Das Amulett der Macht
Zoll davon. Sie kamen schnell und ohne Zwischenfall hindurch – man besah sich ihre Reisepässe und stempelte sie ab –, und wenig später saßen sie in einem Taxi. Es fuhr ein paar Meilen nach Westen, bog dann nach rechts ab und hielt auf ein weitläufiges, luxuriöses Gebäude direkt am Strand zu.
Sie gingen durch die geräumige, geflieste Lobby zum Empfangstresen, der einen riesigen, T-förmigen Swimmingpool überblickte. Lara blieb an der Rezeption stehen, wartete, während der Angestellte ihre Reservierung heraussuchte, und nahm die Schlüssel für die nebeneinander liegenden Zimmer entgegen.
»Haben Sie kein Gepäck, Madame?«, fragte der Mann hinter dem Tresen mit schwerem französischem Akzent.
»Es wird vom Flugplatz hergebracht«, antwortete sie. »Sie brauchen den Pagen nicht zu rufen. Wir finden den Weg schon alleine.«
Sie warf einen Blick auf die Nummern auf den Schlüsseln, dann gingen sie einen langen, kühlen Gang hinunter, dessen Wände in gedämpften Farben gestrichen waren. Schließlich erreichten sie ihre Zimmer. Sie reichte Oliver einen Schlüssel, dann öffnete sie mit dem anderen ihre Tür.
Das Zimmer war groß und mit sämtlichen Annehmlichkeiten eines Fünf-Sterne-Hotels ausgestattet: Mini-Bar, Bademäntel, ein begehbarer Wandschrank, Kaffeemaschine, Fön, Whirlpool und Schiebetüren zu einer eigenen Terrasse, die zum Wasser hin lag. Lara war noch immer dabei, das Zimmer zu erkunden, als es an der Tür klopfte.
»Komm rein, Malcolm«, sagte sie. »Es ist nicht abgeschlossen.«
»Das sollten Sie aber tun«, sagte Ibraham, betrat das Zimmer und warf ihre Schultertasche auf einen Ledersessel. »Sie sind hier nicht sicher.«
»Ich werde nicht lange bleiben«, sagte sie. »Inzwischen möchte ich Sie etwas fragen.«
»Nur zu, und ich werde mein Bestes tun, Ihnen zu antworten.«
»Ich weiß, dass die Seychellen früher in britischem Besitz waren …«
»Das stimmt.«
»Warum sprechen dann alle, die im Hotel oder am Flugplatz arbeiten, mit einem französischen Akzent?«
Ibraham lächelte. »Haben Sie je von Chevalier Jean-Baptiste Queau de Quinssy gehört?«
»Nein.«
»Zu Beginn des neunzehnten Jahrhunderts waren die Seychellen eine französische Kolonie. Dann kamen die Napoleonischen Kriege, und erst erhoben die Briten ihren Anspruch auf die Inseln, dann die Franzosen. De Quinssy war der Verwalter der Seychellen, und obschon er gebürtiger Franzose war, galt seine einzige Sorge doch den Inseln, nicht der Politik zweier Nationen, die Tausende von Meilen entfernt lagen. Wann immer eine französische Flotte im Hafen von Mahe einlief, hisste er die französische Fahne, und wenn eine britische Flotte kam, setzte er den Union Jack. Und da er nie mit einer von beiden Seiten Krieg führte und auch von keiner Seite erobert wurde, blieben die Engländer und die Franzosen, die auf den Inseln lebten, hier. Niemand wurde je gezwungen, die Seychellen zu verlassen.« Er hielt kurz inne. »Sie sagten, die meisten Leute, die Sie trafen, sprächen Englisch mit einem ausgeprägten französischen Akzent, und das ist wahr. Was Sie nicht wissen, ist, dass die meisten Leute, die Ihnen in einigen der anderen Hotels oder in bestimmten Regierungsbehörden begegnen würden, Französisch mit britischem Akzent sprechen. Das liegt alles am Chevalier de Quinssy, der sich weigerte, in Angelegenheiten, die ihn nichts angingen, Partei zu ergreifen.«
»Das ist eine faszinierende Geschichte«, meinte Lara.
»In der Geschichte der Seychellen gibt es viele interessante Aspekte«, erwiderte Ibraham. »Vielleicht kann ich im Laufe der nächsten Tage ein paar davon mit Ihnen teilen.«
»Wurden Sie hier geboren?«
Er schüttelte den Kopf. »Ich komme aus dem Sudan. Ich lebe seit neun Jahren hier.«
»Was tun Sie hier? Sie konnten unmöglich wissen, dass ich kommen würde.«
»Ich war der Wüste müde. Nur verrückte Engländer wie Gordon und Lawrence lieben die Wüste. Wer dort geboren wurde, bevorzugt Wasser und Vegetation.«
»Klingt logisch für mich«, sagte Lara. Sie trat auf ihre Schultertasche zu, zog ihre Holster heraus, schnallte sie um und überprüfte dann ihre Pistolen.
»Das sind bemerkenswerte Waffen«, sagte Ibraham bewundernd.
»Das sind .32er Wilkes and Hawkins Black Demons. Fünfzehn Schuss im Magazin, speziell ausgewogen und mit Handflächenabdruck-Sicherung.«
»Sehr beeindruckend«, sagte Ibraham. »Wie nennen Sie sie?«
»Wovon reden Sie?«
»Ihre Waffen.« Er zog eine kleine Pistole aus
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