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Das alte Königreich 01 - Sabriel

Titel: Das alte Königreich 01 - Sabriel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Garth Nix
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sie zu der winzigen Schachtöffnung empor und atmeten befreit auf, als der Sonnenschein wiederkehrte. Erleichtert wateten sie weiter, an der langen, von West nach Ost führenden Wand entlang. Doch die Erleichterung währte nur kurz. Erneut schob sich eine Wolke vor die Sonne, irgendwo weit oben an der frischen Luft, und es wurde wieder für kurze Zeit dunkel. So ging es weiter, bis das Licht nur noch sporadisch zwischen langen Perioden der Finsternis zurückkehrte.
    Das Reservoir wirkte ohne den an sich schon schwachen Sonnenschein noch klammer. Die Kälte war jetzt richtig spürbar – und mit ihr stellte sich bei Sabriel die unerklärliche Furcht ein, dass sie sich bereits zu lange hier aufhielten und erst wieder in einer Nacht voller lauernder, nach Leben hungernder Toter an die Oberfläche hinaufkämen. Auch Touchstone spürte jetzt die Kälte schmerzlich, verstärkt noch durch seine Erinnerung an die Erlebnisse vor zweihundert Jahren, als er schon einmal durch ebendieses Reservoir gewatet war und gesehen hatte, wie die Königin und ihre zwei Töchter geopfert und die Großen Steine gebrochen wurden. Damals war Blut im Wasser gewesen, und Touchstone sah es noch immer, denn die Bilder waren unauslöschlich in sein Gedächtnis eingebrannt.
    Trotz all der Ängste, die sie verursachte, war es letztlich die Dunkelheit, die ihnen weiter half. Sabriel sah plötzlich ein schwaches Schimmern rechts von ihr, weiter in der Mitte. Sie schirmte die Augen vor dem Kerzenschein ab und machte Touchstone auf ihre Entdeckung aufmerksam.
    »Ja, da vorn ist etwas«, bestätigte er so leise, dass Sabriel es kaum zu hören vermochte. »Aber es sind mindestens vierzig Schritte weiter in die Mitte.«
    Sabriel antwortete nicht. Irgendetwas war von diesem schwachen Licht ausgegangen. Es war ein ähnliches Kribbeln im Nacken wie damals, als ihr Vater-Sendling sie in der Schule besucht hatte. Sie bewegte sich von der Wand weg, und ein V kräuselte sich hinter ihr im Wasser. Touchstone blickte darauf; dann folgte er ihr und kämpfte gegen die Übelkeit an, die in Wellen in ihm aufstieg wie von einem Brechmittel. Er fühlte sich schwindelig und konnte die Füße nicht mehr richtig aufsetzen.
    Sie wateten ungefähr dreißig Schritt, wobei Schmerz und Übelkeit immer stärker wurden. Plötzlich blieb Sabriel stehen. Touchstone griff nach einem seiner Degen, hob die Kerze und hielt Ausschau nach einem möglichen Angreifer. Aber hier befanden sich keine Feinde. Das Schimmern kam von einer Schutzraute, deren vier Pole unter Wasser glühten. Kraftlinien funkelten zwischen ihnen.
    In der Mitte der Raute stand eine menschliche Gestalt, die ihre leeren Hände ausstreckte, als hätten diese einst Waffen gehalten. Raureif hüllte ihre Kleidung und ihr Gesicht ein, und Eis bedeckte das Wasser um ihre Leibesmitte.
    Sabriel hatte nicht den geringsten Zweifel, wer es war.
    »Vater!«, wisperte sie, und das Wispern hallte über das dunkle Wasser und vereinte sich mit den schwachen, immer währenden Tropfgeräuschen.

     

21
    »Die Raute ist unversehrt«, stellte Touchstone fest. »Wir werden sie nicht von der Stelle bewegen können.«
    »Ja, ich weiß«, erwiderte Sabriel. Die Erleichterung, die sie beim Anblick ihres Vaters empfunden hatte, schwand und wich der Übelkeit, welche die gebrochenen Steine verursachten. »Ich fürchte… ich glaube, ich muss mich von hier aus in den Tod begeben und seinen Geist zurückholen.«
    »Was!«, entfuhr es Touchstone. »Hier?«
    »Wenn wir unsere eigene Schutzraute aufbauen…«, überlegte Sabriel laut. »… eine große, die uns beide und Vaters Raute umschließt – wird sie die meisten Gefahren abhalten.«
    »Die meisten«, wiederholte Touchstone grimmig. Er schaute sich um und bemühte sich, weiter als nur bis zum Ende ihres Kerzenscheins zu sehen. »Sie wird auch uns hier festhalten – falls wir sie in solcher Nähe der gebrochenen Steine überhaupt aufbauen können. Ich weiß, dass ich es hier allein nicht schaffen würde.«
    »Wir sollten in der Lage sein, unsere Kräfte zu vereinen. Wenn du und Mogget dann hier Wache haltet, während ich im Tod bin, müsste es gelingen.«
    »Was meinst du, Mogget?«, fragte Touchstone und drehte den Kopf, so dass seine Wange das kleine Tier auf seiner Schulter streifte.
    »Ich habe meine eigenen Probleme«, murrte Mogget. »Außerdem glaube ich, dass dies hier wahrscheinlich eine Falle ist. Aber nachdem wir schon einmal da sind und der… nennen wir ihn Abhorsen im Ruhestand

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