Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das alte Königreich 01 - Sabriel

Titel: Das alte Königreich 01 - Sabriel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Garth Nix
Vom Netzwerk:
Gähnen unterdrückte. »Ein schwacher Geist, einer der Geringeren Toten. Mordauten reiten gern mit den Lebenden, bewohnen deren Körper, leiten sie und entziehen ihnen allmählich den Geist. Darum sind sie auch schwer aufzuspüren.«
    »Was machen wir jetzt mit ihm?«, fragte Touchstone und beäugte den zitternden Schattenklecks abfällig. Zweifellos konnte man ihn nicht in Stücke hacken, nicht verbrennen noch ihm sonst etwas anhaben, was Touchstone offenbar sehr bedauerte.
    »Ich werde ihn verbannen, ihn zurücksenden, damit er einen wahren Tod stirbt«, antwortete Sabriel. Langsam zog sie Kibeth mit beiden Händen. Sie hatte immer noch kein gutes Gefühl dabei, denn die Glocke wand sich in ihrem Griff und wollte von sich aus läuten; das aber würde dazu führen, dass Sabriel sich in den Tod begeben musste.
    Sie umklammerte die Glocke noch fester und schwang sie rückwärts, vorwärts und in einer Acht, wie ihr Vater es sie gelehrt hatte. Jetzt erklang Kibeths Stimme in einem fröhlichen Lied, einer übermütigen Gigue, die fast auch Sabriels Füße zum Hüpfen brachte, doch sie zwang sich, reglos zu verharren und nur die Arme zu bewegen.
    Der Mordaut hatte keinen solchen freien Willen. Einen Moment lang befürchtete Touchstone, dass er entkommen würde, denn die Schattengestalt sprang plötzlich auf und glitt Touchstones Klingen bis fast zu den Parierstangen hinauf. Dann rutschte sie hinunter und zurück in den Tod, wo sie in der Strömung wirbeln und heulen und kreischen würde, bis sie durch das Letzte Tor verschwunden war.
    »Danke«, wandte Sabriel sich an Touchstone. Sie blickte hinunter auf seine beiden Degen, die noch tief im Holzboden steckten. Sie brannten nicht mehr mit silbernen Flammen, doch die Chartersymbole bewegten sich noch auf den Klingen.
    »Ich hatte keine Ahnung, dass deine Degen verzaubert sind«, fuhr sie fort. »Obwohl ich sehr froh darüber bin.«
    Touchstones Gesicht wirkte erstaunt und verwirrt zugleich.
    »Ich dachte, das wüsstet Ihr«, entgegnete er. »Ich habe sie vom Schiff der Königin. Sie waren die Degen eines Königlichen Kämpen. Ich wollte sie nicht, aber Mogget sagte, Ihr…«
    Er hielt mitten im Satz inne, als Sabriel erleichtert seufzte.
    »Nun, wie auch immer«, fuhr er fort. »Der Sage nach hat der Mauerbauer – oder die Mauerbauerin – sie zur gleichen Zeit erschaffen wie Euer Schwert.«
    »Mein Schwert?« Sabriel berührte die abgegriffene Bronze der Parierstange. Sie hatte sich nie gefragt, wer es gefertigt haben mochte. Es war einfach da. Die Inschrift auf der Klinge, wenn sie überhaupt sichtbar wurde, lautete: »Ich wurde für Abhorsen gemacht, um die bereits Toten zu binden.« Also wurde es wahrscheinlich vor langer Zeit geschmiedet, in jener versunkenen Epoche, als die Mauer gebaut worden war. Mogget müsste es wissen, dachte sie. Er würde oder konnte es ihr wahrscheinlich nicht sagen – aber er wusste es ganz sicher.
    »Ich finde, wir sollten alle wecken.« Für den Augenblick verdrängte Sabriel die Gedanken an die Waffen.
    »Gibt es hier noch mehr Tote?«, fragte Touchstone, als er ächzend seine Klingen aus dem Boden zog.
    »Ich glaube nicht«, antwortete Sabriel. »Dieser Mordaut war sehr schlau, er hatte den Geist des armen Patar nur sehr schwach angezapft, dadurch fiel seine Anwesenheit nicht auf. Wahrscheinlich ist er in der Kiste mit Graberde auf die Insel gekommen, nachdem er den armen Kerl bereits gepeinigt hatte, ehe sie das Festland verließen. Ich bezweifle, dass es hier noch weitere gibt. Zumindest spüre ich keine. Aber ich sollte mich auf jeden Fall noch in den anderen Schuppen umsehen und auf der Insel umherspazieren, um ganz sicherzugehen.«
    »Jetzt?«, fragte Touchstone.
    »Jetzt«, erwiderte Sabriel. »Aber wecken wir erst alle auf und wählen ein paar aus, die Lichter für uns tragen. Am Morgen sollten wir den Ältesten um ein Boot angehen.«
    »Und einen größeren Vorrat an Fisch«, fügte Mogget hinzu, der zu seinem halb gefressenen Wittling zurückgekehrt war. Seine Stimme klang durchdringend über das Schnarchen der Fischer hinweg.
    Es befanden sich keine Toten auf der Insel, obgleich die Bogenschützen meldeten, dass sich während der Regenpausen seltsame Lichter im Dorf bewegten. Auch auf dem Wellenbrecher hatten sie Geräusche gehört und mit Feuerpfeilen danach geschossen. Doch zu sehen war nichts gewesen, bevor die primitiven, mit öligen Lappen umwickelten Pfeilschäfte zu Ende gebrannt waren.
    Sabriel schritt auf dem

Weitere Kostenlose Bücher