeit ihm gesandt hat«, fuhr Mogget fort, ohne auf Sabriels Protest zu achten. »Und er war kein Nekromant, er war Abhorsen.«
    »Ich verstehe es nicht«, wisperte Sabriel. Sie konnte Mogget nicht mehr in die Augen blicken. »Ich weiß nicht… ich weiß nicht genug. Vom Alten Königreich, von der Chartermagie, nicht einmal von meinem eigenen Vater. Warum sagst du seinen Namen, als wäre es ein Titel?«
    »Weil es einer ist. Er war Abhorsen. Jetzt bist du es.«
    Sabriel versuchte zu begreifen. Schweigend starrte sie auf ihren Teller. Silberschuppen und rote Tomaten verschwammen zu einem Muster aus Schwertern und Feuer. Auch die Tafel verschwamm und der Saal dahinter, und sie griff nach der Grenze zum Tod, vermochte sie aber nicht zu überqueren, sosehr sie sich auch bemühte. Sie spürte die Grenzlinie, doch es gab keinen Weg darüber, weder in die eine noch in die andere Richtung – Abhorsens Haus war zu gut geschützt.
    Doch sie spürte etwas an dieser Grenze. Feindselige Dinge lauerten dort und warteten darauf, dass Sabriel sie überquerte, und da war auch ein Hauch von etwas Vertrautem, wie der Duft des Parfüms einer Frau, nachdem sie das Zimmer verlassen hatte, oder das Aroma eines bestimmten Pfeifentabaks. Sabriel konzentrierte sich darauf und warf sich noch einmal gegen die Barriere, die sie vom Tod trennte.
    Schlagartig wurde sie ins Leben zurückgerissen, als scharfe Krallen sich in ihren Arm hackten. Sie riss die Augen auf, blinzelte den Raureif von den Lidern und erblickte Mogget mit aufgestelltem Fell und offenbar bereit, noch einmal mit der Pfote zuzuschlagen.
    »Dummkopf!«, zischte er. »Du bist die Einzige, die den Schutzzauber dieses Hauses brechen kann, und sie warten nur darauf, dass du es tust!«
    Sabriel starrte die wütende Katze an, ohne sie wirklich zu sehen. Sie unterdrückte eine heftige, stolze Antwort, als sie die Wahrheit in Moggets Worten erkannte. Tote Geister lauerten hier, und wahrscheinlich würde der Mordicant ebenfalls zum Haus kommen – und sie würde sich ihnen allein und ohne Waffen stellen müssen.
    »Es tut mir Leid«, murmelte sie und barg das Gesicht in den eisigen Händen. So schrecklich dumm hatte sie sich nicht mehr gefühlt, seit sie einen Rosenstrauch der Rektorin mit einem unkontrollierten Charterspruch verbrannt hatte, wobei die Flammen den greisen und sehr beliebten Schulgärtner nur knapp verfehlt hatten. Damals hatte sie geweint, doch jetzt war sie älter und konnte ihre Tränen zurückhalten.
    »Vater ist noch nicht wirklich tot«, sagte sie. »Ich konnte seine Gegenwart spüren, auch wenn er jenseits vieler Tore in einer Falle sitzt. Ich könnte ihn zurückbringen.«
    »Das darfst du nicht!«, entgegnete Mogget fest, und aus seiner Stimme sprach nun die Last von Jahrhunderten. »Du bist Abhorsen und musst die Toten zur Ruhe betten. Dein Weg ist dir vorbestimmt.«
    »Ich kann einen anderen Weg nehmen«, erwiderte Sabriel heftig und hob den Kopf.
    Mogget schien erneut widersprechen zu wollen; dann aber lachte er spöttisch und sprang auf seinen Hocker zurück.
    »Tu, was du willst«, sagte er. »Warum sollte ich dich umstimmen wollen? Ich bin nur ein Sklave, der gehorchen muss. Weshalb weinen, wenn Abhorsen dem Bösen zum Opfer fällt?
    Verfluchen würde dich dein Vater, genau wie deine Mutter, aber die Toten wären fröhlich.«
    »Ich glaube nicht, dass er tot ist!« Vor unterdrückter Erregung waren rote Flecken auf Sabriels bleichen Wangen erschienen; der Raureif schmolz und sickerte ihr Gesicht hinunter. »Sein Geist fühlte sich lebendig an. Er ist im Tod gefangen, glaube ich, aber sein Körper lebt. Würde ich auch geschmäht, wenn ich ihn in diesem Fall zurückbrächte?«
    »Nein«, erwiderte Mogget, jetzt wieder ruhig. »Aber er hat das

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