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Das Amulett der Zauberin: Roman (German Edition)

Das Amulett der Zauberin: Roman (German Edition)

Titel: Das Amulett der Zauberin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Coughlin
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leise.

Vierzehn
    Z u spät.
    Erst als sie es laut aussprach, verstand Eve, wie wahr diese Worte waren.
    »Es gibt keinen Weg mehr, wie du jetzt noch aus meinem Leben verschwinden könntest, ohne dass es weh tut.«
    Das war nichts, was sie normalerweise zu einem Mann sagte, niemals, nicht einmal zu einem Mann, den sie mochte und dessen Gegenwart sie genoss. Es war zu vielversprechend, zu irreführend. Ihr Gefühl für Fair Play erlaubte ihr nicht, einen Mann wissentlich in eine Sackgasse zu locken.
    Und diese Sache mit Hazard? Das musste ja wohl als die größte Sackgasse aller Zeiten beschrieben werden. Sie würde das, was sie für ihn empfand, kaum als ›ihn mögen‹ beschreiben. Und seine Gegenwart war eher aufreizend und verstörend als angenehm. Der Mann war ein Stachel in ihrem Fleisch. Eine Bedrohung für alles, was ihr etwas bedeutete. Ärger. Die Art von Komplikation, die sie einfach nicht gebrauchen konnte. Und sie wollte ihn mehr, als sie ertragen konnte.
    Sie wollte ihn küssen. Sie wollte wissen, wie er in Kombination mit Whiskey schmeckte, wollte seinen Duft einatmen, bis sich in ihrem Kopf alles drehte und sie es nicht mehr aushielt. Sie wollte ihn fühlen, die seidige Kühle seiner langen Haare auf ihrer Haut und die harten Wellen seiner Muskeln unter ihren Fingerspitzen. Und sie wollte ihre Wange an seine Brust pressen und hören, wie schnell und heftig sein Herz schlug. Für sie.
    Und dann wollte sie ihm die Kleider vom Leib reißen und all das mit ihm machen, was sie sich vorgestellt hatte, als sie eigentlich über etwas anderes hätte nachdenken sollen. Etwas Sicheres.
    Sie musste verrückt sein. Und, beschloss sie, als der Puls ihres Verlangens lauter und drängender wurde, das war wahrscheinlich auch gut so.
    Verrückte Leute hatten das Recht, verrückte Dinge zu tun. Tatsächlich waren sie fast dazu verpflichtet. Ihre Aufgabe war es, das Gegengewicht zu all den kontrollierten, vernünftigen Personen darzustellen. Sie mussten die Dinge aufrütteln und die Welt vor der Monotonie bewahren. Und das Beste war, dass man sie hinterher nicht dafür verantwortlich machen konnte. So lautete die Regel. Nicht schuldig wegen geistiger Unzurechnungsfähigkeit, Euer Ehren. Selbst die vorübergehend Wahnsinnigen bekamen mildernde Umstände.
    Vielleicht war sie das, vorübergehend geistig unzurechnungsfähig. Wenn sie jetzt sofort ging und eine Nacht darüber schlief, wäre sie am Morgen vielleicht wieder sie selbst. Das Selbst, das sie besser kannte und das keine Risiken einging oder impulsiv handelte oder sich in Tagträumereien verlor, wie sie einem Mann die Kleider vom Leib riss.
    Das sollte sie tun. Sie würde aufhören, in Gabriel Hazards Augen zu starren. Sie würde die erstaunlichen bernsteinfarbenen Flecken in dem Grau vergessen, Flecken, die so klein waren, dass man ihm wirklich nahe kommen musste, um sie zu bemerken. Sie würde sowohl die bernsteinfarbenen Flecken als auch die unglaublich langen Wimpern vergessen, die schwarz waren wie Ruß. Sie würde damit aufhören, sich zusammenreißen, und nach Hause gehen. Und das Leben würde wie geplant weiterlaufen.
    Der Versuchung widerstehen.
    Den Status quo aufrechterhalten.
    Das Chaos abwenden.
    Andererseits, wenn es wirklich vorübergehende geistige Unzurechnungsfähigkeit war, sollte sie vielleicht abwarten. Zu fahren, während sie nicht ganz bei Sinnen war, konnte gefährlich sein. Die kluge, vernünftige Entscheidung wäre, sich von den Straßen fernzuhalten, der Natur ihren Lauf zu lassen und dann mit ihrem Leben weiterzumachen wie geplant.
    Vielleicht lag es auch daran, dass für eine verrückte Frau zwischen Gelegenheit und Versuchung nur eine sehr schmale Grenze verlief. Aus Gründen, über die sie nicht näher nachdenken wollte, beschloss Eve, dass sie auf Nummer sicher gehen und hierbleiben würde. Nachdem sie das entschieden hatte, schien es ihr nur logisch, dass sie diejenige war, die den ersten Schritt tat.
    Sie hob ihre Hand, um Hazards Gesicht zu berühren, und er fing sie in der Luft ab.
    »Was tust du?«, verlangte er zu wissen. Seine sonst so weiche Stimme war plötzlich rauh und tief.
    Die wahre Eve hätte etwas gesagt wie »oh, tut mir leid, keine Ahnung«, doch die wahre Eve hatte das Steuer nicht mehr in der Hand.
    Sie antwortete in ähnlichem Tonfall wie er: »Ich tue den ersten Schritt.«
    Hazard verengte die Augen zu Schlitzen. »Das wäre ein Fehler.«
    »Ich weiß«, sagte die verrückte Frau. »Aber ich bin es leid, darauf

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