Das Amulett der Zauberin: Roman (German Edition)
erfahren, wie sie von einer Macht mitgerissen wurde, die viel stärker war als sie selbst. Einer grenzenlosen, unerklärlichen Macht, die bereit war, einen aus dem Leben herauszureißen, das man kannte, und in eine Welt zu werfen, die völlig anders war und wo man sich zurechtfinden musste, so gut es eben ging.
Manche hätten behauptet, dass sie beide ihr Unglück selbst heraufbeschworen hatten, weil sie der mysteriösen Macht der Magie die Tür geöffnet hatten, ohne zu wissen, worauf sie sich einließen. Das war vermutlich richtig … doch zwischen ihnen gab es einen großen Unterschied. Sie war vor den Gefahren gewarnt worden und hatte sich trotzdem für den Winterrosenzauber entschieden. Hazard war nie gewarnt worden und hatte keine Möglichkeit gehabt, die Folgen seiner Handlungen abzusehen. Er hatte noch nicht einmal gewusst, dass Magie real war. Es war schwer, sich den Hazard, der sich einfach in ihr Leben gedrängt hatte, als unschuldigen jungen Mann vorzustellen, aber das war er einst gewesen.
Es gab noch einen wichtigen Unterschied zwischen ihnen. Sie hatte das, was sie getan hatte, für sich selbst getan. Sie hatte den Zauber in der Hoffnung gesprochen, einen Blick auf das Glück und die Liebe ihrer Zukunft zu erhaschen. Hazard hatte an das Glück einer anderen gedacht. Er hatte sich selbstlos für eine vollkommen Fremde in Gefahr gebracht. Keiner von ihnen verdiente, was ihnen passiert war, aber die Waage der Gerechtigkeit in Eves Herzen entschied, dass er es noch weniger verdiente.
Aus diesem Grund war sie bereit, ihm zu helfen, soweit es in ihrer Macht stand. Hinzu kam, dass sie damit auch einen gewissen Schlag gegen die schändlichen Pavanes führen konnte, sowohl gegen denjenigen, der Hazard verflucht hatte, als auch gegen den früheren, der ihrer Familie so viel Schmerz und Kummer bereitet hatte.
Phineas Pavane hatte ihnen mehr als nur den Talisman gestohlen. Er hatte ihnen Möglichkeiten gestohlen. Ganze Generationen von Möglichkeiten. Wie viele es gewesen sein mochten, war nicht auszumachen, aber Eve war überzeugt, dass die Zahl überwältigend war. Er hatte so vielen Frauen ihres Blutes die Aussicht auf Liebe und Freude und Zufriedenheit gestohlen, und, was vielleicht noch schlimmer war, er hatte die Chancen auf all das Gute gestohlen, das sie mit den Kräften hätten tun können, die ihnen und nur ihnen bestimmt waren.
Sie verstand etwas von Unglück, weil sie selbst eine Menge davon durchlebt hatte, und sie wusste, dass sich für die T’airna-Frauen durch die Rückkehr des Talismans vielleicht das Blatt wendete. Sie bemühte sich, nicht darüber nachzudenken, weil die Wahrscheinlichkeit zu groß war, enttäuscht zu werden. Aber nach und nach drängten sich die Gedanken durch die Risse in ihren Schutzmauern, und seit dem Abendessen mit Hazard gelang es ihnen immer häufiger. Sie fragte sich, ob das daran lag, dass er eine weitere Möglichkeit darstellte … die Möglichkeit eines Mannes, mit dem sie vollkommen offen und ehrlich umgehen konnte. Ein Mann, den sie vielleicht wagen konnte zu lieben.
Denk nicht darüber nach, denk nicht darüber nach, denk nicht darüber nach, ermahnte sie sich selbst. Sie war sich nicht einmal sicher, ob Hazard wirklich ein Mann war, den sie lieben konnte. Sie fühlte sich auf eine Weise zu ihm hingezogen, die sie verwirrte, aber eigentlich wusste sie sehr wenig über ihn. Das Abendessen hatte einige der Lücken gefüllt, und sie hoffte, dass einige weitere Fragen heute Abend beantwortet würden. Sie würde auch dem mysteriösen Taggart begegnen, der für das Fluchbrechen verantwortlich war. Und sie würde herausfinden, ob es stimmte, dass der Anhänger die Macht besaß, Hazard zu befreien. Vielleicht würde sich das Blatt für sie beide wenden.
Vorausgesetzt, sie kam nicht zu spät zur Hexenstunde, dachte sie, als sie auf die Uhr sah. Sie nahm die Brille ab und fing an, ihre Sachen zu packen. Das Skript, an dem sie gearbeitet hatte – das sie nicht mehr als eine Stunde hätte kosten sollen, aber nach mehreren Stunden immer noch nicht vollendet war –, würde bis morgen warten müssen.
Drei- und einmal der Igel gequiekt.
Harpyie schreit: – ’s ist Zeit, ’s ist Zeit!
Zwölf
W ie oft willst du dir das denn noch anschauen?«, fragte Taggart irgendwo hinter ihm.
Hazard hatte vor ein paar Minuten gehört, dass er in den Raum geschlendert kam, aber er hatte sich nicht umgedreht, und auch jetzt drehte er sich nicht um. Er hatte nicht die Absicht,
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