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Das Ambulanzschiff

Das Ambulanzschiff

Titel: Das Ambulanzschiff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James White
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nicht an Bord der Tenelphi befindet“, sagte Conway plötzlich, „dann gibt es nur noch einen einzigen Ort, wo er sein kann. Können Sie mich auf dem fremden Schiff absetzen, Kapitän?“
    Da er von Fletchers Sorge um sein eigenes Schiff wußte, erwartete Conway alles, von einer brüsken Ablehnung bis zu einer verbalen Explosion des Kapitäns beim bloßen Erwähnen dieses Vorschlags. Statt dessen erhielt er eine Antwort in Form einer Lektion, wie sie ein Lehrer einem etwas zurückgebliebenen Schüler geben würde – eine Lektion, gehalten in einer solch elementaren Sprache, daß Conway, wäre der Kapitän nicht fünf Stockwerke entfernt gewesen, es wohl riskiert hätte, seinen Helm zu öffnen, um ihn wütend anzufunkeln.
    „Ich kann mir keinen plausiblen Grund vorstellen, Doktor, weshalb der fehlende Offizier die Tenelphi verlassen sollte, da das plausibelste Verhalten doch gewesen wäre, bei den anderen Männern zu bleiben und dort auf Rettung zu warten“, begann der Kapitän. Dann wies er Conway erneut darauf hin, daß man es sich nicht leisten konnte, allzu viel Zeit zu vergeuden. Es ging nicht nur darum, den Männern eine baldmögliche Behandlung im Hospital zu ermöglichen, nein, auch das fremde Schiff, die Tenelphi und die Rhabwar selbst näherten sich der Sonne dieses Systems, und zwar mit einer Beschleunigungsrate, die es innerhalb von zwei Tagen unkomfortabel warm für alle machen und innerhalb von vier Tagen die Hülle zum Schmelzen bringen würde. Außerdem war da noch die Tatsache: Je näher sie der Sonne kamen, desto schwieriger würde sich ein Sprung gestalten.
    Eine zusätzliche Komplikation war, daß die Tenelphi und die Rhabwar nun an Bug und Heck angedockt und miteinander verbunden waren, also mußte das Ambulanzschiff das Hyperfeld auch noch auf das Wrack mit ausdehnen, das man schließlich in der zu erwartenden Untersuchung über die Ursachen der Kollision als Indiz benötigen würde. Mit diesen beiden zusammengekoppelten Schiffen, von denen nur eines über einen intakten Antrieb verfügte, war ein so delikates Manövrieren, das zum Landen auf dem Eindringling nötig wäre, völlig unmöglich. Wenn er, Fletcher, das zulassen würde, dann würde die Rhabwar wahrscheinlich in demselben Zustand enden, in dem sich jetzt die Tenelphi befand. Nicht zu vergessen die Größe des fremden Schiffes …
    „Das Schiff ist – oder war – ursprünglich kugelförmig im Aufbau“, fuhr der Kapitän fort, und gleichzeitig erschien das Bild, das die Teleskope der Rhabwar übertrugen, auf dem Wiedergabeschirm des medizinischen Decks. „Es mißt vierhundert Meter im Durchmesser, Antrieb und Maschinenraum sind dicht zusammengedrängt im Zentrum. Zudem hat die Tenelphi bereits das Fehlen jeglichen Lebens an Bord …“
    „Aber Sutherland könnte sich inzwischen an Bord befinden, Kapitän.“
    Fletchers Seufzen erzeugte rasselnde Geräusche im Interkom; dann sprach er von neuem mit seiner geduldigen, schulmeisterlichen Stimme. „Die Indikation von Leben ist das Resultat einer großen Anzahl sensorischer Prüfdaten, darunter Typ und Verwendung von Energiequellen, Vibrationen im Zusammenhang mit den mechanischen Aspekten des Lebenserhaltungssystems, Variation von Druck und Temperatur innerhalb der Hülle, Detektion von Kommunikations- und Beleuchtungssystemen und einige zusätzliche, noch wesentlich subtilere Indikationen. Wir beide wissen, daß viele Extraterrestrier in ultra-niederen Temperaturbereichen leben oder keinerlei visuelle Frequenzen zum Sehen benötigen, daher ist es, wenn überhaupt, am sinnvollsten, ihr Lebenserhaltungssystem zu überprüfen.
    Aber zu diesem Zeitpunkt kann ich nicht mehr mit Sicherheit sagen, ob etwas in diesem Ding am Leben war. Die rasche Annäherung an die Sonne hat die Außenhülle so sehr erwärmt, daß es nicht länger möglich ist, subtile Temperaturunterschiede im Inneren zu registrieren, und auch die anderen sensorischen Meßwerte sind wegen des Einflusses der Hitzeexpansion auf die Gesamtstruktur empfindlich gestört. Mal ganz davon abgesehen, wie groß dieses Schiff ist. Seine Hülle ist so durchlöchert von Meteoreinschlägen und sonstigen kosmischen Einflüssen, daß Sutherland überall Eingang gefunden haben kann. Wo möchten Sie denn mit der Suche nach ihm beginnen, Doktor?“
    „Wenn er da ist“, sagte Conway, „wird er uns schon wissen lassen, wo wir nach ihm zu suchen haben.“
    Der Kapitän schwieg einige Augenblicke lang, in denen Conway, trotz seines

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