Das Ambulanzschiff
und seine Worte waren daher zu undeutlich für eine Übersetzung.“
Prilicla wandte sich hastig dem Doktor zu. „Die emotionale Strahlung ist charakteristisch für ein Wesen im Delirium, Freund Conway, wahrscheinlich hervorgerufen durch die erhöhte Temperatur. Mir fielen auch erratische, unkoordinierte Bewegungen der Gliedmaßen und des Kopfes auf, die ebenfalls symptomatisch für ein Delirium sind.“
„Darin stimmen wir überein“, sagte Conway. Aber wodurch wurde es verursacht? Er sprach die Frage nicht laut aus, da sie nicht zu beantworten war, doch hatte er das ungute Gefühl, daß auch eine eingehende Untersuchung den Grund nicht offenbaren würde. Er half der Oberschwester, die völlig durchnäßten Kleider des Patienten zu entfernen.
Es lag ganz offensichtlich eine Hitzeprostration vor; auch ein Flüssigkeitsmangel war, betrachtete man die hohe Temperatur und den immensen Flüssigkeitsverlust des Patienten, zu erwarten. Sanftes Drücken in der Unterleibs- und Leistengegend verursachte unweigerlich würgende Zuckungen, doch befand sich kein fremdes Material im Magen, soweit Conway das beurteilen konnte. Der Mann hatte seit über vierundzwanzig Stunden nichts mehr gegessen.
Der Puls war leicht gesteigert, aber konstant, die Schweißausdünstung außerordentlich hoch, gelegentlich traten unvermittelt Anfälle trockenen Hustens auf. Als Conway den Rachen untersuchte, fand er diesen stark entzündet, und seine Instrumente sagten ihm, daß diese Entzündung sich bis in die Bronchien und weiter bis zu Brust- und Rippenfell erstreckten. Er überprüfte Zunge und Lippen nach Anzeichen toxischer oder korrosiver Materialien und entdeckte dabei, daß das Gesicht des Mannes nicht, wie er bisher angenommen hatte, nur durch den Schweiß naß war. Auch die Tränendrüsen tränten unaufhörlich, und die Nasenausscheidung war ungewöhnlich hoch. Letztlich suchte er noch Anzeichen von Strahlenschäden oder Spuren der Inhalierung radioaktiver Substanzen, ebenfalls mit negativem Ergebnis.
„Kapitän, Conway hier“, rief er dann plötzlich. „Würden Sie Leutnant Chen bitten, er möge bei der Durchsuchung des Schiffes Proben der Luft, der Nahrung und der Trinkwasservorräte der Tenelphi mitbringen? Er soll, wenn es ihm möglich ist, auch noch nach Spuren einer Verunreinigung der Lebenserhaltungssysteme mit toxischen Stoffen Ausschau halten, egal ob solide oder gasförmig, und das alles dann sorgfältig versiegelt der Pathologin Murchison zu einer näheren Untersuchung bringen!“
„Werde ich tun“, antwortete Fletcher. „Chen, haben Sie mitgehört?“
„Ja, Sir“, sagte der Maschinenoffizier. „Ich kann den fehlenden Mann nirgends finden, Doktor. Ich habe schon alle möglichen und unmöglichen Orte abgesucht.“
Da Conways Helm noch immer versiegelt war, hatte Murchison die Konversation sowohl über das Lautsprechersystem des Decks mitgehört als auch Conways Part durch das externe Soundsystem des Anzuges. „Zwei Fragen, Doktor“, sagte sie bissig. „Wissen Sie, was ihnen fehlt, und hat es etwas damit zu tun, daß Sie diesen überlauten Helmlautsprecher benutzen, anstatt einfach Ihren Helm zu öffnen und normal zu sprechen?“
„Ich bin mir nicht sicher“, antwortete Conway.
„Vielleicht“, wandte sie sich verärgert an Dodds, „mag er mein Parfüm nicht.“
Conway überhörte den Sarkasmus und sah sich in dem Raum um. Während er zusammen mit Naydrad den Mann untersucht hatte, hatten Dodds und Murchison die anderen entkleidet und warteten offensichtlich auf weitere Instruktionen. Prilicla kümmerte sich auch ohne Anweisungen um die beiden ersten Männer, er tat und sagte meistens das Richtige, denn Prilicla war ein so außerordentlich guter Arzt, wie er Empath war.
„Wären da nicht die sehr hohe Temperatur und die relative Ähnlichkeit der Symptome bei allen Männern“, sagte Conway endlich, „würde ich sagen, wir haben es mit einer Infektion der Atemwege, die Brechreiz verursacht, zu tun. Vielleicht liegt die Ursache für diesen Brechreiz im Verschlucken infizierten Schleimhautgewebes. Doch das plötzliche und unerwartete Auftreten der Symptome läßt mich an dieser Diagnose zweifeln.
Doch ist das nicht der Grund dafür, daß ich meinen Anzug verschlossen ließ. Zuerst schien es dazu keinen Grund zu geben. Nun halte ich es aber für eine gute Idee, wenn Sie, Leutnant Dodds, und auch ihr Schutzanzüge anziehen würdet. Vielleicht stellt sich das aber auch als unnötige Vorsichtsmaßnahme
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