Das Amulett der Zauberin: Roman (German Edition)
nicht so viel Zeit. Lass es jetzt einsinken: Du warst in keinster Weise dafür verantwortlich, Eve. Nicht für das Feuer, nicht für den Tod deiner Eltern oder für irgendetwas anderes, wovon du immer überzeugt warst, dass es dein Fehler war.«
Gerührt von seiner Leidenschaft, sah sie ihm tief in die Augen. »Woher wusstest du, dass Porter im Bericht gelogen hat?«
»Das wusste ich nicht.«
»Du musst eine Ahnung gehabt haben, sonst hättest du ihn nicht schon angerufen, bevor ich Chloes Namen im Türrahmen entdeckt habe.«
»Ahnung ist ein zu starkes Wort. Ich hatte Fragen. Und zuerst hatte ich nicht einmal die, nur ein vages Unbehagen bei der Beschreibung, wie das Feuer angeblich abgelaufen ist. Je mehr Taggart über die Energie im Turmzimmer sprach und davon, dass es ein mächtiger Ort ist, desto misstrauischer wurde ich. Deine Großmutter ist eine sehr mächtige Zauberin, nicht so mächtig wie du – oder wie du sein könntest –, aber sicherlich niemand, mit dem man spaßen kann. Taggart ist voller Ehrfurcht für das Vermächtnis der T’airnas«, erklärte er ihr mit einem nachdenklichen Lächeln. »Und er hat nur vor wenigen Dingen Respekt.«
In ihr kribbelte es, als er langsam die Hände über ihre Arme gleiten ließ, um schließlich ihre Hände festzuhalten, als er weitersprach.
»Es ergab einfach keinen Sinn, dass eine liebende Großmutter, die all diese Macht zur Verfügung hatte – eine Großmutter, die bereit war, ihr Leben zu riskieren, um ihre Enkelinnen zu retten – diese Magie nicht schon im Vorfeld eingesetzt haben sollte, um euch zu beschützen.«
»Feuer ist ein natürliches Element«, gab sie zu bedenken. »Wenn Gran es aus dem gesamten Haus verbannt hätte, hätten wir nicht einmal ein Streichholz anzünden oder den Kamin benutzen können.«
»Schon wahr, aber sie muss in der Lage gewesen sein, das Haus vor jeder negativen Auswirkung ihrer Magie zu schützen. In diesem Turmzimmer gab es mächtige magische Rituale. Hast du dich nie gefragt, warum sie keine Vorkehrungen getroffen hat, damit sie nicht in den Rest des Hauses überschwappt?«
Eve zuckte mit den Achseln. »Ich nehme an, ich bin einfach davon ausgegangen, dass das, was sie getan hat, versagt hat oder dem Feuer nicht gewachsen war.«
»Hat sie dir das erzählt? Hat sie dir je erklärt, was passiert ist?«
»Sie hat es versucht«, gab Eve schuldbewusst zu. »Ich habe mich geweigert, ihr zuzuhören. Ich wollte nichts über Magie hören, oder über diese Nacht.«
»Und ich konnte es einfach nicht ruhen lassen. Besonders nicht, nachdem ich die Fernsehberichte aus dieser Zeit gesehen hatte.«
Sie wirkte überrascht. »Wie hast du das denn bloß geschafft? Das war vor dem digitalen Zeitalter, als Kassetten noch wieder und wieder benutzt wurden.«
»Nicht alle. Viele von denen, die überlebt haben, wurden der historischen Gesellschaft übergeben und werden gerade archiviert und ins digitale Zeitalter geholt.«
»Ja, aber das ist ein ziemlich neues Projekt«, hielt Eve dagegen, »und ein riesiges. Es wird noch Jahre dauern, bis diese Archive der Öffentlichkeit zugänglich sind.«
»Was ohne Zweifel der Grund ist, warum der Direktor meine großzügige Spende so bereitwillig angenommen und mir die Bänder herausgesucht hat, die ich haben wollte. Sobald ich sie gesehen hatte, wusste ich, dass ich nicht lockerlassen konnte, bevor ich nicht wusste, was geschehen war.«
»Warum? Was hast du in den Berichten gesehen?«
»Dich«, erklärte er ihr. »Ich habe dich gesehen. Ohne all den Stil und die Selbstsicherheit und das professionelle Know-how natürlich. Aber trotzdem warst es du. Dieselben wunderschönen Augen«, sagte er, hob eine Hand und strich ihr mit dem Finger über die Wange. »Dasselbe süße, sture Kinn. Ich habe den Bericht wieder und wieder angeschaut. Darin standst du nach dem Trauergottesdienst auf den Stufen der Kirche.«
Eve schloss die Augen, und plötzlich fühlte sich ihr Gesicht heiß an. Sie hatte den Bericht, über den er sprach, nie gesehen, aber sie erinnerte sich natürlich an diesen Tag. Sie erinnerte sich daran, wie sie dort gestanden hatte. Schneeflocken wirbelten in der Luft, der eisige Wind riss ihr die Tränen von der Wange und die Kirchenstufen waren mit einer dünnen Schicht Eis bedeckt.
»Eine große, dünne Frau mit silbernen Haaren und silberner Brille stand direkt hinter dir und deiner Schwester«, sagte er.
»Meine Großmutter Lockhart.«
»Sie versuchte, sich zwischen euch beide
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