Das Amulett der Seelentropfen (Seelenseher-Trilogie) (German Edition)
fluchte.
»Janlan, ich kann das nicht erkennen. Komm kurz her.«
Widerwillig ging ich zu ihr zurück und wartete. Sie stöhnte genervt.
»Anfassen Janlan. Schon vergessen? Ich kann das nicht lesen und die Zeichnung ist nur ein schwarzer Fleck.«
»Oh… ach so. Klar. Entschuldige.«
Schnell berührte ich die Buchseite und kam mir dabei selten dämlich vor. Sie nickte und sofort zog ich meine Hand zurück. Nun eilte auch sie, wie ich, an den vielen Regalreihen entlang. Der Raum war größer als er auf den ersten Blick wirkte. Wir suchten bestimmt schon eine kleine Ewigkeit, als Ryan auch zu uns kam.
»Was sucht ihr?«
Ich wollte nicht, dass Ryan von meinem kleinen Gebrechen erfuhr. Gerade als Keira den Mund öffnete, um ihm zu antworten, sah ich sie warnend an und schüttelte den Kopf. Ryan sah es nicht. Er sah, wie schon den ganzen Tag, nur zu Keira. Sie schaltete schnell genug und sagte, »Nichts Besonderes. Wir wollen nur nichts Wichtiges übersehen. Hast du noch etwas nebenan gefunden?«
Sie wollte Ryan aus dem Raum locken, damit ich weiter suchen konnte. Mehr als alles andere wollte Keira, dass ich diese Anfälle nicht mehr erdulden musste. Dafür log sie Ryan auch bereitwillig an. Sie nahm seine Hand. Hätten ihre Worte alleine noch nicht gereicht, diese Geste hätte Ryan von allem abgelenkt. Sie zog ihn hinaus und warf mir einen kurzen Blick zu und deutet mit einem Nicken zu der Regalwand an meiner rechten. Ich wartete, bis Ryans blonder Kopf verschwunden war, bevor ich zu dem Regal stürzte, das Keira mir herausgedeutet hatte.
Die Geräte hier ähnelten schon eher der Abbildung im Buch. Allerdings sahen sie aus, als würden Teile fehlen und als hätte jemand an ihnen herumgebastelt. Sie waren einem Gealen ähnlich, aber einen richtigen hatte ich noch nicht gefunden. Ich lief das Regal unzählige Male hoch und runter und dachte schon fast, dass hier nicht ein einziger Gealen war. Ich stand an der hintersten Wand und legte die Stirn frustriert in Falten und biss auf meine Lippe. Hier musste einfach irgendwo ein Gealen sein. Alle Geräte sahen aus, als wären sie nach seinem Vorbild gebaut worden, also wo war die Vorlage?
Ich blies mir die störende Strähne meines Ponys aus dem Gesicht. Es war endlich wieder trocken, aber kräuselte sich jetzt furchtbar. Meine Gedanken rasten und suchten nach einem Hinweis auf etwas, das mir weiter helfen würde. Ein Gealen war wie Ryan sagte ein gefährliches Gerät. Es bewirkte, was der Orden versucht hatte zu verhindern. Sie würden es also nicht einfach so zu den anderen Geräten in ein Regal legen. Sie mussten es versteckt haben. Genauso wie mein Großvater den Ring versteckt hatte, der sich inzwischen als Schlüssel herausgestellt hatte. Und wenn nur das Oberhaupt den Schlüssel zum Versteck hatte? Unwillkürlich sah ich auf meinen Ring. Dann wanderte mein Blick über meinen Verband. Erst dachte ich, dass er einfach nur dreckig war. Doch dann musste ich feststellen, dass die Flecken darauf dunkelrot schimmerten. Blöder Mist. Mit meinen hektischen unüberlegten Bewegungen musste ich viele der Schorfe wieder aufgerissen haben und jetzt bluteten sie. Das würde Keira gar nicht gefallen. Jetzt spürte ich auch das schmerzhafte Pochen. Ich war eben noch zu aufgeregt und abgelenkt gewesen, um den Schmerz zu bemerken.
Blöder Mist! Blöder Mist! Blöder Mist! Ich steckte die Hand in meine Jackentasche. Vielleicht konnte ich es vor Keira verbergen und mir später selbst den Verband wechseln. Jetzt musste ich erst einmal das Versteck finden. Derjenige, der die Nachbildungen gebaut hatte, musste ein Musterstück vor Ort gehabt haben. Folglich musste hier irgendwo ein Gealen sein. Aufmerksam musterte ich jeden Zentimeter der Wand. Ich hoffte, wieder einen brüllenden Löwen zu finden. Da war keiner. Ich biss mir erneut auf die Lippen und wandte mich wieder zu den Regalen. Gerade als mir etwas auffiel, hörte ich Keiras Stimme aus dem Nebenraum.
»Janlan, wir sollten bald zurück ins Hotel. Wir sind schon Stunden hier und Ryan will nicht, dass wir im Dunklen draußen auf der Straße sind.«
Wirklich, das wollte Ryan nicht? Warum bloß? Ich wollte mich wieder den Regalen zuwenden, als ich nun Ryans Stimme hörte.
»Janlan, was machst du da drin eigentlich?«
Ich hörte dumpfe Schritte in meine Richtung kommen. Wenn Ryan die Nachbildungen sah, würde er wahrscheinlich wissen, was ich suchte. Ich hatte also nicht mehr viel Zeit. Ich hörte, dass Keira ihn wieder ablenkte,
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