Das Amulett der Seelentropfen (Seelenseher-Trilogie) (German Edition)
über die Stadt reichte. Dieses Hotel musste eines der höchsten Gebäude sein. Ich konnte im Osten die alten Dächer erkennen. Sie boten das direkte Gegenstück zu den genormten, immer gleich aussehenden Dächern der Reihenhäuser im Westen.
Schon jetzt wusste ich, das, was auch immer wir suchten, in der Altstadt zu finden war. Ich hörte Keiras bewunderndes, »Oh«, aus dem anderen Zimmer. Noch einmal ließ ich meinen Blick über die Dächer gleiten, bevor ich zu ihr ins Schlafzimmer ging. Ich blieb in der Tür stehen. Keira hatte sich wie ein übermütiges Kind auf das überwältigende Bett geworfen und war nun in den Laken kaum mehr zu sehen.
»Das ist grandios. Dieses Bett ist so groß wie mein ganzes Zimmer.«
Ich lachte und warf mich ebenfalls auf die bereits aufgebauschten Decken.
»Dann hat sich mein Trotz doch in mehr als einer Hinsicht ausgezahlt.«
Ich konnte nicht genau sagen, woher Keiras Lachen kam.
»Und wohin gehen wir?«
Ich antwortete sofort und intuitiv, »In die Altstadt.«
Keira setze sich auf. Ungeduldig schlug sie die Decke flach, damit sie mich ansehen konnte.
»Weißt du schon wohin genau?«
Ich zuckte mit den Schultern.
»Nein, nicht wirklich. Ist nur so ein Gefühl.«
Keira kämpfte sich aus den Decken.
»Dann lass uns gehen, aber ich will vorher noch etwas essen.«
Mein Magen knurrte, wie um ihren Worten Nachdruck zu verleihen.
»Das ist gar keine schlechte Idee. Einverstanden, wenn wir uns auf dem Weg etwas holen?«
Keira nickte und kramte in ihrer Reisetasche nach einer Jacke. Der Himmel war bewölkt und einige Wolken hatten eine unschöne gräuliche Färbung.
»Gute Idee.«
Schnell sprang auch ich auf die Füße. Ich landete natürlich nicht so sicher wie sie. Ich schwankte einen winzigen Moment, bis ich mein Gleichgewicht fand. Keira wartete geduldig. Sie war es ja schließlich gewohnt. Ich griff nach meiner braunen Jacke und schon waren wir aus der Suite verschwunden.
»Ist alles zu Ihrer Zufriedenheit?«
Die schnurrende Stimme Reynolds erklang, sobald er uns über seine Nase hinweg entdeckte. Ich schupste Keira weiter und winkte Reynolds nur beiläufig zu. Auf der Straße herrschte noch reger Betrieb. Klar, es war ja auch erst vier Uhr.
»Was willst du essen?«, fragte ich beiläufig.
Auf der Einkaufzeile gab es so viele Restaurants und Imbissstände, dass es unmöglich schien, sich für irgendetwas zu entscheiden.
»Pizza? Dort drüben können wir uns jeder ein Stück kaufen.«
Keira wies auf einen Imbissstand, gleich neben einer unheimlich großen Buchhandlung. Ich war einverstanden. Mein Magen würde sich mit allem zufriedengeben. Wir schlenderten die Straße hinunter. Es war nicht schwer, den Weg in die Altstadt zu finden. Er war wunderbar ausgeschildert. Warum, konnte ich mir nicht erklären. Der Bruch kam so plötzlich, dass es wirkte, als hätten wir gerade eine andere Stadt betreten. Der glatte schwarze Straßenasphalt ging in unzählige, von der Zeit gezeichnete Kopfsteinpflastersteine über. Es gab keinen Bürgersteig oder etwas dergleichen. Die Häuser standen gedrängt, aber jedes für sich. Keines war der Zwilling eines anderen. Die meisten waren alte Backsteinhäuser. Nur wenige hatten Holz in der Fassade. Die Grünanlagen waren ebenso unterschiedlich. Es war deutlich sichtbar, wer seinen Garten pflegte.
»Nach was suchen wir?«
Keira lief neben mir und betrachtet die Häuser fast genauso eindringlich wie ich.
»Das weiß ich noch nicht. Nach irgendetwas, dass eines dieser Häuser mit dem Orden von Alverra in Verbindung bringt. Es ist bestimmt nur eine Kleinigkeit. Etwas, das niemanden auffallen würde, wenn er nicht speziell danach Ausschau hält.«
Ich hoffte, dass es etwas Derartiges sein würde. Wir liefen zwischen den Häusern hindurch, bis die Sonne die Ziegeldächer in ein tiefes Rot tauchte. Das beendete unsere Suche für heute. Schnell kehrten wir auf die immer noch gut besuchte Einkaufsstraße zurück. Wir suchten uns das Restaurant mit den meisten Leuten aus. Es war ein Südländisches. In der Masse fühlten wir uns sicherer, auch wenn ich keine Seelenjäger sehen konnte. Riskieren wollten wir es dennoch nicht.
Gesättigt und äußerst müde kehrten wir in unser Hotel zurück. Reynold lauerte schon an der Rezeption auf uns. Wieder hörte ich seine schleimige Stimme und drängte Keira schneller zu laufen, bevor er uns einholte. Schmieriges Etwas. Ich wollte nicht mehr Worte als unbedingt nötig mit ihm wechseln. Bei meiner
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