Das Amulett der Macht
es wahrscheinlich noch drei Minuten im Gleitflug halten, bevor wir auf dem Wasser aufschlagen.«
Oliver rührte sich um keinen Deut und verhielt sich still, weil er sie nicht ablenken wollte. Der Höhenmesser zeigte, wie sie auf 2800 Fuß sanken, dann auf 2500, auf 2000 … Bei 1500 glaubte er zu hören, wie die Motoren anspringen wollten, aber das Flugzeug stürzte weiter ab. Bei 800 Fuß hörte er das Geräusch wieder, nun etwas länger, ehe es wieder verklang.
Er sah zum Fenster hinaus. Es schien, als rase ihnen der Ozean entgegen – und dann, bei 300 Fuß, sprangen die Maschinen wieder an, und diesmal liefen sie schnurrend weiter.
Das Flugzeug hörte auf, an Höhe zu verlieren, dann begann es langsam zu steigen.
»Krise vorbei«, gab Lara bekannt.
»Ich hatte ein paar Krisen mehr, als ich erwartet hatte«, sagte Oliver. »Macht es dir etwas aus, wenn ich zu dir nach vorne komme?«
»Gar nicht.«
Vorsichtig manövrierte er sich auf den leeren Sitz. »Ich wusste nicht, dass du ein Flugzeug fliegen kannst«, sagte er.
»Du hast mich ja auch nie danach gefragt.«
»Weißt du, wie wir auf die Seychellen kommen?«
»Hier sind ein paar Karten, und in einer Stunde können wir Funkkontakt mit dem Flughafen auf Mahe aufnehmen.«
»Sollen wir melden, was mit Jacobi passiert ist?«
»Wer ist Jacobi?«, fragte sie unschuldig. »Wir haben dieses Flugzeug in Mombasa gemietet. Und wir geben es deinem Freund zurück, wenn wir fertig sind.«
Oliver lächelte und schüttelte verwundert der Kopf. »Du scheinst es dir zur Gewohnheit zu machen, all die Leute zu retten, die meinen, sie müssten dich beschützen«, sagte er in ironischem Ton.
»Nicht alle « , erwiderte sie. »Kevin Mason beispielsweise schulde ich mein Leben ein paar Mal öfter.«
»Erzähl mir mehr über diesen Gelehrten der zweiten Generation, der dich aus der eingestürzten Gruft gerettet hat«, sagte Oliver. »Wir waren so damit beschäftigt, einfach nur am Leben zu bleiben, dass ich keine Gelegenheit hatte, dich nach ihm zu fragen.«
»Er hat den größten Teil seines Erwachsenenlebens mit der Suche nach dem Amulett verbracht«, antwortete sie. »Er ist klug, er scheint sehr belesen zu sein, und er weiß überraschend gut mit seinen Fäusten umzugehen.«
»Du erwähntest so etwas, ja.«
»Was willst du dann noch über ihn wissen?«, fragte sie. »Er ist der Sohn eines der herausragendsten Archäologen der Welt, er ist sehr sympathisch, und er scheint absolut keine Angst zu kennen. Jedenfalls war er nur zu bereit, sein Leben zu riskieren, um meines zu retten.«
»Klingt nach einem tollen Kerl«, meinte Oliver.
»Das ist er wohl, nehme ich an.«
»Und gut aussehend?«, fragte er.
»Wie kommst du darauf?«
»Nur so eine Ahnung.«
»Ja«, gab sie zu. »Gut aussehend ist er auch.«
»Sonst noch etwas?«
»Nur dass er hasst, was er als Spionagekram bezeichnet – aber das hindert ihn nicht daran zu tun, was getan werden muss.«
Oliver lächelte.
»Was ist daran so komisch?«, fragte Lara.
»Das hört sich alles an, als sei er eine männliche Version von dir«, sagte er. »Vorausgesetzt, dass er reich ist. Vermisst du ihn sehr?«
»Das geht dich nichts an.«
» So sehr also?«, meinte er amüsiert. »Wenn du Recht hast, was das Amulett betrifft, sollten wir unsere Angelegenheit hier in ein oder zwei Tagen abschließen können, und dann kannst du ihn wiedersehen.«
»Ich habe Recht«, sagte sie überzeugt.
»Naja, und wenn du dich irrst, dann kannst du ja immer noch Balletttänzerin werden oder Karriere im American Football machen«, sagte Oliver. »Du bist diesem Nashorn ausgewichen, als seist du dafür geboren. Die meisten Menschen verlieren beim ersten Mal die Nerven – und wenn sie das tun, dann gibt es normalerweise kein zweites Mal.«
»Das ist eine ganz erstaunliche Information gewesen«, sagte sie. »Ich habe das noch nie zuvor über Nashörner gehört.«
»Niemand jagt sie heute mehr«, sagte Oliver. »Aber sie sind so ziemlich die übellaunigsten Tiere, die du finden kannst. Heutzutage mähen Wilderer sie einfach mit ihrer AK-47 nieder, aber früher, als es noch ein Sport war, wartete man darauf, dass ein Rhinozeros angriff, dann sprang man beiseite und schoss ihm eine Kugel ins Ohr, sobald es an einem vorbei rannte.« Er hob die Schultern. »Ich weiß, für Laien muss das Furcht erregend aussehen, aber im Grunde genommen ist es nur eine Frage der Routine.«
»Sei still, Malcolm«, sagte Lara. »Ich habe versucht, dir ein
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