Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Amulett der Zauberin: Roman (German Edition)

Das Amulett der Zauberin: Roman (German Edition)

Titel: Das Amulett der Zauberin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Coughlin
Vom Netzwerk:
ihres Bewusstseins war Eve klar, dass sie den Verstand verloren hatte. Aber das hielt sie nicht auf. Verdammt, es bremste sie nicht einmal. Die Gebote wurden immer höher und sie bot weiter. Was machte es für einen Unterschied? Sie hatte ihren Sparstrumpf schon mit dem ersten Gebot aufgebraucht. Jetzt standen ihre Ferienkasse, ihr Weihnachtsgeld und sogar Rorys College-Kasse zur Disposition und warteten darauf, verjubelt zu werden.
    Eve war es egal. Das Einzige, was jetzt zählte, war, mit diesem Anhänger aus dem Saal zu gehen. Als die Gebote die Fünftausend erreichten, schüttelte eine Frau ein paar Tische vor ihr den Kopf und senkte ihr Schild. Eve empfand ein Hochgefühl, von dem sie genau wusste, dass es völlig irrational war.
    »Da waren’s nur noch zwei«, verkündete Ben. Er rieb sich an seinem Rednerpult die Hände und lächelte sie an. »Höre ich fünftausendzweihundertfünfzig?«
    Die Gebotssprünge hatten von hundert auf zweihundertfünfzig Dollar gewechselt und zum ersten Mal zögerte sie, aber die Auktionskriegerin, die ihren Körper gekapert hatte, weigerte sich, Kapitulation auch nur zu erwägen. Eve schluckte schwer und nickte.
    »Fünftausendfünfhundert?«, fragte er und sein Blick glitt zur anderen Seite des Ballsaals.
    Und wieder zu ihr.
    »Fünftausendsiebenhundertfünfzig?«
    Schlucken. Nicken.
    »Sechstausend?«
    »Sechstausendfünfhundert?«
    Jetzt waren es Fünfhundertersprünge. Das war verrückt. Sie nickte.
    »Siebentausend?«
    »Siebentausendfünfhundert?«
    Jedes Mal, wenn eine Gebotssumme in ihre Richtung geworfen wurde, nickte sie schnell, bevor sie Zeit zum Nachdenken hatte. Wenn sie sich auch nur einen klaren Gedanken erlaubte, könnte der gesunde Menschenverstand wieder das Kommando übernehmen. Sie erinnerte sich vage daran, einmal gelesen zu haben, dass man bei einer Auktion nie bieten sollte, ohne sich ein klares Limit zu setzen. Sie hatte diese rationale Grenze nicht. Wie denn, ohne Verstand?
    Ihr war egal, wie hoch die Gebote stiegen. Sie würde nicht aufhören.
    Sie würde nicht verlieren.
    Sie würde diesen Saal nicht ohne den Anhänger verlassen.
    »Neuntausendfünfhundert?«
    »Zehntausend?«
    Als Ben diesmal auf die andere Seite des Ballsaals blickte, sah auch Eve hinüber. Ihr Sehvermögen war ziemlich gut, aber normalerweise hätte auch das nicht ausgereicht, um jemanden am anderen Ende des vollen Saals zu identifizieren. Heute hatte sie aber überhaupt kein Problem damit, das dunkle Haar und den dunklen Mantel zu erkennen. Und es überraschte sie überhaupt nicht, dass ihr Gegner der Mann war, dem sie zuvor begegnet war. Es überraschte sie nicht, aber aus irgendeinem Grund, über den sie momentan nicht nachdenken konnte, war sie nun noch entschlossener, nicht zu verlieren.
    »Zwölftausend?«
    Sie hörte jemanden, vielleicht Jenna, fragen: »Bist du verrückt?«
    Das musst du noch fragen?, dachte Eve.
    »Dreizehn? Höre ich die glückliche Dreizehn? In der Tat. Ich habe dreizehntausend zu meiner Linken. Habe ich vierzehn?«
    Sie nickte voller Überzeugung, und ihr Blick war geradewegs über das Meer von Tischen und elegant gekleideten Gästen gerichtet. Sie starrte ihn direkt an, als er den Kopf drehte und zurückstarrte. Und in diesem Moment spürte sie zum zweiten Mal an diesem Abend eine plötzliche, deutliche Veränderung in den Energieströmen des Raumes. Nur diesmal war es viel stärker.
    Die Dinge wurden immer merkwürdiger. Und merkwürdig war niemals gut. Es zog die falsche Art von Aufmerksamkeit auf sich und lief allem zuwider, was sie darstellte. Merkwürdig nährte Gerüchte und Geschwätz. Merkwürdig konnte Ansehen und Leben zerstören … insbesondere ihres. Im Nachrichtengeschäft gründete sich ein guter Ruf auf Ehrlichkeit, Ausgeglichenheit und – selbstverständlich – Normalität.
    Trotzdem gab sie den Anhänger nicht auf. Sie wollte, dass er aufgab. Sie wollte, dass er einfach sein Schild sinken ließ und verdammt noch mal aufgab.
    Am Ende war es so einfach. So einfach wie Fahrrad fahren oder von einem Zaun fallen oder einen Wunsch aussprechen … so einfach, als wären die letzten Stunden nicht vergangen und als könnte sie dem Schicksal immer noch trauen.
    Sie wollte diesen Anhänger, diese kleine goldene Sanduhr unbedingt, und wie von selbst sammelten sich ihre Gedanken, bis sie einen einzelnen, klaren Strahl bildeten, der nur auf dieses Ziel gerichtet war. Die Realität beugt sich dem Wunsch. Grans Worte tauchten wie aus dem Nichts

Weitere Kostenlose Bücher