Das Amulett von Gan (German Edition)
kleinlaut. »Ich habe es gespürt. Ganz genau. Aber ich habe nichts gesagt. Ich habe mich von der Begeisterung über diese kleinen Männchen anstecken lassen.« Ihre Augen füllten sich mit Tränen.
»Wie gut, dass ich euch gefunden habe«, versuchte Alon sie zu beruhigen. »Heute Morgen, als ich aufwachte, hatte ich ein ungutes Gefühl. Ich hätte euch nicht alleine weiterziehen lassen sollen. Deshalb versuchte ich, eure Spuren im Wald zu entdecken. Zum Glück seid ihr nicht sehr erfahren im Spurenverwischen. So kam ich hier zur Höhle, wo ich das Kampfgetümmel hörte und euch helfen konnte. Leider ist uns einer der Zwerge, die wohl genauso wie die Schwarzalben in Gan eingedrungen sind, entwischt.« Er blickte mit ernster Miene zu den vier Gefangenen hinüber.
Chika sagte aufgeregt: »Hoffentlich ist er nicht zu den Schwarzalben gelaufen, an die sie uns mit den anderen Gefangenen zusammen verkaufen wollten.«
»Welche anderen Gefangenen?«, fragte Alon.
»Die echten Bergmännchen von Gan.«
Alon war entsetzt: »Was? Das ist ja furchtbar. Wir müssen sie retten. Wo sind sie?«
»Das haben die Zwerge leider nicht verraten«, sagte Joe.
Alon durchsuchte die Höhle, konnte aber keinen Eingang zueinem weiteren Raum entdecken. Mit energischen Schritten trat er zu den Gefesselten, die ihn mit weit aufgerissenen Augen ansahen, nahm dem jüngsten von ihnen den Knebel aus dem Mund und fragte: »Wo habt ihr die Bergmännchen von Gan versteckt?« Doch statt einer Antwort spuckte der Kleine Alon nur vor die Füße und schaute dann betont gelangweilt zur Decke.
»Du willst also nicht antworten? Gut, es gibt andere Mittel.« Alon zog ein Messer aus seinem Gürtel. Die Jungen und Mädchen verfolgten voller Angst seine Bewegungen. Er würde dem Zwerg doch nichts antun? Alon erriet ihre Gedanken und zwinkerte ihnen zu.
»Ihr Bergmännchen, oder sollte ich in eurem Fall lieber Zwerge sagen, seid doch so stolz auf eure Bärte, nicht wahr?« Keine Reaktion.
»Vielleicht sollten wir sie ein wenig stutzen.« Er griff nach dem Bart und schnitt ein paar Zentimeter ab.
»NEIN, HILFE!«, schrie der Zwerg, der panisch zu seinem Bart schaute.
»Du brauchst uns nur zu erzählen, wo die echten Bergmännchen sind.« Wieder schwieg der Gefangene.
»Also gut«, sagte Alon mit sachlichem Ton und hielt sein Messer in die Mitte des Bartes.
»Nein, bitte nicht, ich erzähle ja alles.« Alon hielt sein Messer nach wie vor an den Bart. »Hinten in der Höhle befindet sich eine Öffnung, du musst nur den runden Stein in der Mitte zur Seite rollen, dann wird sie sichtbar.« Die anderen Zwerge machten ärgerliche Geräusche und rutschen auf ihren Hintern hin und her. Sie hatten ihrem jüngsten Kollegen vermutlich mehr Durchhaltevermögen zugetraut.
Alon und die vier Gefährten rannten sofort ans andere Ende der Höhle und fanden den runden Stein, der sich aufgrund seiner Form erstaunlich leicht zur Seite bewegen ließ. Ein kleiner Eingang wurde sichtbar.
»Joe und Pendo bleiben bei den falschen Bergmännchen«,befahl Alon, »Chika und Finn kommen mit mir. Hat einer von euch eine Lampe dabei?«
Chika schloss kurz die Augen und flüsterte: »Ich brauche dringend eine Lampe.« Daraufhin fasste sie heimlich in ihre Tasche unter dem Mantel und holte eine kleine, kastenförmige Laterne heraus, in der eine Kerze stand. Für jemanden, der das Geheimnis nicht kannte, das dahintersteckte, musste es so aussehen, als ob Chika die Lampe die ganze Zeit unter ihrem Umhang getragen hätte. Sie lief dann zu dem falschen Bergmännchen, das Pfeife geraucht hatte, nahm seine Streichhölzer aus der Tasche und zündete die Kerze an.
»Danke!«, sagte Alon etwas verdutzt, nahm die Laterne, kniete sich hin und krabbelte auf allen vieren durch das Loch. Chika und Finn taten es ihm gleich. Für sie war es weitaus weniger schwierig, durch die kleine Öffnung zu kriechen.
Auf der anderen Seite war ein Raum, der ebenso groß war wie der Eingangsbereich der Höhle. Allerdings war es hier, vom Schein der Kerze abgesehen, stockfinster. Ein modriger Geruch schlug ihnen entgegen. Chika klammerte sich gleich an Finns Hand, die dieser bereitwillig zur Verfügung stellte. Alon leuchtete mit der Lampe in die Halle hinein. Überall lagen vergammelte Essensreste herum, an denen sich offensichtlich schon Mäuse und Ratten gütlich getan hatten. Chika schaute sich angewidert um und hielt sich ein Taschentuch vor die Nase. Alon rief: »Ihr Bergmännchen von Gan, wo seid ihr? Hier
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