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Das Amulett der Pilgerin - Roman

Titel: Das Amulett der Pilgerin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Bastian
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drei Bier gebracht hatte und sie wieder allein waren, sagte Julian, zu Viviana gewandt: »Das ist Emmitt, ein angehender Agent des Königs. Ich bin mir nicht sicher, ob er es jemals so weit bringen wird, dass du mit ihm zu tun haben wirst.«
    Der junge Mann mit den blonden Locken ließ den Kopf hängen.
    »Emmitt, ich bin Viviana. Willst du uns nicht erklären, was hier vor sich geht?« Sie legte ihm freundlich die Hand auf den Arm. Julian blickte sie empört an.
    »Es tut mir furchtbar leid, Sir, und ich entschuldige mich auch bei Ihnen, Miss Viviana.«
    »Vergiss nicht, sie ist der Feind«, warf Julian ätzend ein.
    »Haben Sie denn keine Nachrichten aus Westminster bekommen, Sir?«
    »Was für Nachrichten?«
    »Es gibt eine Klage gegen Sie, und der Kardinal hat Sie vorläufig von Ihren Aufgaben entbunden.«
    »Was?« Julian blickte ihn entgeistert an.
    »Offenbar hat sich eine Miss Marguerite beschwert, dass Sie, nun ja …« Emmitt stockte.
    Julian winkte ab. Das hatte ihm gerade noch gefehlt.
    »Miss Marguerite, hm?«, bemerkte Viviana provozierend.
    Julian warf ihr einen wütenden Blick zu.
    »Wir hatten Sie schon gestern oder vorgestern erwartet, Sir«, erklärte Emmitt weiter.
    Er hätte sich tatsächlich melden sollen, dachte Julian, aber die Ereignisse hatten sich derart rasant entwickelt, dass ihm die Inbesitznahme der Liste vorrangig erschienen war. Er hatte Viviana nicht die Gelegenheit geben wollen, die Liste zu holen und sich dann aus dem Staub zu machen. Gleichzeitig war es nicht wünschenswert, dass sie wusste, wo die Geheime Kanzlei ein Büro in Saint Albans hatte.
    »Und da konntest du mich nicht einfach ansprechen, Emmitt?«
    Der junge Mann errötete.
    »Mister Thorn hatte gemeint, dass Sie vielleicht übergelaufen sind und auf eigene Faust die Liste an sich nehmen wollten, Sir.«
    Viviana brach in Gelächter aus.
    »Das kann doch wohl nicht dein Ernst sein, Emmitt!«
    »Es tut mir leid, Sir, aber Mister Thorn hatte mir Anweisungen gegeben, den Kurier« – er blickte unsicher auf Viviana –, »also Miss Viviana in Gewahrsam zu nehmen.«
    Julian stand auf.
    »Entschuldige, Viviana, aber ich muss mal mit meinem Kollegen allein sprechen.«
    Viviana lächelte spöttisch und neigte den Kopf. Emmitt und Julian setzten sich zwei Tische weiter.
    »Wer ist außer euch noch hier?«
    »Gilbert Miller.«
    »Sonst niemand?«
    »Die Kanzlei wird morgen noch zwei weitere Agenten schicken. Ich glaube, der Kardinal ist nervös, weil hier noch nichts passiert ist.«
    »Habt ihr den Spanier eingeholt?«
    »Jawohl, Sir.«
    »Wo ist er jetzt?«
    »Er ist im Loch, also ich meine, wir haben ihn eingesperrt.«
    Das »Loch« war ein unterirdischer Kerker in dem inoffiziellen Gebäude der Geheimen Kanzlei in Saint Albans. Es wurde für Verhöre und die kurzfristige Festsetzung von Verdächtigen und Feinden benutzt.
    »Steht der Spanier in irgendeiner Verbindung zu dem Kurier?«
    »Er behauptet nein, Sir.«
    Julian hob die Brauen. Emmitt hüstelte.
    »Mister Thorn hat ihm ordentlich zugesetzt, aber der Gefangene ist bei seiner Aussage geblieben.«
    »Was hat Thorn dann jetzt mit ihm vor?«
    »Das weiß ich nicht, Sir.«
    Julian dachte nach. Er konnte sich einer Anweisung des Kardinals nicht widersetzen, so sehr es ihm auch widerstrebte, die Angelegenheit abzugeben. Niemand, der ihn kannte, konnte ernsthaft glauben, dass er sich Miss Marguerite gegenüber ungebührlich benommen hatte. Aber ehe die Sache geklärt war, hatte der Kardinal wahrscheinlich keine andere Wahl. Wenn er Viviana erzählte, dass Rinaldo hier in Gefangenschaft war, würde sie darauf bestehen, ihn sofort zu befreien. Nein, besser er behielt diese Information zunächst für sich, und der Spanier musste leider noch ein bisschen länger im Verlies ausharren. Er blickte auf Viviana, die dort am Tisch mit ihrem Glas Bier das Bild einer unschuldigen Jungfer bot. Ihre Blicke trafen sich, und er konnte das ungute Glimmen in ihren Augen sehen. Sie stand auf und kam zu ihnen herüber.
    »Nun? Alles geklärt?«
    »Wollen Sie mit Mister Thorn sprechen, Sir? Ich kann solange auf sie aufpassen«, schlug Emmitt vor.
    »Du kannst nicht einmal auf dich selbst aufpassen. Ich habe vorhin dein Leben gerettet«, sagte Julian, missgelaunt auf seinen verletzten Arm blickend, der sich mit einem pochenden Schmerz deutlich bemerkbar machte, und Julian fragte sich, ob er nicht wegen der Verwundung die Aufgabe sowieso würde abgeben müssen.
    »Mach dir nichts draus, Emmitt,

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