Das Amulett der Seelentropfen (Seelenseher-Trilogie) (German Edition)
heraufkam.
»Natürlich Miss Alverra.«
Ich wollte gerade den Hörer wieder auflegen, als die schleimige Stimme sich penetrant räusperte.
»Miss Alverra, das Zimmermädchen hat mir von einer zerbrochenen Lampe und einem… nun ja… einem ungewöhnlich verschmutzen Bettlaken berichtet. Sie verstehen sicherlich, dass ich Ihnen das in Rechnung stellen muss.«
Natürlich musste er das. Ich hörte, wie seine Stimme nach Klatsch verlangte. Er brannte danach zu wissen, was heute Nacht passiert war. Diese Genugtuung würde ich ihm sicher nicht geben.
»Aber natürlich Reynolds. Setzten Sie es auf die Rechnung. Wir werden die Suite ohnehin noch eine Nacht länger benötigen.«
Die Enttäuschung war kaum zu überhören. Ich lächelte vergnügt.
»Wie Sie wünschen, Miss Alverra. Einen schönen Abend noch.«
»Keira beeil dich. Ryan wartet und Reynolds lechzt nach Tratsch.«
Keira trat aus dem Schlafzimmer und trug ein champagnerfarbenes Kleid. Warum hatte sie bloß ein Kleid eingepackt. Ich war nicht mal für eine Sekunde auf die Idee gekommen, ein Kleid mit auf diese Irrsinnsreise zu nehmen. Andererseits besaß ich eigentlich auch kein Kleid.
»Du bist sicher, dass du nicht mit willst?«
Das war jetzt mindestens das fünfte Mal, dass sie mich fragte. Und ihr Outfit sprach nicht gerade dafür, dass es auf ein Treffen mit einem Freund hinauslief.
»Nein, Keira ich möchte wirklich nicht. Ich werde lieber ein wenig lesen. Und du gehst jetzt endlich, sonst überlegt Ryan es sich noch anders. Lange hält er es mit Reynolds alleine ganz bestimmt nicht aus.«
Ich zumindest würde es keine fünf Minuten aushalten. Sie sah mich böse an und unterdrückte den Reflex mir die Zunge herauszustrecken. Sie fragte noch einmal, bis die Tür der Suite endlich hinter ihr zufiel. Ich war jetzt alleine. Sofort nahm ich den Gealen wieder in die Hand und klappte ihn auf. Dieses Mal gelang es mir schneller als beim ersten Mal. Die Kugel fing erneut an leicht bläulich zu leuchten. Ich erkannte das Blau. Es war das gleiche Blau, dass auch Keiras und meine Seelenenergien hatten. Das war ganz sicher kein Gealen der Seelenjäger. Es war einer des Ordens. Er zerstörte nicht, sondern reparierte. Blieb nur die Frage wie?
Aufgeregt und zielstrebig durchforstete ich jede einzelne Seite des mitgenommenen Buches. Ich suchte nach allem, was auch nur im Entferntesten mit der Aktivierung des Gealen zutun hatte oder wie genau er funktionierte. Da war nichts. Nur das unverständliche Gebrabbel, wie dieses Ding zusammengesetzt war. Jede Seite, auf der vielleicht einmal etwas Hilfreiches gestanden hatte, war heraus gerissen worden. Verärgert schlug ich das Buch zu und warf es durch den halben Raum. Ich hätte darauf achten sollen, wohin ich warf. Das Buch schlug mit lautem Klirren gegen eine furchtbar hässliche Vase. Schade war es um diese Vase nicht, dennoch ärgerte ich mich. Ich hörte schon Reynolds Stimme, die mir schleimig mitteilte, dass er meiner Rechnung auch noch eine Vase hinzufügen müsse… Blablabla. Verärgert kniete ich mich neben die Scherben und sammelte die größten auf. Sie fielen mit einem weiteren Klirren in den zum Glück nicht weit entfernten Papierkorb. Als ich dort kniete und meine Augen über das Buch huschten, fiel mir auf, dass sein Einband mir bekannt vorkam. Als hätte ich ein solches Buch schon einmal gesehen oder zumindest ein Ähnliches. Ich griff danach und richtete mich auf. Ich hielt es in das inzwischen fahle Mondlicht. Nein. Es war nicht der Einband, der mir bekannt vorkam. Es war das Papier. Es war sehr alt und hatte kaum sichtbare rote Fäden, die sich hindurchzogen. Diese Fäden gaben dem Papier einen ungewöhnlichen orange Schimmer. Ich hatte solche losen Blätter in der Höhle unter dem Haus des Ordens gesehen. Sie hatten überall auf dem Boden verstreut gelegen. Ich war so auf die Bücher auf dem Tisch fixiert gewesen und dann auf die Suche nach dem Gealen, dass ich kein einziges der am Boden liegenden Blätter angesehen hatte. Die fehlenden Seiten waren noch in dem Raum.
Wer auch immer sie vernichten wollte, war nicht dazu gekommen oder zumindest nur zum Teil. Ich schnappte mir meine Jacke vom Sofa und den Rucksack vom Bett. Ich überlegte nicht lange. Die Fahrstuhltür ging zur Lobby auf und ich eilte auf die Eingangstür zu, als ein schleimiges Geräusch mich aufhielt.
»Gehen sie noch aus, Miss Alverra?«
Tratschbesessenes schleimiges, aalglattes Etwas. Diesem Kerl konnte man einfach nicht
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