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Das Amulett der Zauberin: Roman (German Edition)

Das Amulett der Zauberin: Roman (German Edition)

Titel: Das Amulett der Zauberin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Coughlin
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hatte. Sie hatte wieder und wieder darum gebettelt, sie zu hören. Das Mädchen, das in einer hölzernen Badewanne auf dem Wasser trieb, war Eves Urgroßtante Lydia. Lydias Mutter war ein Küchenmädchen, ihr Vater erster Lakai, und sie reisten mit ihrem reichen Arbeitgeber auf der Unity, um in Providence ein neues Leben zu beginnen.
    Heute wäre die Nachricht von dem Unglück quasi schon einmal um die Welt, bevor das Schiff auf dem Meeresgrund angekommen war. Das Jugendamt würde das Baby entgegennehmen, sobald es an Land gebracht wurde. Sie würden anhand der elektronischen Passagierlisten der Unity ihre nächsten Verwandten ausfindig machen und das Kind in das erste Flugzeug zurück nach Dublin setzen.
    Vor über hundert Jahren liefen die Dinge allerdings etwas anders. Da ihre Eltern tot waren und ihre restlichen Verwandten auf der anderen Seite des Atlantiks lebten, wurde die sechs Monate alte Lydia von einer ortsansässigen Familie adoptiert – eine von Dutzenden, die von ihrer Geschichte gerührt waren und sich angeboten hatten, ihr ein Zuhause zu geben. Jahrzehnte waren vergangen, bevor sie Kontakt zu ihren Verwandten in Irland bekam.
    Lydias Sohn war Pilot, der im Zweiten Weltkrieg in England stationiert war. Aus Spaß reiste er an einem Wochenende nach Irland, weil er seine Mutter mit einem Bild von ihrem Heimatdorf überraschen wollte. Und als er Glengara fand, fand er auch eine Familie. Danach hatten sich Gran und ihre Tante Lydia Briefe geschrieben, und als der Krieg vorbei war, hatten die verwitwete Lydia ihren einzigen Sohn und die schwangere Gran die Liebe ihres Lebens verloren, bevor sie ihn heiraten konnte. Lydia brauchte jemanden, der das leere Haus und die leeren Tage mit Leben füllte, und Gran brauchte einen Ort, an dem sie neu anfangen konnte. Ihre Großmutter hatte es so ausgedrückt: Es war eine wunderbare Lösung für alle Beteiligten.
    »1898«, fuhr Ben fort, nachdem er in seinen Notizen geraschelt hatte. »Vor über einem Jahrhundert. Und das heißt, dass wir hier ein Stück Historie haben, ein Teil eines lange verlorenen Schatzes. Hier vereinen sich Geschichte und Eleganz und Diamantstaub zu einem wunderbaren Schmuckstück. Also, wer eröffnet die Auktion mit einem Gebot von mageren Fünfhundert?«
    Sofort schoss ein gutes Dutzend Bieterschilder im ganzen Ballsaal in die Luft. Ben zeigte nacheinander auf jedes einzelne. »Fünfhundert, Sechshundert, Siebenhundert«, rief er. »Achthundert, Neunhundert und da ist die glückliche Tausend, da drüben neben dem Kaffeetisch, die kleine Dame in Blau.«
    »Es ist ja hübsch, auf altmodische Art«, sagte Jenna mit wenig Enthusiasmus. »Aber ehrlich, wie oft kann man schon eine Sanduhr tragen?« Sie schlug den Auktionskatalog auf der Seite des Anhängers auf, so dass Eve es sehen konnte. »Und was soll man dazu bloß anziehen?«
    Eve antwortete nicht. Sie hörte kaum die Frage, weil ihre gesamte Aufmerksamkeit auf die goldene Sanduhr gerichtet war, die von der Schauspielerin so gehalten wurde, dass sie das Licht reflektierte. Als die junge Frau den Anhänger drehte, schossen feine weiße Strahlen durch den Raum und durchschnitten die Luft wie Sternschnuppen. Eve war völlig verzaubert und spürte eine plötzliche Sehnsucht, die sie ihr Bieterschild heben ließ.
    Die Gebote stiegen höher und höher und die Zahl der Bieter nahm ab, erst waren es noch sechs, dann fünf, dann vier.
    Jeden Moment, dachte sie, jeden Moment gibt es einen Gewinner. Die Auktion würde mit dem nächsten Stück weitergehen und der Anhänger würde jemand anderem gehören. Etwas tief in ihr rebellierte bei dieser Vorstellung.
    Ihr Herz raste und Bens Worte wirbelten ihr durch den Kopf.
    Sei kein Idiot, warnte ihr gesunder Menschenverstand.
    Jetzt gleich ist es weg, gleich, jeden Moment.
    »Zweitausendsechshundert«, sagte der Auktionator.
    Außer Sternenstaub gibt es nichts Magischeres auf der Welt.
    Und nun wurde dieser Abend, der so gewöhnlich begonnen hatte, zu etwas völlig anderem.

Drei
    S päter konnte sie sich nicht daran erinnern, ihr Schild in die Luft gehalten zu haben, aber da war es plötzlich, hoch oben, und wackelte in einem aufgeregten »Schau mich an, schau mich an«-Rhythmus. Offensichtlich war ihr Gebotsstil nicht gerade von Reife geprägt.
    Es dauerte nicht lange, bis Ben sie entdeckte und in ihre Richtung nickte. »Ah, ein neuer Interessent. Ein Gebot von dreitausend von der wunderbaren Eve Lockhart.«
    Dreitausend Dollar. Irgendwo am äußersten Rand

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