Das Amulett der Zauberin: Roman (German Edition)
Fähigkeiten darauf konzentriert, alles über sie herauszufinden, was möglich war. Dank ihrem Status als lokale Berühmtheit gab es jede Menge zu erfahren. Und wenn man bereit war, tief genug zu graben – was er war –, gab es auch noch Kommentare und Erinnerungen von Lehrern und alten Freunden, die in vielen Jahrgängen von Storys und Interviews vergraben lagen.
Er hatte diese Ansammlung von Fakten genommen und sie vorsichtig zusammengesetzt, bis er ein umfassendes Bild ihres Lebens und damit auch ein gutes Bild von der Frau hatte, die sie war.
»Ich weiß, dass sie hier sein wird, weil sie einmal mitten in einem Schneesturm ein Räumfahrzeug angehalten und den Fahrer überredet hat, sie quer durch die Stadt zu fahren, nur damit sie dem Mann vom Zeitungsstand vor ihrem Büro zu seinem achtzigsten Geburtstag einen Kuchen bringen konnte. Weil sie es ihm versprochen hatte. Und«, fuhr er fort, »weil sie sich einmal im Jahr als eine Mrs. Piggle-Wiggle verkleidet, um einer Schulklasse ein Buch mit diesem Titel vorzulesen.« Er versuchte, bei dem Gedanken daran, wie Mrs. Piggle-Wiggle auf dem Umschlag des Buchs aussah, nicht zu lächeln, und wünschte sich gleichzeitig, er könnte Eve in einer weißen Spitzenschürze und einem flachen Strohhut mit schwarzem Band sehen. »Sie tut es einfach, weil sie es einmal mit großem Erfolg getan hat und es für die Kinder dieser Jahrgangsstufe zu einem Ritual geworden ist. Darauf freuen sie sich schon das ganze Jahr.«
Taggart verzog verwirrt das Gesicht. »Also glaubst du, dass sie hierherkommt, um uns ein Buch über ein Schwein vorzulesen?«
»Nein, du Idiot. Sie kommt, weil sie gesagt hat, dass sie kommt. Weil sie ihre Hilfe zugesagt hat und weil sie nicht die Art von Frau ist, die ein Versprechen bricht.«
Wie aufs Stichwort klingelte es an der Tür. Hazard stand auf und war auf seinem Weg zur Tür schon ein paar Schritte weit gekommen, als Taggart ihn aufhielt.
»Bist du dir sicher, Gabriel?«, fragte er. »Bist du dir sicher, dass du das willst?«
Hazard blickte finster. »Das musst du wirklich fragen?«
»Ja, muss ich, weil es keinen Weg zurück gibt, nicht wahr? Wenn ich recht habe, wenn es funktioniert, dann kann es nicht rückgängig gemacht werden.«
»Das weiß ich«, antwortete Hazard leise.
Taggart war inzwischen auch aufgestanden und sah Hazard ernst an. »Es herrscht doch keine Eile, oder? Vielleicht sollten wir noch ein wenig warten, bis wir mehr über dieses Ritual in Erfahrung gebracht haben. Ich meine die Details. Ich habe es schließlich selbst noch nie durchgeführt, nur davon gehört … und das noch nicht mal aus erster Hand. Ich habe das Gefühl, wir sollten … mehr wissen.«
In den letzten Tagen hatten sie dieses Gespräch mehrmals geführt. Hazard verstand Taggarts Sorgen. Er hatte nur einfach keine Zeit mehr, darüber zu streiten.
Er streckte den Arm aus und legte eine Hand auf Taggarts Schulter. »Vertrau mir. Ich habe lange darüber nachgedacht. Das ist es, was ich will … jetzt mehr als jemals zuvor«, fügte er hinzu, als er an Eve dachte und daran, wohin die wachsende Anziehungskraft vielleicht führen konnte. »Und wir sind in Eile, weil wir es tun müssen, solange Eve noch bereit ist, uns den Talisman zu leihen.«
»Ich dachte, sie hält ihr Wort«, hielt Taggart dagegen.
»Das wird sie. Außer«, dieses Wort betonte er, »sie findet heraus, dass sie ihr Wort aufgrund vorgetäuschter Tatsachen gegeben hat.«
Es klingelte wieder, und Taggart folgte ihm grummelnd zur Eingangstür.
»Vortäuschung falscher Tatsachen ist richtig. Mir scheint, wenn du dir so sicher bist, dass du das Richtige tust, solltest du auch keine Angst haben, es zuzugeben.«
»Ich habe keine Angst«, blaffte Hazard zurück, weil er langsam die Geduld verlor. »Wir haben das schon besprochen. Sie hat nichts mit alldem zu tun, und ich finde auch nicht, dass sie sich verantwortlich fühlen sollte für … was auch immer passiert.«
»Hm«, sagte Taggart.
Hazard öffnete die Tür. Und lächelte.
Heute trug sie eine gelbe Bluse – so hell wie frischgeschlagene Butter – mit schwarzer Jacke und schwarzem Rock. Zuerst hatte er gefunden, sie sollte nicht so viel Schwarz tragen, aber inzwischen gefiel es ihm, weil es die wenigen Farben, die sie trug, umso stärker leuchten ließ. Und weil es ihre eigenen Farben zum Strahlen brachte – den glänzenden Kupfer- und Zimtton ihrer Haare und den hellen Elfenbein- und Pfirsichton ihrer Haut.
Immer noch
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