Das Amulett der Seelentropfen (Seelenseher-Trilogie) (German Edition)
prangte. Ein Witz im Gegensatz zu dem, was ihn überschattete. Seine silbrigen Augen sahen mich mitfühlend an. Ich erkannte den Wunsch darin, mir einen Teil meiner Schmerzen zu nehmen. Ein sinnloser Wunsch. Gingen solche Wünsche doch nie in Erfüllung. Es war unmöglich, einem anderen Menschen eine solche Last abzunehmen.
»Janlan… Es tut mir so leid«, flüsterte er leise und liebevoll. Alleine meinen Namen aus seinem Mund zu hören, entzündete einen winzigen Funken der Wärme. Ein Funken in einem tobenden Schneesturm. Genauso kurzlebig und hoffnungslos.
»Ich weiß. Mir auch… Mir auch.«, meine Stimme erstarb in einem leisen Schluchzen. Wie sehr wünschte ich mir, mich jetzt in seinen Armen zu wissen. Die tröstende Wärme seines Körpers zu spüren und das beruhigende Klopfen seines Herzens. Nichts davon war möglich. Da er nichts davon besaß. Craig war nicht mehr, als die Gedanken und die Gefühle des Menschen der er mal gewesen war. Körperlos und zeitlos. Er war, was Keira war, nur war er den Seelensammlern entkommen. Sie hatte sich ihnen bereitwillig entgegen gestellt. Meinetwegen.
»Ich verursache also wirklich keine Schmerzen bei dir?«
Ich sah die Hoffnung in seinen Augen und zugleich die Unsicherheit. Er würde wieder verschwinden, sobald er auch nur annahm, dass er mir wehtat. Für einen Moment überlegte ich, ob ich nicht besser lügen sollte, dann entschied ich mich dagegen.
»Doch, das tust du, aber ich spüre es kaum. Ich sagte ja, ich habe gelernt Schmerzen zu ertragen.«
Er sah nicht überzeugt aus.
»Sicher? Sie sind nicht stark?«
Ich atmete einmal leise tief ein.
»Nicht mehr, als ein Mückenstich auf einem gebrochenen Bein.«
»Willst du dass ich bleibe?«
Ich nickte sofort.
»Ich würde noch viel mehr ertragen, wenn das heißt, dass du bei mir bleibst.«
Er lächelte mich an. Und wieder strahlte das Lächeln auch aus seinen Augen. Ich versuchte ihm ein ebenso ehrliches Lächeln zu schenken. Es gelang mir mehr schlecht als recht. Ich konnte nicht verdrängen, was es ihm ermöglichte bei mir zu sein. Ein Schatten, der seine Anwesenheit von nun an wohl immer begleiten würde. Er schaffte es in den nächsten Tagen, das klaffende Loch, das Keira hinterlassen hatte, ein wenig zu füllen. Auch wenn ich ihn nicht berühren konnte, war es immer noch ein winziger Trost. Craig wich mir nicht mehr von der Seite, obwohl er dabei immer seinen Abstand zu mir hielt. Auch wenn seine Anwesenheit nicht sonderlich schmerzte, so wäre seine Berührung immer noch tödlich für mich. Das durfte ich nie vergessen. Wenn ich jetzt starb, durch bloße Dummheit, dann wäre Keiras Opfer völlig umsonst gewesen. Ich wollte das Amulett nun noch viel stärker finden als zuvor. Ganz alleine aus dem Grund, dass dann Keira nicht ganz umsonst gestorben war. Ich traute mich nicht nach Kemt hinein, aus Angst, der Zirkel würde dort bereits nach mir suchen. Ich schlief jeden Tag im Auto und grübelte über das rätselhafte Gedicht. Craig beobachtete mich während dieser Stunden, ohne auch nur ein Wort zu sagen. Als ich frustriert seufzte, als ich wieder mal nicht hinter das Rätsel gekommen war, sah Craig mich forschend an.
»Weißt du eigentlich, dass ich einiges über deine und Keiras Familie weiß?«
Ich schreckte aus meinen Gedanken und sah ihn überrascht an.
»Was denn?«, ich erinnerte mich nicht, dass er vorher jemals erwähnt hatte, auch nur irgendetwas über meine Familie zu wissen.
»Zum Beispiel, dass Schützer und Seelenseher auf einzigartige Weise miteinander verbunden waren.«
Er hielt kurz inne und wartete meine Reaktion ab. Er wollte abschätzen, ob ich bereit war darüber zu reden. Ich spürte das Aufsteigen der Tränen, ließ mir aber ansonsten nichts anmerken.
»Deshalb hast du ihr so schnell verziehen. Und nur deshalb war sie imstande dich zu retten.«
Ich schüttelte den Kopf.
»Das stimmt nicht. Es war nicht die Verbundenheit von Schützer und Seelenseher die verhindert hat, dass einer von uns gebrochen wurde. Oder dass ich ihren Verrat verzeihen konnte.«
Bei dem Wort »Verrat« verzog ich die Mundwinkel. Ich fühlte mich nicht von Keira betrogen. Es war eher, als wäre es ein Verrat an Keira, wenn ich den Gedanken zuließ, dass sie mich verraten hatte. Ich runzelte die Stirn und fragte mich, ob das irgendeinen Sinn ergab.
»Das verstehe ich nicht«, sagte Craig und holte mich so aus meinen verqueren Gedanken. Ich seufzte und überlegte, wie ich es erklären konnte.
»Es ist
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